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Brasilianer als Buhmann

Was Christian Mayrleb einst für die Fans in Bregenz war, ist der Brasilianer Luiz Adriano seit Dienstag für die Anhänger des dänischen Meisters FC Nordsjaelland: Der Stürmer von Schachtjor Donezk beging am fünften Spieltag ein klares Foul am Fair Play und zog sich den Zorn der dänischen Fans und das Unverständnis von Rest-Fußball-Europas zu.

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Luiz Adriano tat am Dienstag beim Gastspiel bei Nordsjaelland nämlich das, was Mayrleb 2000 in der österreichischen Bundesliga im Dress der Wiener Austria gegen SW Bregenz tat. Der Brasilianer schnappte sich in der 26. Minute beim Stand von 0:1 aus Sicht von Schachtjor einen Ball, den sein Kollege eigentlich zum gegnerischen Tormann schießen wollte. Dem Ganzen war ein Schiedsrichterball vorausgegangen, nachdem der dänische Torschütze Morten Nordstrand verletzt auf dem Rasen gelegen war.

Buhmann als Matchwinner

Luiz Adriano hatte davon angeblich nichts mitbekommen, umdribbelte Torhüter Jesper Hansen und schloss zum 1:1-Ausgleich für die Gäste aus der Ukraine ab. Die folgenden Proteste der dänischen Spieler und die Buhrufe von den Rängen ließen den Stürmer kalt. Luiz Adrianos Teamkollegen wollten den Dänen im Gegenzug freie Bahn für ein geschenktes Tor ermöglichen, doch Taras Stapenenko grätschte dem zunächst unbehelligt auf das Gehäuse zusteuernden Nicolai Stockholm den Ball weg.

Luiz Adriana (Donetsk) überspielt Nordsjaelland-Tormann Jesper Hansen

AP/Polfoto/Lars Poulsen

Torhüter Hansen kann es nicht glauben: Luiz Adriano tritt das Fair Play mit Füßen

Kasper Lorentzen schoss die Dänen zwar wenig später bei auffallend geringer Gegenwehr erneut in Führung, danach setzte sich Donezk aber dank ihrer höheren Klasse durch. Besonders bitter für die Gastgeber: Dem „unfairen“ Luiz Adriano glückten beim folgenden 5:2-Sieg Schachtjors noch zwei weitere Treffer. Der Buhmann wurde damit zum Matchwinner für die Ukrainer. Von den dänischen Fans wurde der Brasilianer bei seiner Auswechslung entsprechend verabschiedet.

„Keine Moral“

Nordsjaelland-Trainer Kasper Hjulmand fand im Interview mit dem dänischen Fernsehen klare Worte, was er von der Aktion Luiz Adrianos hält. „Ich weiß nicht, ob es bei Schachtjor Banditen gibt“, sagte der erboste Coach, „aber einige Spieler und Trainer haben keine Moral.“ Hjulmand hätte sich eine Rote Karte für den Brasilianer gewünscht. „In meiner Welt ist das unsportliches Verhalten“, sagte der 40-Jährige, „Rot wäre mit Sicherheit gerechtfertigt gewesen.“

Auch sein Gegenüber Mircea Lucescu bekam sein Fett ab. „Es war schockierend zu sehen, dass er einfach dagestanden ist und vor sich hingestarrt hat“, sagte Sportdirektor Jan Laursen, „er war wohl der Überzeugung, dass seine Mannschaft mit 6:0 hätte führen müssen.“ Trainer Hjulmand verstand die Untätigkeit seines rumänischen Kollegen auf der anderen Seite ebenfalls nicht: „Ich hätte meinen Spielern hundertprozentig gesagt, dass sie ein Tor zulassen sollen.“

Schachtjor-Trainer schützt Spieler

Schachtjor-Trainer Lucescu war die ganze Sache bei der Pressekonferenz nach dem Spiel sichtlich unangenehm. „Ich entschuldige mich für das Tor, das so viele Diskussionen ausgelöst hat. Wir wollten dem Gegner sofort die Gelegenheit für ein Tor im Gegenzug geben. Aber das hat einer unserer Spieler verhindert“, sagte Lucescu. Zugleich nahm er aber Luiz Adriano in Schutz. „Ich habe ihn gefragt, und er hat gesagt, es war einfach eine Instinkthandlung“, sagte Lucescu.

Die Dänen hoffen dennoch zumindest auf eine Strafe des europäischen Fußballverbandes für den ukrainischen Meister. „Wenn wir wollen, dass Fair Play funktioniert, müssen wir eine gerechte Strafe finden“, so Trainer Hjulmand. Ein Wiederholungsspiel so wie damals zwischen der Austria und Bregenz wird es mit Sicherheit nicht geben. Denn UEFA-Präsident Michel Platini ist nicht so wie damals Bundesliga-Präsident Frank Stronach als Austria-Boss, in Doppelfunktion bei Donezk tätig.

Allerdings hat die UEFA am Mittwoch ein Disziplinarverfahren gegen den Stürmer eingeleitet, eine Entscheidung in der Causa soll am 27. November vor dem Kontroll- und Disziplinarkomitee in der Causa gefällt werden. Dem Brasilianer wird ein Verstoß gegen die Verhaltensregeln zur Last gelegt.

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