Ein Leben zwischen Himmel und Hölle
Der Speck um die Hüften ist verschwunden, das Gesicht ist nicht mehr vom Alkohol aufgedunsen, doch die Spuren, die das Leben bei Matti Nykänen hinterlassen hat, sind nicht zu übersehen.
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Zum 50. Geburtstag am Mittwoch hat die finnische Skisprunglegende ihr turbulentes Dasein auf und neben der Schanze wohl noch einmal Revue passieren lassen. Was der vierfache Olympiasieger vor allem nach seiner Erfolgskarriere durchgemacht hat, bietet Stoff für einen Roman und hat sich tief eingegraben.

AP/Dieter Endlicher
1984 in Sarajevo sprang der damals 20-Jährige zu seinem ersten Olympiagold
„Die Hölle ist nicht so schlimm, wie mein Leben jahrelang war“, hat der bis zur Ablösung durch den Tiroler Gregor Schlierenzauer im Frühjahr 2013 erfolgreichste Skispringer der Weltcup-Geschichte seine Erlebnisse einmal zusammengefasst.
Zweimal „unschuldig“ im Gefängnis
Die finstere Zeit hat Nykänen zwar hinter sich gelassen, vergessen wird er sie jedoch nie. Kein Wunder, gab es doch Alkoholabstürze en masse, einen Herzinfarkt und zwei Gefängnisaufenthalte von insgesamt 17 Monaten.
„Ich war unschuldig. Ich hätte bessere Anwälte gebraucht. Alles, was ich getan habe, war Notwehr“, rechtfertigte sich Nykänen im Vorjahr in einem Interview der „Welt am Sonntag“ für eine Messerattacke auf einen Freund im August 2004 und einen tätlichen Angriff auf seine Ex-Frau kurz nach seiner Entlassung im September 2005.
Von Legende zu Witzfigur
Jahrelang hatte der Alkohol seine Lebensgeister benebelt. Mit aufgedunsenem Gesicht und einem Bierbauch versuchte er sich nach seiner Skisprungkarriere als Stripper und Popsänger und machte sich oft zur mitleidig belächelten Witzfigur. „Ich hätte niemals so viel trinken sollen. Wenn du trinkst, lebst du wie in einer Blase, siehst keinen Sinn“, berichtete er im Rückblick.

GEPA/Andreas Pranter
Als Sänger war Matti Nykänen weitaus erfolgloser als als Skispringer
Schon in seiner überaus erfolgreichen Laufbahn, in der er vier Olympiasiege, insgesamt sechs WM-Titel und 46 Weltcup-Erfolge feierte, hatten die Probleme eingesetzt. „Ich stand viele Jahre im Mittelpunkt, alle haben sich um mich gerissen. Ich hatte es satt, es war zu viel. Ich war unglücklich und habe angefangen, in mir drinnen eine Mauer hochzuziehen“, erzählte Nykänen. Später habe er getrunken, „weil ich nichts anderes zu tun hatte, weil ich vergessen wollte“.
Er würde sein Leben daher gerne zurückspulen. „Ich wäre gerne noch einmal 20 Jahre alt, denn jetzt liebe ich mein Leben, und ich hätte gerne mehr davon. Als ich damals der Weltbeste war, habe ich das Springen geliebt, konnte aber all die Medaillen und Erfolge nicht richtig genießen“, erklärte Nykänen.
„Normales Leben ist der Himmel“
Nun hat er sein Leben nach drei gescheiterten Ehen und vielen Nackenschlägen wieder im Griff, auch dank seiner neuen Partnerin Susanna Ruotsalainen. Noch immer steht er als Sänger auf der Bühne, im Herbst soll eine neue CD veröffentlicht werden. „Jetzt lebe ich ein normales Leben - und das ist der Himmel für mich. Die Hölle liegt wirklich weit hinter mir - ich bin dem Himmel eigentlich recht nah“, sagte Nykänen.
Einen besonderen Traum möchte sich der Finne, über den ein Film gedreht wurde und nach dem die Schanze in seiner Heimatstadt Jyväskylä benannt ist, aber noch erfüllen. Bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi würde er gerne als Vorspringer dabei sein: „Ich werde 50 - das wäre ein wunderbares Geschenk.“
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