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Lage laut AI besorgniserregend

Der Weg in die Wüste von Bahrain führt die Formel 1 erneut auf ein hochbrisantes politisches Gelände. Seit mehr als drei Jahren kommt es in dem Königreich am Persischen Golf immer wieder zu Unruhen. Gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei sind keine Seltenheit. Ausblenden können Teams und Fahrer die prekäre Lage kaum.

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Die Position des Automobilweltverbandes (FIA) ist eindeutig. „Die Realität sieht so aus, dass kein internationaler Sportverband die Befugnis besitzt, in irgendeinen politischen Konflikt einbezogen zu werden“, sagte der französische FIA-Chef Jean Todt vor kurzem. „Die Entscheidung, einen Wettbewerb in einem Land auszutragen, beruht auf dem Wunsch, die Entwicklung des Motorsports auf der ganzen Welt zu fördern.“ Sport könne eine positive Kraft sein und dazu beitragen, Probleme zu lindern, lautet eine gängige Formel der FIA.

„Äußerst prekäre“ Menschenrechtslage

Für Amnesty International (AI) ist die Menschenrechtslage in Bahrain, wo am Sonntag (17.00 Uhr MESZ, live in ORF eins und im Livestream, Vorberichterstattung ab 16.00 Uhr) der dritte WM-Lauf stattfindet, immer noch besorgniserregend. „Um die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit ist es sehr schlecht bestellt“, sagte die AIKoordinatorin für Saudi-Arabien und die Golfstaaten, Regina Spöttl, am Dienstag. „Die Lage der Menschenrechte ist äußerst prekär.“

Anti-Formel-1-Demo in Bahrain

APA/EPA

Im Vorjahr kam es am Rande des Rennens zu gewalttätigen Ausschreitungen

Kritiker würden inhaftiert, während der Haft sogar gefoltert und in unfairen Verfahren zu hohen Haftstrafen verurteilt. Auch Kinder seien nicht gegen Inhaftierung gefeit, sagte Spöttl. In Bahrain verlangt die schiitische Bevölkerungsmehrheit mehr Mitsprache und Reformen vom sunnitischen Herrscherhaus.

Bahrain verspricht sicheres Rennen

Ein Regimegegner kam am Dienstag ums Leben. Nach Angaben von Angehörigen starb der Mann, als ein Gebäude in dem Dorf Eker, in dem er sich vor der Polizei versteckt hatte, angezündet wurde. Die Polizei erklärte, die Ursache für den Brand sei unklar. Der Mann war wegen Mordes an einem Polizisten und versuchten Mordes an weiteren Polizisten zu 42 Jahren Haft verurteilt worden.

Das Innenministerium erklärte indes, die Besucher des Formel-1-Rennens hätten nichts zu befürchten. Radikale Gruppen hatten mit Angriffen während des Rennens gedroht. Sie behaupteten, die Motorsportveranstaltung sei Teil der Bemühungen der Regierung, die Protestbewegung zu unterdrücken.

Ecclestone sorgt sich um Image der Formel 1

Formel-1-Chefvermarkter Bernie Ecclestone verteidigt hingegen auch umstrittene Rennen. „Ich glaube, jeder, der wirklich über Menschenrechte reden möchte, sollte vielleicht einmal nach Syrien gehen“, meinte der Geschäftsmann im vergangenen Jahr. In der Formel 1 soll schließlich das Geld fließen. Marketingdesaster wie 2011, als der Grand Prix abgesagt werden musste, und 2012, als der Lauf nur unter heftiger Kritik ausgetragen wurde, haben das Image der berühmtesten Rennserie der Welt ohnehin schon genug ramponiert.

Das arabische Königreich Bahrain hatte seinerseits laut der Website Bahrainwatch seit Beginn der Proteste 32,5 Millionen Dollar an Honoraren für 18 verschiedene PR-Unternehmen aus London und Washington bezahlt, um das Image wieder aufzupolieren. Dass der Grand-Prix-Zirkus nach der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste und der Absage 2011 zurückkehrte, war eine der Hauptaufgaben der Agenturen - und das gelang.

Sebastian Vettel auf der Rennstrecke in Bahrain

GEPA/XPB Images/Charniaux

Der Rennkurs in der Wüste von Bahrain

Die Formel 1 muss sich allerdings hüten. „Jedes sportliche Großereignis hat natürlich eine starke politische Komponente und wird von den Regierungen genutzt, um das jeweilige Land und die eigene Politik ins rechte Licht zu setzen“, so Spöttl. Ein Teil der Opposition fordert sogar, die Formel-1-Rennen in Bahrain sollten abgesagt werden, weil sie aus ihrer Sicht ein falsches Bild der Normalität vermitteln.

Teams und Fahrer halten sich mit Kritik zurück

Kritische Aussagen aus dem Fahrerlager sind auch vor der zehnten Auflage in Bahrain äußerst heikel. Teams und Piloten sind an Sponsorenverträge gebunden. Die Fahrer wissen allerdings sehr wohl, was für Zustände in dem jeweiligen Land herrschen. „Was drumherum passiert, ist natürlich nicht schön“, sagte Weltmeister Sebastian Vettel im vergangenen Jahr in Sachir. „Das kriegt man natürlich mit.“

Amnesty International will auch in Bahrain die durch das Formel-1-Rennen sensibilisierte Öffentlichkeit nutzen, „um auf die anhaltenden Missstände im Land aufmerksam zu machen“, sagte Spöttl. „Wir hätten uns natürlich gewünscht, dass der Formel-1-Zirkus in die gleiche Richtung argumentiert und Stellung bezieht zur schlechten Lage der Menschenrechte im Land.“

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