Startschuss einer großen Karriere
Die Saslong-Strecke nimmt bei rot-weiß-roten Skifans einen besonderen Stellenwert ein. Wenn am Samstag die Speed-Herren in Gröden den ersten Abfahrtsklassiker in Angriff nehmen, ist es 40 Jahre her, dass Franz Klammer auf der berühmt-berüchtigten Strecke sein Weltcup-Debüt feierte. „Das ist eine besondere Erinnerung“, sagte Klammer in einem Interview auf der offiziellen Gröden-Website.
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„Ich kann mich noch genau an mein erstes Rennen erinnern. Es wurde nach den olympischen Spielen von Sapporo 1972 ausgetragen“, erzählte der mit 25 Siegen noch immer erfolgreichste Abfahrer der Geschichte. „Ich war damals 19 Jahre alt, und die Skier waren noch aus Metall. Die stärksten Abfahrtsläufer waren damals Roland Collombin, Bernhard Russi, Karl Kordin, David Zwilling und Heini Messner. Sie waren das Maß aller Dinge.“
APA/dpa/Sanden
Klammer auf dem Weg zu Olympiagold 1976 in Innsbruck
Erster Gröden-Sieg im Jahr 1975
Ging Klammer im ersten Jahr noch leer aus, machte er ein Jahr später abermals in Gröden den nächsten Schritt seiner großen Karriere und holte als Fünfter seine ersten Weltcup-Punkte. Das erste Rennen auf der Saslong gewann er schließlich im März 1975. „Es war mein dritter Sieg in Folge nach Val d’Isere und St. Moritz“, erinnerte sich Klammer. „Ich fühlte mich sehr gut und kam hoch motiviert nach Gröden, weil die Saslong zu den Klassikern im Weltcup gehört.“
Es folgten zwei Abfahrtssiege 1976, ehe er 1982 zum letzten Mal triumphierte und sich mit insgesamt vier Siegen gemeinsam mit dem Italiener Kristian Ghedina zum bis dato erfolgreichsten Abfahrer in Gröden krönte. Eine Spazierfahrt war die 3.446 Meter lange Rennstrecke mit einem Maximalgefälle von 56,9 Prozent damals wie heute nicht. Vor allem die Schlüsselstellen verlangen Fahrer und Material alles ab. Neun Sprünge und die gefürchteten Wellen der Ciaslat zählen zu den größten Herausforderungen im Skizirkus.
Looping wirft Klammer ab
Auch Klammer, der immer gerne auf der Saslong antrat, verbindet damit nicht nur gute Erinnerungen. „Der Looping war ein ‚zacher Hundling‘, der dich mit aufrechten Skiern wild durch die Luft schleuderte. Und genau da hat es mich einmal erwischt. Zunächst wurde ich richtig durchgebeutelt und dann bin ich, das einzige Mal auf der Saslong, gestürzt.“ Mittlerweile wurde die Kante, über die die Athleten hoch und weit sprangen und im Flachen landeten, aufgrund vieler, teils schwerer Stürze abgetragen.
Eine Hassliebe verband Klammer auch mit den berühmt-berüchtigten Kamelbuckeln, denen er bis zum Ende seiner Karriere den größten Respekt zollte. Bevor sein Landsmann Uli Spiess die drei Hocker 1980 erstmals übersprang, musste jeder der drei Buckel einzeln überwunden werden. „Ich habe sie nie übersprungen, weil ich Angst davor hatte. Einmal hatte ich mir bei den Kamelbuckeln während der Qualifikation sogar in die Zunge gebissen und stark geblutet“, gestand Klammer.
GEPA/Andreas Pranter
Mit 88 Meter Weite hält Walchhofer den Rekord auch bei den Kamelbuckeln
Aber auch Haudege Spiess, der sich auf seinen großen Sprung eigens auf der 90-Meter-Sprungschanze von Wörgl vorbereitet hatte und für seine Idee von Kollegen und Trainern für verrückt erklärt wurde, „saß die Angst tief im Nacken“. „Die Angst vor der Ungewissheit, ob ich es schaffen würde oder ob meine Knochen anschließend eingesammelt werden müssten“, erinnerte sich der Tiroler. Die Höchstweite erreichte übrigens Michael Walchhofer 2003 mit 88 Meter Weite und einem Luftstand von vier bis fünf Metern.
Klammer brilliert als Wellenbrecher
Vor dem Zielschuss und dem letzten und abschließenden Tunnel-Sprung wartet auf die Fahrer noch die eisige Ciaslat-Wiese mit ihren zahllosen Wellen, die häufig den Ausschlag über Sieg oder Niederlage geben. Klammer liebte diese Stelle und holte dort oft die entscheidenden Zehntelsekunden heraus. „Wenn es eisig war, dann war es mir am liebsten“, so der Kärntner.
„Es musste so richtig unruhig, nicht brettleben sein, dann habe ich mich wohlgefühlt“, erinnerte sich Klammer an seinen größten Trumpf. „Mein Ding waren immer die wellblechartigen Ciaslat-Wiesen, wo man große Standfestigkeit brauchte, weil sie einen so richtig durchgebeutelt haben.“ Dass er nach knapp zwei Minuten Fahrzeit gleich viermal ganz oben auf dem Podest stand, bedurfte allerdings auch einer gehörigen Portion Mut und der Bereitschaft, an seine Grenzen zu gehen. „Meine Stärken auf der Saslong war sicher jene, überall Geschwindigkeit mitzunehmen.“
Wolfgang Rieder, ORF.at
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