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Gefährlichster Herausforderer

Cool und lässig hat sich Asafa Powell am Donnerstagabend in Lausanne in bester Bodybuilder-Pose vor den Fotografen aufgebaut. Der ehemalige Weltrekordhalter hatte gerade zum zweiten Mal in nur sechs Tagen seine Muskeln spielen lassen und Tyson Gay als gefährlichsten Herausforderer von Superstar Usain Bolt abgelöst.

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Erst gewann er die jamaikanische Meisterschaft über 100 Meter, dann lief er in Lausanne eine Jahresweltbestzeit, und die Frage, die diese 9,78 Sekunden am Donnerstagabend aufwarfen, lautet: Ist Powell mit seinen 28 Jahren endlich reif für einen großen Titel? Schließlich ist Bolt gerade nicht in Topform und der Amerikaner Gay gar nicht erst dabei bei den Weltmeisterschaften Ende August in Daegu (Südkorea).

Jubel von Asafa Powell (JAM)

GEPA/EQ Images/ Pascal Muller

Asafa Powell demonstrierte Klasse und verzichtete auf große Sprüche.

Zurückhaltung ist gefragt

Der Jamaikaner war in Lausanne allerdings auch viel zu gut aufgelegt und als gebranntes Kind zu vorsichtig, um sich knapp zwei Monate vor der WM bei diesem Thema den Mund zu verbrennen. „Jetzt, für diesen Moment, bin ich der Beste“, sagte Powell und kostete diesen Moment auch sichtbar aus. „Es bleibt aber mein Ziel, weiter hart zu trainieren und noch schneller zu laufen. Vor allem an den zweiten 50 Metern muss ich noch arbeiten.“

Abgesehen davon, dass Bolt weder bei den Trials auf Jamaika noch beim Diamond-League-Meeting in der Schweiz dabei war: Diese Situation ist nicht neu für Powell. In der Vergangenheit startete er regelmäßig mit aufsehenerregenden Zeiten in eine Saison, um dann bei großen Meisterschaften regelmäßig hinterherzulaufen. WM-Bronze in Osaka und Berlin sowie fünfte Plätze bei den Olympischen Spielen 2004 und 2008 sind seine relativ dürftige Bilanz, auch sein persönlicher Rekord von 9,72 Sekunden ist nur die viertbeste Zeit der Geschichte.

Kontrastprogramm am Genfer See

Das Bemerkenswerte an seinem Lauf in Lausanne waren vielmehr die Umstände, unter denen er zustande kam. Nach seiner langen Anreise aus der Heimat litt Powell noch ein wenig unter dem Jetlag. Außerdem war es derart kalt und windig im Stade Olympique de la Pontaise. „Das Wetter war nicht perfekt. Dafür war es ein gutes Rennen und eine wirklich gute Zeit“, meinte Powell.

Der Pastorensohn bot zumindest am Genfer See ein Kontrastprogramm zu Bolt und Gay. Während Bolt gern den charismatischen Unterhalter gibt und Gay den zurückhaltenden, beinahe schüchternen Mann der kleinen Worte, kreiste Powell fast nur um sich selbst. Auf die Bitte hin, etwas zu Gays WM-Aus zu sagen, meinte er lapidar: „Es wird immer wieder andere Athleten geben, die an die Spitze nachrücken.“

Und auf die Frage, was er Europameister Christophe Lemaitre alles zutraue, hatte er schon vor dem Rennen geradezu prophetisch geantwortet: „Wenn er nahe bei mir bleibt, wird er eine neue Bestzeit laufen.“ Nur zu Usain Bolt war Powell kein Wort zu entlocken. Es ist ja auch schon fast drei Jahre her, dass er ihn zuletzt besiegt hat.

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