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Cavendish gewinnt Schlussetappe

Cadel Evans hat am Sonntag die 98. Tour de France in Paris als Gesamtsieger beendet und damit nach zweiten Plätzen in den Jahren 2007 und 2008 sein großes Ziel erreicht. Der Rad-Straßen-Weltmeister von 2009, der erst am Vortag im Einzel-Zeitfahren ins Gelbe Trikot geschlüpft war, hatte nach 21 Etappen und mehr als 3.400 Kilometern am Ende 1:34 Minuten Vorsprung auf den Luxemburger Andy Schleck.

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Der 26-Jährige landete damit zum dritten Mal in Folge auf dem Ehrenplatz. Immerhin komplettierte sein Bruder Fränk das Podest. Der ältere der beiden Schlecks beendete 2:30 Minuten hinter dem Sieger die Tour auf Rang drei. Überstrahlt wurde jedoch alles von Evans, der die Konkurrenz mit einer makellosen Leistung in den vergangenen drei Wochen in den Schatten stellte. „Meine Tour verlief vom ersten bis zum letzten Tag konsequent ausgerichtet auf ein Ziel“, zog der Australier nüchtern Bilanz, „diese drei Wochen waren ein reiner Genuss.“

Das Etappen-Siegertrio der Tour de France Cadel Evans (Australien), Andy Schleck und sein Brunder Frank Schleck (Luxemburg)

AP/Laurent Cipriani

Das Podest der 98. Tour de France: Evans flankiert von den Schleck-Brüdern.

Eisel freut sich mit Cavendish

Der letzte Abschnitt von Creteil nach Paris (95 km) wurde auf der Champs Elysees im Massensprint eine Beute des Briten Mark Cavendish, der zum dritten Mal in Folge auf der 21. und letzten Etappe triumphierte und sich mit seinem insgesamt 20. Tagessieg bei der Tour erstmals das Grüne Trikot des Punktebesten sicherte. Sein HTC-Highroad-Team, in dem der Steirer Bernhard Eisel als Kapitän fungierte, fuhr insgesamt sechs Siege ein - fünf durch Cavendish selbst und einen Erfolg durch den Deutschen Tony Martin im Zeitfahren.

Eisel hatte sich stets in den Dienst von Cavendish gestellt und beendete die Rundfahrt mit mehr als dreieinhalb Stunden Rückstand. „Es war ein hartes Stück Arbeit, dieses Trikot bis nach Paris zu bringen. Aber wir haben es schlussendlich mit zusammengebissenen Zähnen und schweißtreibender Arbeit geschafft. Jetzt bin ich einfach nur überglücklich“, zeigt sich Eisel erleichtert.

Dass es am Ende für ihn selbst nur der 161. Endrang wurde, störte Eisel nicht. „Das ist kein Problem für mich, dass ist mein Job. Radsport ist ein Mannschaftssport - wir gewinnen oder verlieren zusammen. Dieses Jahr haben wir sehr viel erreicht und das ist für mich persönlich wie ein Sieg.“ Der Steirer freute sich auch über den 20. Tagessieg von Cavendish - bei allen Erfolgen war er stets an der Seite des Briten. „Wir sind wohl ein Duo, das ganz gut funktioniert“, sagte Eisel.

Kampfgeist von Evans belohnt

Evans hatte sich schon in der ersten Woche der Tour in den Vordergrund geschoben. Mit seinem BMC-Team belegte er im Zeitfahren den zweiten Platz und gewann die vierte Etappe. Während einige Mitfavoriten wie der Brite Bradley Wiggins und der Slowene Janez Brajkovic (und auch der Kasache Alexander Winokurow) zur Aufgabe gezwungen waren, blieb der einstige „Sturzpilot“ von schlimmen Zwischenfällen verschont.

Nach Attacken der Rivalen bzw. einem Defekt in der Etappe nach L’Alpe d’Huez hielt er den Rückstand in Grenzen und kämpfte sich wieder zurück. Im entscheidenden Einzel-Zeitfahren am Samstag verwandelte er als Tageszweiter einen Rückstand von einer knappen Minute gegenüber den Schleck-Brüdern in einen respektablen Vorsprung und „erlegte“ so die „Leoparden“, wie es die „Equipe“ am Sonntag zeichnerisch darstellte.

Radsportler Cadel Evans (Australien) in Paris

AP/Christophe Ena

Der Triumphbogen als passender Hintergrund für Tour-Sieger Evans.

Tour-Direktor gratuliert

„Ich habe immer an mich geglaubt und viele Leute in meinem Umfeld auch. Jetzt haben wir es geschafft“, freute sich Evans mit Tränen in den Augen. Tour-Direktor Christian Preudhomme war mit Evans als Sieger sehr zufrieden. „Ich schätze es, dass wir einen Gesamtsieger haben, der von März bis Oktober präsent ist und der sich bei der Tour ab der ersten Woche vorne gezeigt hat“, sagte der Tour-Chef.

„Es ist eine tolle Entschädigung für eine lange Karriere eines Fahrers, der sich auf die Tour perfekt vorbereitet hat“, sagte Preudhomme. Seiner Meinung nach hatte es sich bezahlt gemacht, dass Evans beim Dauphine-Criterium im Gegensatz zu den Schleck-Brüdern die Zeitfahrstrecke bereits abgefahren war.

Ältester Sieger der Nachkriegszeit

Ex-Mountainbike-Weltcup-Sieger Evans, der 2001 mit einem Sieg in der Österreich-Rundfahrt in seine Straßen-Karriere gestartet war, durfte im Herbst seiner Laufbahn auf dem Tour-Podest endlich ganz oben stehen, er triumphierte als ältester Fahrer der Nachkriegszeit. Andy Schleck hätte auf eine Premiere hingegen gerne verzichtet. Noch nie war ein Radprofi dreimal in Folge Zweiter gewesen.

Sein zweiter Rang von 2010 könnte aber noch in den Sieg umgewandelt werden, falls das Oberste Sportgericht den Spanier Alberto Contador wegen Clenbuterol-Dopings bestraft. Dass erstmals ein Brüderpaar auf dem Podest stand, tröstete die Kapitäne des Teams Leopard-Trek ein wenig. Andy Schleck erwies sich denn auch als fairer Verlierer.

„Du hast es verdient“, twitterte er nach dem Zeitfahren in Richtung Evans. „Ich habe die Tour verloren, aber ich fahre nicht niedergeschlagen nach Hause“, bilanzierte Andy Schleck, „wir haben alles versucht. Ich bin stolz, mit Fränk auf dem Podium zu stehen.“

Contador im Schatten

Contador, der den heuer enorm schwierigen Giro d’Italia gewonnen hatte, musste sich erstmals seit 2007 und nach sechs Siegen in dreiwöchigen Rundfahrten geschlagen geben und wurde Fünfter (+3:57) hinter dem Franzosen Thomas Voeckler (3:20). Der 28-Jährige aus dem Team Saxo Bank war dreimal in Stürze verwickelt und in den Pyrenäen wegen einer Knieblessur angeschlagen gewesen.

Auf der Fahrt zur Bergankunft auf dem Galibier vergab er seine Chance endgültig, der Griff nach dem Etappensieg in L’Alpe d’Huez nach starker Leistung ging ins Leere. „Natürlich wäre es gut, wenn ich in Paris auf das Podium gefahren wäre, aber man kann nicht immer so erfolgreich sein“, sagte Contador. „Cadel ist der Stärkste im Feld gewesen.“

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