Klares Handspiel übersehen
Die Diskussion über die Leistung der Schiedsrichter hat nach den Aufregungen bei der Männer-WM 2010 nun auch die Frauen-Weltmeisterschaft eingeholt. Mit dem nicht geahndeten Handspiel von Äquatorialguineas Abwehrspielerin Bruna am Sonntag bei der 2:3-Niederlage gegen Australien leistete sich die Unparteiische Gyoengyi Gaal einen in der Geschichte denkwürdigen Fauxpas.
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Zur Verwunderung aller Fans im Bochumer Stadion übersah die Ungarin in der 16. Minute ein klares Handspiel von Bruna im Strafraum. Die hatte den Ball im Strafraum wie eine Torfrau gefangen, mehrere Sekunden in Händen gehalten und einige Schritte damit gemacht, ehe sie ihn scheinbar unauffällig wieder fallen ließ. Auf den fälligen Elfmeterpfiff warteten alle Beteiligten jedoch vergeblich. Ein Video dazu sehen Sie auf YouTube.

AP/Frank Augstein
Bruna fängt den Ball und trägt ihn einige Sekunden mit sich spazieren.
Die Norwegerin Karen Espelund, FIFA-Beauftragte des Spiels, warb um Verständnis für den Lapsus: „Es gab da eine Episode. Wir haben mit der Schiedsrichterin gesprochen. Es tut ihr sehr leid, dass sie das Handspiel übersehen hat.“ Die Spielleiterinnen selbst haben - wie ihre Kollegen bei der Männer-WM - einen Maulkorb.
Männer als Schiedsrichter gefordert
Diese unglaubliche Fehlentscheidung war der bisherige Höhepunkt in einer Kette von Unsicherheiten und Schwächen: Das Niveau der Schiedsrichterinnen kann bei dieser WM oft nicht mit dem der Spiele mithalten. „So was habe ich noch nie erlebt. Wenn es so schwache Schiedsrichterleistungen gibt, sollte man überlegen, ob man nicht auch Männer Spiele bei der Frauen-WM leiten lässt“, sagte Holger Osieck, Coach von Australiens Männernationalteam, als Augenzeuge in Bochum.
Seit 1999 setzt die FIFA bei Frauen-Turnieren nur noch weibliche Referees ein - und steht bisher zu dieser Linie. „Viele Schiedsrichterinnen können zwar Spiele pfeifen, solange sich alle auf dem Platz lieb haben, aber wenn es auf die Knochen geht, sind sie völlig überfordert“, sagte die ehemalige FIFA-Unparteiische Elke Günther der Berliner Zeitung „taz“. Wie etwa beim Spiel Deutschland gegen Nigeria letzten Donnerstag, als die Afrikanerinnen in jedem Zweikampf hart an die Frau gingen, was allen Beobachtern bis auf Schiedsrichterin Cha Sung Mi aus Südkorea auffiel.
Ansprüche immer höher
Bibiana Steinhaus, die einzige deutsche WM-Schiedsrichterin, pfeift auch Männer-Zweitligaspiele und hat eine mögliche Erklärung für die schwache Leistung der Spielleiterinnen. „Der Frauenfußball hat sich in den vergangenen Jahren unglaublich entwickelt“, sagte die Hannoveranerin in einem Zeitungsinterview. „Er ist unheimlich schnell und taktisch sehr attraktiv geworden, so dass die Ansprüche auch an die Schiedsrichter immer höher werden.“
1.000 Entscheidungen in 90 Minuten
Die Anforderungen bei den Frauen sind ähnlich wie bei den Männern, sagte die zuständige FIFA-Abteilungsleiterin Sonia Denoncourt vor dem WM-Anpfiff. Zehn bis 15 Kilometer laufe auch eine Unparteiische während einer Begegnung. 30-mal pfeife sie, müsse aber insgesamt etwa 1.000 Entscheidungen treffen. 550 Schiedsrichterinnen hat der Weltverband FIFA, 3.100 Referees sind es bei den Männern.
Wie bei der Männer-WM kommen auch bei den Titelkämpfen in Deutschland einige Spielleiterinnen aus Ländern, in denen das spielerische Niveau nicht so hoch ist. Bei der WM gehören zum Beispiel Therese Neguel aus Kamerun, Silvia Reyes aus Peru und Finau Vulivul von den Fidschi-Inseln zu den 16 Schiedsrichterinnen. Neguel leitete mit ihren Assistentinnen Ndah Tempa (Benin) und Lidwine Rakotozafinoro (Madagaskar) die Partie Neuseeland gegen England (1:2). Das Trio fiel vor allem dadurch auf, dass es selten auf Ballhöhe war.
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