Von Foda über Herzog bis Van Gaal
Die Ära von Dietmar Constantini als ÖFB-Teamchef ist Geschichte. Genauer gesagt, fast Geschichte, denn bei den letzten zwei EM-Quali-Spielen wird der Tiroler trotz allem voraussichtlich noch auf der Trainerbank Platz nehmen. Der ÖFB arbeitet aber immerhin mit Hochdruck daran, einen Nachfolger zu finden, der bis Anfang November oder idealerweise noch früher präsentiert werden soll.
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Für Leo Windtner wird die Teamchefsuche auch richtungsweisend für seine Amtszeit als ÖFB-Präsident werden. Sein Wunschkandidat Constantini floppte, der nächste Nationaltrainer muss also sitzen. „Das Anforderungsprofil wird jetzt mit einem Update versehen, dann wird sofort mit der Sondierung begonnen“, sagte Windtner, ohne Details zu Anforderungen und Kandidaten zu nennen. Fix ist nur, dass die Wahl kein Alleingang von Windtner wird. Von seinem Vorschlagsrecht will er erst nach Rücksprache mit Experten Gebrauch machen.
Neuer Teamchef „soll Fußball leben“
Ob Österreicher oder Ausländer, für Bundesliga-Präsident Hans Rinner, der auch dem sechsköpfigen ÖFB-Direktorium angehört, steht die Nationalität überhaupt nicht im Vordergrund. „Er muss zu Österreich passen, Professionalität besitzen und akribisch arbeiten. Für mich ist wichtig, dass er für den Fußball sieben Tage die Woche lebt, 24 Stunden dafür da ist und das womöglich 365 Tage im Jahr“, sagte Rinner, für den der Mix aus Einstellung und Qualifikation die Musik macht, gegenüber der APA.
Spekulationen, wer auf Constantini folgen soll, sind damit Tür und Tor geöffnet. ORF.at liefert einen Überblick über die potenziellen ÖFB-Teamchefs, deren Namen in die engere Wahl kommen könnten.
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Franco Foda
Franco Foda: Der Sturm-Trainer wurde bereits vor der Ära Constantini als heißer Nachfolger von Karel Brückner gehandelt. Damals erklärte Foda: „Ich befinde mich in einem Alter, in dem man an jedem Tag auf dem Platz stehen will, deswegen wäre der Teamchefposten im Moment nicht geeignet.“ Ob das zweieinhalb Jahre später auch noch so ist, oder ob der Deutsche diesbezüglich seine Meinung geändert hat, ist offen.
Unbestritten ist hingegen, dass Foda bei maßgeblichen Funktionären von ÖFB und Bundesliga hohes Ansehen genießt. Der 45-Jährige bewegt sich taktisch auf hohem Niveau und hat seit langem mit einem jungen Team Erfolg, der im Vorjahr im Meistertitel gipfelte. Großes Fragezeichen ist aber, ob nicht der Sprung in die deutsche Bundesliga eher Fodas Karriereplanung entspricht.
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Andreas Herzog
Andreas Herzog: Laut Windtner ist auch der ÖFB-Rekordspieler Herzog in einem Pool möglicher Kandidaten. Bereits im Februar 2009 lehnte Herzog eine weitere Assistentenrolle mit der Begründung ab, er wolle endlich eigene Entscheidungen treffen. Daraufhin bekam er das Amt des U21-Teamchefs. Herzogs Vorteil wäre, dass er mit den Gegebenheiten bestens vertraut ist. Er kennt Strukturen und Spieler sehr gut.
Erfahrung gesammelt hätte Herzog nun als Trainer ebenfalls genug. An fehlender Motivation sollte es ebenfalls nicht scheitern. Diesbezüglich würde Herzog den Wunsch von Rinner nach Akribie und Einsatz zu hundert Prozent erfüllen, will er doch beweisen, dass er diesem Job gewachsen ist. Ob er wirklich ein Anwärter ist, lässt sich allerdings aus einem einfachen Grund bezweifeln. Bei wirklichem Interesse hätte Herzog sofort als Constantini-Nachfolger präsentiert werden können.
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Otto Rehhagel
Otto Rehhagel: Es gibt eine Konstellation, die Herzog doch noch zum Zug kommen lassen könnte, allerdings vom ÖFB noch ausgelotet werden müsste: als gleichberechtigter Partner von Otto Rehhagel. Zum griechischen Europameister-Macher hat Herzog seit Bremer Tagen ein sehr gutes Verhältnis. Daher könnte eine Kombination aus altem Trainerfuchs und jungem Kollegen gut funktionieren.
Der 73-jährige Rehhagel kann eine sehr lange, erfolgreich Karriere aufweisen und damit Herzogs Unerfahrenheit auf diesem Parkett ausbügeln. Umgekehrt würde Rehhagels doch ein wenig angestaubter und defensiv ausgerichteter Trainerstil von den moderneren und offensiveren Ideen Herzogs profitieren. Sollte Rehhagel, den ein WM-Quali-Duell gegen Deutschland durchaus reizen könnte, dann aus Altersgründen nicht mehr weitermachen wollen, wäre Herzog um zwei Jahre Erfahrung an vorderster Trainerfront reicher, und die Kontinuität wäre auch einmal gewährleistet.
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Paul Gludovatz
Paul Gludovatz: Der 65-Jährige ist ebenfalls ein oft genannter Kandidat bei Medien und Fans. Bis zum Jahr 2008 verbrachte Gludovatz mehr oder weniger seine ganze Trainerkarriere beim ÖFB, wo er 1981 begann. Mit den Gegebenheiten im Verband ist der Burgenländer also bestens vertraut. Als Clubtrainer feierte er mit Ried tolle Erfolge, wie den Herbstmeistertitel 2010 und den Cupsieg 2011.
Gludovatz ist ein konsequenter und anspruchsvoller Trainer, der allerdings mit seiner offenen Art auch aneckt. Deshalb ist er auch im ÖFB nicht überall gut angeschrieben. Zuletzt schuf er sich mit seiner offenen Kritik an U20-Coach Andreas Heraf vor der WM in Kolumbien nicht unbedingt einen größeren Freundeskreis. Vor allem sein nicht gerade konfliktfreies Verhältnis zum mächtigen ÖFB-Generalsekretär Alfred Ludwig macht ein Engagement nahezu unwahrscheinlich.
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Marco Pezzaiuoli
Marco Pezzaiuoli: Der 42-Jährige verkörpert die neue, deutsche Trainergeneration und bekundete auch Interesse an dem Job. „Mit einer klaren Philosophie und einer klugen taktischen Ausrichtung muss Österreich den Anspruch haben, mit einem jungen, hungrigen Team in einer Qualifikation den zweiten Platz zu erreichen“, erklärte Pezzaiuoli, der vier Jahre mit dem DFB-Nachwuchs arbeitete und 2009 mit der U17 die EM gewann, im „Kurier“.
Als Clubtrainer war er lediglich dreieinhalb Monate tätig, ehe von Hoffenheim nach nur einem Sieg in acht Spielen die Trennung per Saisonende ausgesprochen wurde. Seine Bilanz am Ende der Meisterschaft lautete fünf Siege, drei Remis und neun Niederlagen. Pezzaiuoli würde aber frei von Seilschaften, Vorurteilen oder sonstigen Vorbelastungen an die Sache herangehen können. Ob der ÖFB allerdings das Risiko eingeht, einen jungen ausländischen Trainer, der noch dazu international keinen Namen hat, zu verpflichten, darf eher bezweifelt werden.
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Christoph Daum
Christoph Daum: Damit ist man auch schon in der Kategorie erfahren, aber teuer angelangt. Im Falle von Daum heißt das aber nicht gleichzeitig auch erfolgreich. Der 57-Jährige scheint den Zenit seiner Karriere, die in vor neun Jahren auch nach Wien zur Austria geführt hat und Meistertitel mit Stuttgart, Besiktas und Fenerbahce feiern ließ, überschritten zu haben. In der vorigen Saison konnte er auch Eintracht Frankfurt nicht vor dem Abstieg retten.
Als die Teamcheffrage im August zu rumoren begann, dementierte Daum noch jeglichen Kontakt zum ÖFB. „Das wäre ja pervers, solange da ein Kollege im Amt ist. Wenn ein Trainerposten frei ist, können wir darüber reden“, erklärte Daum, der unbedingt wieder ins Trainergeschäft einsteigen möchte. Was für ihn spricht, ist, dass er von seiner Zeit in Wien die Begebenheiten im österreichischen Fußball kennt.
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Leo Beenhakker
Leo Beenhakker: Der 69-Jährige ist erst seit Ende Juli neuer Sportdirektor bei Ujpest Budapest, hat aber Interesse am ÖFB-Posten bekundet. „Es wäre eine tolle Aufgabe. Das Potenzial für eine WM-Qualifikation ist da. Ich würde Österreich verdammt gerne glücklich machen“, erklärte Beenhakker in einem Interview mit der Zeitung „Heute“. Fraglich ist allerdings, ob die Ungarn Beenhakker gleich wieder freigeben.
Auch von der Erfahrung mit kleineren Fußballnationen wäre der Niederländer keine schlechte Wahl. Polen führte er als Teamchef zur EM 2008. Mit Trinidad und Tobago qualifizierte er sich für die WM 2006 und holte dort in der Gruppenphase ein 2:2 gegen Schweden und hielt bis zur 83. Minute ein 0:0 gegen England (Endstand 0:2, Anm.). In seinem Lebenslauf stehen auch noch Meistertitel mit Real Madrid und Ajax Amsterdam. Am Gehalt sollte es ebenfalls nicht scheitern. „Geld ist zweitrangig. Es geht um Ambitionen“, so Beenhakker.
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Louis van Gaal
Louis van Gaal: Vom Namen her ist der Niederländer definitiv der prominenteste Trainer, der derzeit auf dem Markt zu haben ist, aber auch der teuerste. Der ÖFB ist zwar bereit, tief in die Tasche zu greifen, ob das so tief geht, dass ein Van Gaal zu überlegen beginnt, ist fraglich. „Wir werden auf Qualität schauen. Aber wir werden sicher nicht Millionen für einen prominenten Namen verballern“, sagte Windtner.
Von der Qualifikation her wäre der ehemalige Bayern-, Barcelona- und Niederlande-Trainer unbestritten. Mit seiner autoritären Art ist er allerdings nicht jedermanns Sache. Ein Dazwischenreden oder gar Kritisieren von ÖFB-Funktionären oder Spielern ließe sich ein Van Gaal definitiv nicht gefallen. Sein Interesse, wieder einmal als Teamchef zu arbeiten, bekundete er im Juli 2010.
„Ich will Nationaltrainer werden in einem Land, das etwas gewinnen will“, so Van Gaal. Das würde perfekt zum ÖFB-Team passen, das endlich wieder einmal etwas gewinnen will. Allerdings hatte der Niederländer den Nachsatz: „Das kann Deutschland sein, Spanien, Argentinien.“ Das wiederum, macht eine Verpflichtung des Startrainers wieder ein Stück unwahrscheinlicher.
Christian Wagner, ORF.at
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