FIFA-Skandal wird immer absurder
Die Vorwürfe im FIFA-Bestechungsskandal werden immer absurder. Der paraguayische FIFA-Spitzenfunktionär und Präsident des südamerikanischen Verbandes (CONMEBOL), Nicolas Leoz, soll als Gegenleistung für seine Unterstützung der WM-Bewerbung Englands gefordert haben, dass der traditionsreiche englische Pokalwettbewerb nach ihm benannt wird.
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Das offenbarte der Anwalt James Dingemans, der nach den vom früheren FA-Verbandschef David Triesman erhobenen englischen Bestechungsvorwürfen gegen vier FIFA-Spitzenfunktionäre einen knapp 200-seitigen Untersuchungsbericht für Englands Fußballverband (FA) angefertigt hatte. Dieser Report wurde weitergereicht an den Weltverband (FIFA), der am Montagabend eine 33 Seiten lange Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse veröffentlichte.
Dingemans präsentierte eine E-Mail, in der Leoz über den CONMEBOL-Vertreter Alberto Almirall verlangt haben soll, dass der FA-Cup Leoz’ Namen trägt. „Dr. Leoz ist ein alter Mann. Und nach England zu reisen, nur um den Prinzen zu treffen und das FA-Cupfinale zu sehen, ist zu wenig“, habe Almirall demnach geschrieben. Den immerhin ältesten Pokalwettbewerb der Welt nach Leoz zu benennen, könnte hingegen „Grund genug dafür sein“.
Ritterschlag gefordert
Nach kurzen Diskussionen, ob eventuell ein anderer Wettbewerb nach Leoz benannt wird, habe das Bewerbungskomitee jedoch sämtliche Pläne verworfen. Leoz, seit 1986 CONMEBOL-Präsident, bestreitet alle Vorwürfe. Ex-FA-Chef Triesman hatte vor drei Wochen sogar behauptet, der 82-Jährige habe den Ritterschlag für seine Stimme gefordert. Als Leoz gesagt wurde, dass das unmöglich sei, „ging er schulterzuckend weg“, hieß es in dem Untersuchungsbericht.
Der Paraguayer ist anscheinend ein weltweiter Titelsammler, er habe „Auszeichnungen und Orden vieler ausländischer Regierungen und Institutionen erhalten“, darunter Frankreich (Ehrenlegion), Spanien (Orden Isabellas der Katholischen für Verdienste um Kunst und Wissenschaft), Kolumbien, Venezuela, Peru, Japan, Argentinien, Brasilien, Mexiko, Bolivien, Ecuador, China, Paraguay und viele andere mehr.

APA/EPA/Andres Cristaldo
Blatter, Leoz und der mittlerweile suspendierte Bin Hammam vor einem Monat.
„Ich weiß, dass er gerne eine Auszeichnung der britischen Krone oder der Regierung hätte“, wird eine E-Mail von CONMEBOL-Vertreter Almirall an Les Dickens, einen Berater für Englands WM-Bewerbung, in dem Triesman-Bericht zitiert. „Jane Bateman (Leiterin der englischen WM-Bewerbungskampagne, Anm.) ist sich dessen bewusst, aber bisher hat sich nichts in dieser Angelegenheit getan.“
Vorwürfe gegen drei weitere FIFA-Funktionäre
Bei der Parlamentsanhörung am 10. Mai hatte Triesman neben Leoz drei weitere Mitglieder der FIFA-Exekutive der Bestechung bezichtigt. Leoz, FIFA-Vizepräsident Jack Warner (Trinidad & Tobago), Brasiliens Verbandschef Ricardo Teixeira und Worawi Makudi (Thailand) hätten „unsachgemäß und unethisch“ gehandelt und unlautere Forderungen als Gegenleistung für Stimmen gestellt.
Warner habe demnach unter anderem um Geld für den Bau einer Schule und Büros in Trinidad & Tobago gefragt. Dave Richards, der Präsident der englischen Premier League und FA-Mitglied, habe rund 2,5 Millionen Pfund in Aussicht gestellt. Der 68-jährige FIFA-Vize habe daraufhin zustimmend genickt und habe gemeint, „dass die Geldmittel über ihn laufen könnten“, sagte Triesman.
„Lula ist nichts“
Mit Teixeira habe Triesman bei einem Meeting Ende November 2009 in Katar gesprochen. Der damalige FA-Boss „bedankte sich für die Unterstützung durch den brasilianischen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva bei Englands WM-Bewerbung“. Teixeira habe daraufhin in gebrochenem Englisch gemeint: „Lula ist nichts. Sie kommen und sagen mir, was Sie für mich haben.“
Im Fall Makudi, sei es um ein freundschaftliches Länderspiel zwischen England und Thailand gegangen. Makudi habe sich ein Match zur Feier eines Thronjubiläums des thailändischen Königs Bhumibol Adulyadej gewünscht. Makudi bestand laut Triesman darauf, „dass - auf die eine oder andere Weise - die TV-Rechte für diese Begegnung an Mr. Makudi persönlich gehen sollen“.
Alle Funktionäre von Triesman-Vorwürfen entlastet
Nach einer ausgiebigen Untersuchung wurden alle vier Funktionäre von den Triesman-Vorwürfen vorläufig entlastet. Es seien keine Beweise gefunden worden, hatte FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke am Sonntag erklärt. Auch FIFA-Präsident Joseph Blatter schloss weitere Ermittlungen vorerst aus. „Es sind keine weiteren Schritte nötig“, sagte der Schweizer auf seiner Pressekonferenz am Montagabend.
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