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Tag der Knochenbrüche in Frankreich

Die unheimliche Sturzserie bei der diesjährigen Tour de France hat am Sonntag eine Fortsetzung gefunden und mehrere Fahrer mit Knochenbrüchen gebracht. Auf der neunten Etappe mussten unter anderem der Kasache Alexander Winokurow, der Belgier Jurgen van den Broeck und der US-Amerikaner David Zabriskie nach einem Horrorcrash verletzt aussteigen.

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Im Schatten der Unfälle ereignete sich im Gesamtklassement ein Umsturz an der Spitze. Lokalmatador Thomas Voeckler eroberte durch einen zweiten Rang hinter Tagessieger Luis Leon Sanchez das Gelbe Trikot vom Norweger Thor Hushovd. Dritter wurde nach 208 Kilometern der Franzose Sandy Casar. Das Trio hatte einen klaren Vorsprung vor dem Hauptfeld mit den Tour-Favoriten ins Ziel gerettet.

Abflug bei hoher Geschwindigkeit

Winokurow stürzte nach knapp 100 Kilometern bei der Abfahrt vom Col du Pas de Peyrol mit anderen Fahrern bei hoher Geschwindigkeit in einer Kurve und fiel anschließend eine Böschung hinab. Der Astana-Kapitän konnte anschließend nur mit der Unterstützung von seinen Betreuern und Teamkollegen unter starken Schmerzen zurück auf die Straße gebracht werden. Anschließend wurde er mit einem gebrochenen linken Oberschenkel ins Krankenhaus eingeliefert.

Winokurow sollte noch am Sonntagabend in ein Pariser Krankenhaus verlegt und dort operiert werden. „Ich habe niemals so ein dramatisches Ende der Tour de France erwartet. Das ist eine schreckliche Enttäuschung, ich bin so traurig“, erklärte Winokurow.

Die Karriere von Winokurow, der Ende des Jahres ohnehin zurücktreten wollte, ist damit vorzeitig beendet. Der 37-Jährige, der 2003 Tour-Dritter war, 2006 die Vuelta gewann und 2007 des Blutdopings überführt wurde, wird sich dann wohl auch nicht seinen Traum erfüllen können, einmal in seiner Laufbahn das Gelbe Trikot bei der Tour de France zu tragen.

„Das ist unmöglich"“

„Die gefährliche Kurve wurde uns nicht angezeigt - das ist unmöglich“, klagte der auf Gesamtrang vier vorgerückte Deutsche Tony Martin, der auch in den Sturz verwickelt war. „Ich bin hineingefahren, als schon viele lagen und habe mich leicht am Knie verletzt. Ich hatte zehn Kilometer Schmerzen, dann ging es.“

Schulterblatt und Handgelenk gebrochen

Jürgen Van Den Broeck verletzt

APA/EPA/Guillaume Horcajuelo

Schmerzhaftes Ende der Tour für den Belgier Van den Broeck.

Van den Broeck, der im Gesamtklassement auf Rang zwölf einen Platz hinter Winokurow lag, konnte indes seine Fahrt trotz einer Kopfverletzung zunächst fortsetzen. Der Tour-Fünfte des Vorjahres musste allerdings wenige Kilometer später mit einem gebrochenen Schulterblatt aufgeben. Zabriskie brach sich bei dem Unfall das Handgelenk und musste das Rennen sofort beenden. Der Belgier Frederik Willems erlitt einen Schlüsselbeinbruch und ist ebenfalls draußen.

Begleitfahrzeug verursacht weiteren Crash

Wenige Kilometer vor dem Ziel ereignete sich dann ein weiterer spektakulärer Zwischenfall. Der Fahrer eines Begleitfahrzeugs hatte die fünfköpfige Spitzengruppe überholt, dann das Steuer aber verrissen und Juan Antonio Flecha gerammt. Der Spanier riss Johnny Hoogerland mit, der in einen Stacheldrahtzaun flog. Beide Fahrer, die Bestandteil einer fünfköpfigen Fluchtgruppe waren, konnten das Rennen mit teils stark blutenden Blessuren fortsetzen.

Johnny Hoogerland nach seinem Sturz

Reuters

Hoogerland nach seinem Abflug in den Stacheldrahtzaun.

Hoogerland verletzte sich nach Aussage seines Teamchefs Michel Cornelisse am ganzen Körper: „Er hatte überall tiefe Schnitte. Ich hoffe, dass es sich am Ruhetag erholt und am Dienstag weiterfahren kann. Uns ging ein möglicher Etappensieg verloren.“

„Unqualifizierte Leute“

„Die Tour wird immer größer und immer wilder, die Straßen immer enger“, monierte HTC-Teamchef Rolf Aldag. „Mir scheint, dass immer mehr unqualifizierte Leute hier rumfahren. Das muss dringend geändert werden.“

Auch der Deutsche Andreas Klöden und Titelverteidiger Alberto Contador waren auf dem Teilstück im Zentralmassiv gestürzt, aber mehr oder weniger unverletzt geblieben. Bereits der erste und der dritte Tour-Tag waren von Massenstürzen gekennzeichnet, die bekannte Fahrer wie Bradley Wiggins (Schlüsselbeinbruch), Janez Brajkovic (Gehirnerschütterung und Schlüsselbeinbruch) und Tom Boonen (Gehirnerschütterung) zur Aufgabe zwangen und Kritik an der Streckenführung ausgelöst hatten.

Tour-Mitfavorit Cadel Evans erinnerte in einer ersten Reaktion an den tödlichen Unfall von Wouter Weylandt beim Giro d’Italia im Mai. „Nach dem, was in diesem Jahr passiert ist, hat mich das heute sehr mitgenommen und die ganze Etappe über beschäftigt“, sagte der Ex-Weltmeister aus Australien.

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