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Titelverteidiger muss nicht aufgeben

Nach einer Nacht des Bangens konnte Rafael Nadal aufatmen. Trotz einer schmerzhaften Fußblessur, die den Spanier im Achtelfinale gegen Juan Martin del Potro fast zum Aufgeben gezwungen hätte, kann der Spanier sein Projekt Wimbledon-Titelverteidigung fortsetzen. „Die Untersuchungen haben keine Verletzung ergeben“, teilte Nadal am Dienstag auf seiner Facebook-Seite mit. „Ich werde morgen spielen.“

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Dabei schien es lange fraglich, ob der Weltranglistenerste am Mittwoch sein Viertelfinale gegen den US-Amerikaner Mardy Fish würde bestreiten können. Gegen Del Potro stand Nadal knapp vor dem Aus. Der 25-Jährige wankte, sein Fuß schmerzte, das Laufen fiel ihm schwer - doch am Ende rang er im bisher besten Match des Turniers den Argentinier mit 7:6 (8/6) 3:6 7:6 (7/4) 6:4 nieder.

Rafael Nadal mit ausgezogenem Schuh

AP/Kirsty Wigglesworth

Der linke Fuß machte Nadal Sorgen.

Gefühlter Fußbruch

„Ich dachte, dass ich dieses Match nie gewinnen würde“, sagte Nadal mit Blick auf die Schrecksekunde beim Stand von 6:5 im ersten Satz. Plötzlich schmerzte sein linker Fuß, der Physiotherapeut musste vor dem Tiebreak kommen und einen dicken Tapeverband anlegen. „Ich fühlte, dass ich mir in dem Moment den Fuß gebrochen habe“, sagte der Mallorquiner.

Direkt nach der Pressekonferenz ließ sich Nadal noch in der Nacht in ein Londoner Krankenhaus fahren - eine Kernspintomographie sollte Klarheit bringen. „Natürlich mache ich mir Sorgen“, räumte Nadal ein. Doch Dienstagmittag kam dann die Entwarnung. Erst aus Nadals Umfeld, dann meldete sich der Superstar selbst zu Wort und schaute nochmals auf seine Zitterpartie gegen Del Potro zurück: „Während der Partie dachte ich, ich hätte etwas Ernstes, aber im Laufe des Matches wurden die Schmerzen erträglicher.“

Kurzer Gedanke an Aufgabe

Was nach dem Knackpunkt im ersten Satz folgte, war ein typisches Nadal-Match. Obwohl angeschlagen, steckte der 25-Jährige nie auf. Selbst ein 0:3-Rückstand im Tiebreak des ersten Satzes und ein Satzball für Aufschlagriese Del Potro ließen Nadal nicht verzagen. „Einmal dachte ich, dass ich vielleicht aufhören müsste“, sagte Nadal. Doch aufgeben gilt nicht, zumindest nicht für Nadal. Nach 3:52 Stunden hatte er Del Potro in vier Sätzen bezwungen.

Nächster Gegner ist Fish, ebenfalls ein starker Aufschläger. „Er spielt fantastisch und auf sehr hohem Niveau. Ich werde mein Bestes tun, um hundertprozentig fit zu werden. Wenn nicht, wird es unmöglich, ihn zu schlagen“, sagte Nadal, der alle fünf bisherigen Duelle mit Fish gewonnen hat. Der Spanier hat seit der Finalniederlage 2007 gegen Roger Federer übrigens kein Match mehr an der Church Road verloren.

Top Vier im Viertelfinale

Mit Nadal, dem Serben Novak Djokovic, dem Schweizer Federer und dem Briten Andy Murray stehen die Top Vier der Weltrangliste geschlossen im Viertelfinale. Setzen sich im Viertelfinale alle vier durch, kommt es zur Wiederholung der Halbfinali vom 3. Juni bei den French Open in Paris. Nadals möglicher Semifinalgegner Murray hatte am Montag gegen den Franzosen Richard Gasquet mit 7:6 (7/3) 6:3 6:2 wenig Mühe und trifft nun auf Überraschungsmann Feliciano Lopez. Der spanische Andy-Roddick-Bezwinger zeigte gegen den polnischen Oliver-Marach-Doppel-Partner Lukasz Kubot eine tolle Aufholjagd und siegte nach 0:2-Satzrückstand noch.

Murray hat Lopez in allen bisherigen vier Begegnungen bezwungen und dabei nur einen Satz abgegeben. „Lopez hat Roddick hier klar geschlagen. Er serviert sehr gut, hat eine gute Slice-Rückhand und spielt anders als die meisten Spanier. Er kommt auch gerne ans Netz“, so Murray über seinen nächsten Gegner. Aber natürlich weiß der Lokalmatador auch, dass eine ganze Nation den Sieg von ihm erwartet. Und mit jedem Match wird der Druck auf ihn größer.

Keine leichten Aufgaben für Federer und Djokovic

In etwas vermindertem Maße gilt das auch für Federer und Djokovic. Vor allem der Schweizer, der beim 6:7 (5/7) 6:3 6:3 6:3 im Achtelfinale gegen den Russen Michail Juschni erstmals einen Satz abgab, muss als sechsfacher Wimbledon-Sieger nichts mehr beweisen. Gegen seinen nächsten Gegner, den Franzosen Jo-Wilfried Tsonga, hat er in fünf Duellen einmal verloren, heuer aber schon zweimal gewonnen. „Es wird gutes Tennis werden. Ich habe erwartet, dass er so weit kommt. Er hat Waffen, die ihn zu einer großen Bedrohung auf Gras machen“, so Federer.

Djokovic, am Montag 6:3 6:3 6:3-Sieger gegen den Franzosen Michael Llodra, bekommt es mit dem jüngsten Viertelfinalisten seit 25 Jahren, dem 18-jährigen Australier Bernard Tomic, zu tun. Als Nummer 158 der Welt ins Turnier gekommen, hat der 1,93-m-Mann die Russen Nikolaj Dawidenko und Igor Andrejew, den schwedischen Weltranglistenfünften Robin Söderling und zuletzt den belgischen Jürgen-Melzer-Bezwinger Xavier Malisse auf seiner Abschussliste.

„Er liebt es, auf Rasen zu spielen, hat einfach diese flachen Schläge, die dir nicht viel Zeit geben“, sagte Djokovic, der mit Tomic gut befreundet ist und sowohl in Wimbledon als auch sonst immer wieder mit ihm trainiert hat. „Wir sprechen dieselbe Sprache, daher ist es leicht für uns zu kommunizieren.“ Die Sprache ist Serbokroatisch: Tomic ist in Deutschland geboren, als Dreijähriger übersiedelte seine Familie nach Australien. Der Vater stammt aus Kroatien, die Mutter aus Bosnien.

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