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Mehrkampffinale als großes Ziel

Als Österreich zum bisher letzten Mal bei olympischen Turnwettkämpfen vertreten war, wurden diese im Schwarz-Weiß-Fernsehen ausgestrahlt. Ein rot-weiß-rotes Männer-Sextett nahm 1960 an den Spielen von Rom teil, vier Jahre später turnte Henriette Parzer in Tokio. Nach einem halben Jahrhundert geben Österreichs Turner mit Barbara Gasser und Fabian Leimlehner heuer ein Comeback bei Olympia.

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Hans Sauter, Johann König, Hermann Klien, Willi Kafel, Gerhard Huber und Anton Hertl durften vor 52 Jahren ohne vorherige Qualifikation an den Start gehen. Leimlehner und Gasser dagegen mussten im Jänner die hohe Hürde bei den Qualiwettkämpfen in London überwinden. Am 28. Juli schlägt für den 24-jährigen Tiroler, der für Oberösterreich turnt, die olympische Stunde. Die 22-jährige Vorarlbergerin wird einen Tag später den vorläufigen Karrierehöhepunkt erleben. Bis dahin haben die ÖFT-Athleten noch ein umfangreiches Trainingsprogramm zu absolvieren.

Fabian Leimlehner turnt am Pferd

AP/Matt Dunham

Fabian Leimlehner turnte sich zu den Olympischen Sommerspielen 2012

Angriff auf allen Geräten

Sowohl Leimlehner als auch Gasser wollen sich mit dem Erreichten nicht zufriedengeben. „Die Olympiaquali habe ich geschafft und damit erreicht, was ich erreichen wollte“, sagte der mitunter als schlampiges Genie charakterisierte Leimlehner vor kurzem der APA. „Jetzt will ich auch das Bestmögliche herausholen.“ Wie Gasser, die mit ihren Eltern im Alter von 13 Jahren nach Kanada auswanderte und sich dort den Schliff zur Klasseturnerin holte, will er bis zu den Sommerspielen den Schwierigkeitsausgangswert bei seinen Programmen deutlich erhöhen.

Beide qualifizierten sich über den Mehrkampf und werden in London alle Geräte turnen. Bei den Frauen stehen bei Olympia Sprung, Stufenbarren, Schwebebalken und Boden auf dem Programm. Die Männer absolvieren Boden, Pauschenpferd, Ringe, Sprung, Barren und Reck. „Ich werde neue Elemente einbauen und sie bei den kommenden Wettkämpfen testen“, kündigte Gasser an. „Bei der EM (Ende Mai/Anm.) soll alles so ziemlich sitzen.“ Die Konsequenz in ihrer Trainingsarbeit holte sie sich auch in Übersee.

Turnerin Barbara Gasser

APA/Herbert Pfarrhofer

Barbara Gasser trainiert für den bisherigen Höhepunkt ihrer Karriere

Internationale Prägung bringt Erfolg

Als sie mit ihren Eltern 2003 nach Sarnia in Kanada kam, intensivierte die seit ihrem siebenten Lebensjahr turnende, gebürtige Bregenzerin ihr Training. Zweimal Täglich turnte Gasser im „Bluewater Gymnastics“-Club beim Trainerpaar Liz und Dave Brubaker. Die österreichische Staatsbürgerschaft behielt sie. Zu Wettkämpfen wie etwa Staatsmeisterschaften reiste sie an. Bei Olympia ist das 24er-Finale im Mehrkampf Gassers Ziel. „Das wäre ein Wahnsinn“, meinte die Studentin. „Aber es wird schwer.“

Leimlehner, der durch seine Schweizer Mutter ebenfalls international mitgeprägt wurde, sieht seine Außenseiterchancen auch im Mehrkampf. Und das, obwohl er im Herbst vorübergehend sogar Weltranglistenleader am Reck war. Die bei Olympia favorisierten Chinesen und Russen machen sich zwischen den Großereignissen bei den Weltcups aber traditionell rar, was Leimlehner diesen sensationellen Sprung an die Spitze ermöglicht hatte.

Der Countdown läuft

Mit einer Erhöhung des Ausgangswertes um 1,5 oder zwei Punkte auf allen sechs Geräten und einem „stabilen Wettkampf“ sieht er sich für den Sommer jedenfalls „im Bereich des Mehrkampffinales“. Stabilität ist bei der Olympiarückkehr des österreichischen Turnsports also für beide ÖFT-Vertreter das Schlüsselwort. 115 Tage haben sie noch, um ihre Programme zu perfektionieren. Dass sich Leimlehner vor sechs Jahren dazu entschied, für Österreich und nicht für die Schweiz zu starten, soll sich für ihn spätestens dann endgültig auszahlen.

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