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Deutschlands neuer Trainerstar

In der Stunde seines größten Erfolges wirkte Jürgen Klopp ungewohnt gefasst. Mehr besonnen als berauscht betrat der ansonsten impulsive Trainer von Borussia Dortmund nach dem 2:0-Sieg über den 1. FC Nürnberg den Rasen und schloss jeden seiner Spieler in den Arm.

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Erst auf der internen Meisterfeier Stunden später fiel der große Druck langsam, aber sicher von ihm ab. „Es fühlt sich anders an, als ich vorher gedacht hatte. Die Erleichterung ist tausendmal größer als die Euphorie“, kommentierte der 43-Jährige seinen ersten Titelgewinn.

Dortmund-Fan lässt sich Trainer Jürgen Klopp auf den Rücken tätowieren

Reuters/Wolfgang Rattay

Dieser Dortmund-Fan weiß, wem der Meistertitel zu verdanken ist.

„Vollgas“-Versprechen gehalten

Mit dem überraschenden Triumph seiner jungen Mannschaft ging für „Kloppo“, der nicht nur in Dortmund Kultstatus genießt, ein Kindheitstraum in Erfüllung. Nach Achtungserfolgen beim vergleichsweise kleinen FSV Mainz 05 trat er beim BVB den Nachweis an, auch bei größeren Clubs Großes leisten zu können. Spätestens mit der Meisterschaft avancierte er zum wohl gefragtesten deutschen Trainer. „Klopp war mein bisher bester Transfer als Manager“, schwärmte Michael Zorc bereits vor Monaten.

Das Versprechen beim Amtsantritt im Sommer 2008, in Dortmund für „Vollgas-Veranstaltungen“ zu sorgen, hat Klopp gehalten. Trotz schwieriger finanzieller Bedingungen leitete er in Zusammenarbeit mit Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Zorc einen beispiellosen und kostengünstigen Umbruch ein. Selbst als die von Klopp erzeugte Aufbruchstimmung Anfang 2009 zu verpuffen schien und der BVB in der Bundesliga siebenmal sieglos blieb, kamen in Dortmund keine Zweifel an Klopp auf.

Richtungsweisender Stil

Klopp überzeugt sowohl als medienkompatibler Entertainer als auch als geschätzter Fachmann. Die Leidenschaft des ehemaligen Zweitliga-Profis übertrug sich auf die Mannschaft: Mit laufintensivem Spiel, großer taktischer Disziplin und unbekümmertem Stil dominierte sie die Liga.

Dortmund-Trainer Juergen Klopp

APA/EPA/Federico Gambarini

Jürgen Klopp - ein Fußballphilosoph mit Hang zu Wutanfällen

Unter der Regie Klopps schafften mit Mats Hummels, Kevin Großkreutz, Marcel Schmelzer, Mario Götze und Sven Bender fünf Jungprofis den Sprung in die Kader der DFB-Nationalmannschaft. Willkommener Begleiteffekt: Der Wert des Teams wuchs beträchtlich. Vielerorts wird der BVB um seinen Coach beneidet. Seine zugleich kollegiale wie autoritäre Arbeit mit den Profis gilt als ebenso stilbildend wie seine auf Forechecking und Opferbereitschaft basierende Fußballphilosophie.

Bayern-Trainer oder nächster Teamchef?

Vorbei sind Zeiten, in denen sein lässiges Outfit mit Jeans und Dreitagebart als Ausschlusskriterium für arrivierte Jobs galt. Selbst der anfangs skeptische Franz Beckenbauer kann sich Klopp mittlerweile als Trainer des FC Bayern München vorstellen. Immer häufiger wird der von Zorc als „Menschenfänger“ charakterisierte Klopp gar als künftiger Teamchef für die Zeit nach Joachim Löw gehandelt.

Selbst die regelmäßigen Wutanfälle von Klopp am Spielfeldrand tun der großen Popularität keinen Abbruch. Sein mitunter rüder Umgang mit Schiedsrichtern kostete ihn bereits 37.000 Euro. Er spricht für ihn, dass er solche Auftritte schon wenige Minuten später selbst als „peinlich“ deklariert.

Ähnlich wie in Mainz, wo er insgesamt 18 Jahre als Spieler und Trainer verbrachte, stieg „Kloppo“ in Dortmund zum Liebling der Fans auf. Das gute Verhältnis zu seinen Profis und die kollegiale Zusammenarbeit mit der Vereinsführung bestärkten ihn, den Vertrag beim BVB letzten November bis 2014 zu verlängern. Derzeit spricht viel dafür, dass der Coach den verlockenden Angeboten der Konkurrenz bis dahin widersteht: „Ich bin mir sicher, dass wir nicht vor Ende der Vertragslaufzeit auseinandergehen“, sagte Klopp.

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