Von Glasgow bis Riessersee
In der National Hockey League (NHL) ist im Streit zwischen Teambesitzern und Spielern weiter keine Einigung in Sicht. Die europäischen Ligen sind die großen Profiteure des Lock-outs. Superstars wie der Russe Alexander Owetschkin spielen ebenso in der Heimat wie die Österreicher Thomas Vanek, Michael Grabner und Andreas Nödl. Aber auch andere weniger bekannte Ligen bekommen NHL-Glanz ab.
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Erstmals bekommt auch die britische Elite Ice Hockey League (EIHL) mehr Aufmerksamkeit von außerhalb der Insel. Mit Drew Miller von den Detroit Red Wings unterschrieb ein NHL-Akteur in Großbritannien. Genauer gesagt in Schottland bei den Braehead Clan. Der Club aus der Peripherie von Glasgow nutzte die Gunst der Stunde und sicherte sich die Dienste des jüngeren Bruders von Torhüter Ryan Miller, seines Zeichens Teamkollege von Vanek bei den Buffalo Sabres.
„Nicht einfach nur herumsitzen“
Miller gehört in der NHL zwar nicht zu den ganz großen Nummern, hat aber Österreichs Legionären zumindest einen Stanley-Cup-Ring voraus. Mit den Anaheim Ducks krönte sich der 28-jährige Amerikaner in der Saison 2006/07 zum NHL-Champion. Für die Red Wings erzielte Miller in der vergangenen Saison in 80 Spielen 14 Tore und elf Assists - beides persönliche NHL-Bestmarken. In Schottland will sich der Stürmer, der so wie Vanek bei den Graz 99ers die Nummer 20 tragen wird, für einen möglichen Saisonstart fit halten.
Reuters/Rebecca Cook
Miller gibt normalerweise bei den Red Wings in Detroit sein Bestes
„Ich wollte nicht einfach nur herumsitzen und Rost ansetzen“, sagte Miller bei seiner Präsentation in Glasgow, „ich musste in der NHL bisher immer um einen Platz kämpfen, daher wollte ich keinen Rückstand auf andere Spieler bekommen.“ Die Versicherungssumme, die etwa bei Vanek, Grabner und Nödl von Sponsoren übernommen wurde, bezahlte Miller gleich aus eigener Tasche, um Spielpraxis zu erlangen. Für das Team, das in Renfrewshire rund vier Kilometer außerhalb Glasgows beheimatet ist, ist Miller nicht nur eine spielerische Verstärkung.
Zwei Saisonen, zweimal Play-off
Der erst 2010 in die EIHL aufgenommene Club darf sich auch über gesteigertes Medieninteresse freuen. Braehead Clan, das heuer von Spielertrainer Jordan Krestanovich angeführt wird, schaffte es in der ersten Saison als Fünfter immerhin gleich ins Play-off. Auch in der vergangenen Saison qualifizierte man sich für die K.-o.-Runde, schied aber so wie das Jahr zuvor in der ersten Runde aus. „Es ist gut für unsere jüngeren Spieler, sie können zu Drew aufschauen“, sagte Trainer Krestanovich über den Neuzugang aus der NHL.
Für Miller geht es neben Spielpraxis auch darum, den Kopf aufgrund der Situation in Nordamerika frei zu bekommen. „Es ist gut, von dem ganzen Lock-out-Gerede wegzukommen“, sagte Millers Agent Jason Woolley, ein früherer NHL-Verteidiger, gegenüber dem US-Sender ESPN. Nicht Geld verdienen, sondern Erfahrung sammeln steht im Vordergrund. „Nimm deine Frau und schau dir diesen Teil der Welt an“, so Wooley, „vielleicht hast du nie mehr die Gelegenheit dazu.“
Rekordmann für Riessersee
Nicht nur die Heimspiele im schottischen Renfrewshire werden im kommenden Monat ausverkauft sein, auch in der zweiten deutschen Liga ist ein Ansturm auf die Kassen zu erwarten. Vor allem in Garmisch-Partenkirchen. Der SC Riessersee, in der Vergangenheit immerhin zehnmal deutscher Meister, zog mit Matt D’Agostino von den St. Louis Blues und Torhüter Rick DiPietro von den New York Islanders zwei dicke NHL-Fische an Land.
AP/Kathy Kmonicek
DiPietro tauscht das Islanders-Dress mit jenem des SC Riessersee
Besonders Letztgenannter dürfte auch weniger NHL-affinen Fans ein Begriff sein. Der 31-jährige US-Amerikaner wurde 2000 im Draft als Nummer eins ausgewählt und galt als großer Hoffnungsträger der Islanders. 2006 stattete der Club DiPietro mit einem Rekordvertrag über 15 Jahre und 67,5 Mio. Dollar aus. Zahlreiche Verletzungen warfen den Torhüter jedoch weit zurück. Seit der Saison 2008/09 bestritt DiPietro nur 47 Spiele für die Islanders.
Flyers-Aufsteiger in Sachsen
Während des Lock-outs darf auch Sachsen als NHL-Hochburg bezeichnet werden. Mit Wayne Simmonds (Philadelphia Flyers) und Chris Stewart (St. Louis Blues) holten sich die Eispiraten Crimmitschau zwei NHL-Cracks als Gastspieler ins Boot. Simmonds war vergangene Saison einer der Aufsteiger im Team der Flyers. 28 Tore und 21 Assists konnte sich der 24-Jährige gutschreiben lassen. Stewart traf immerhin 15 Mal ins Schwarze und lieferte 15 Torvorlagen.
Ein anderer junger NHL-Stürmer, T. J. Galiardi von den San Jose Sharks, geht für die Bietigheim Steelers auf Torjagd. Über einen aktuellen Stanley-Cup-Sieger dürfen sich die Fans in Heilbronn freuen. Jonathan Bernier von den Los Angeles Kings hält sich während des Lock-outs bei den ortsansässigen Falken fit. Der 24-jährige Torhüter war in der vergangenen Saison die Nummer zwei hinter Jonathan Quick bei den Kings und stand bei 16 Spielen des späteren Meisters auf dem Eis.
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