Wiener Turnier soll aufgewertet werden
Thomas Muster ist immer für knackige Sager gut. Das zeigte sich wieder einmal, als der Erste-Bank-Open-Turnierbotschafter in der Stadthalle in seiner neuen Rolle als Markenbotschafter eines Wettbüros präsentiert wurde und danach den Journalisten Rede und Antwort stand. Ob Dominic Thiem, Davis-Cup oder ATP - der Steirer fand zu allen Themen offene und kritische Worte.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Aktuell gilt Musters Hauptaugenmerk selbstredend den Erste Bank Open, deren starke Besetzung er lobend herausstrich: „Wir hatten immer ein gutes Feld, aber in dieser Dichte hatten wir das noch nie. Schon in der Quali sind einige nach Hause gefahren, die ich gerne im Hauptfeld gesehen hätte“, sagte Muster. Einzig mit seiner Prognose für Thiem lag der Steirer („Das Halbfinale ist realistisch“) weit daneben. Für Österreichs Nummer eins war bereits in der ersten Runde gegen den Niederländer Robin Haase Schluss.
Thiem 2015 bereits Top-20-Kandidat
Dass Thiem seinen Weg trotzdem weitergehen wird, davon ist der ehemalige Weltranglistenerste überzeugt. „Er ist jetzt in der Arbeitsplatzsicherung der ATP“, beschrieb Muster scherzhaft den Status von Österreichs Topspieler, „wenn er passabel spielt, fällt er nicht so schnell aus den Hauptbewerben. Jetzt gilt es, an die Spitze zu kommen. Dafür wird das nächste Jahr entscheidend sein“, prognostizierte der 47-Jährige.

GEPA/Walter Luger
2011 kam es in Wien zum „Generationenduell“ zwischen Muster und Thiem
Dazu werde es natürlich nicht reichen, konstant ein paar Runden zu überstehen: „Es müssen schon Halbfinale und Finale bei 250er-Turnieren dabei sein. Bis zu den Top 20 ist sicher alles realistisch, da liegt alles nahe beieinander. Erst in Richtung Top Ten sind die Abstände größer“, erläuterte Muster. Das Problem für Thiem 2015 sei, dass nun alle wissen, wie man gegen ihn zu spielen hat: „Der Vorteil des Frischlings, der schwer einzuschätzen ist, fällt weg.“
„Die Marschrichtung stimmt“
Was ihm an Thiem besonders gefalle, seien das hohe Tempo aus der Vorhandecke und der Rückhand-Longline. „Arbeiten muss er aber an der Quote beim ersten Aufschlag. Und er darf sich vor allem gegen die sehr guten Spieler nicht so weit hinten reindrängen lassen. Da könnte er noch aktiver sein und einen Schritt nach vorne wagen.“ Das sei aber, wie er selbst wisse, leichter gesagt als getan.
Optimistisch stimmt Muster die Tatsache, dass Thiem nicht zur Kategorie „Tagesverfassung-Spieler“ zähle: „Das Fundament und die Substanz sind da, die Marschrichtung stimmt.“ Passieren könne allerdings immer etwas, niemand sei gegen Verletzungen gefeit, warnte Muster. Und dann gelte es auch, sich vor Schulterklopfern in Acht zu nehmen. Sein Ratschlag an Thiem: „Bring deine Leistung Schritt für Schritt. Zeit zum Jubeln ist dann immer noch.“
Spagat zwischen Verbands- und eigenen Interessen
Zum Thema Davis-Cup fielen dem ehemaligen Non-playing-Captain der heimischen Mannschaft auch einige Dinge ein. „Wir müssen einfach immer in stärkster Besetzung spielen. Wenn die Letten gegen uns mit Ernests Gulbis angetreten wären, hätte es in dieser Konstellation schnell für uns ganz in den Keller gehen können“, kritisierte Muster das Fehlen Thiems.
Zwar könne er aus eigener Erfahrung bestätigen, dass die Interessen von Verband und Spielern auseinanderklafften („es passt oft zeitmäßig nicht, und manchmal sind es ja echte Weltreisen“), doch sei es für einen österreichischen Akteur durchaus kein Nachteil, im Davis-Cup anzutreten: „Es ist wertvoll, sich hier zu präsentieren, es steigert den Marktwert.“
„Dominic allein nützt uns nichts“
Laut Muster sollte Österreich den Aufstieg in die Weltgruppe bald wieder geschafft haben. Die mittlere Zukunft sieht der Steirer aber nicht besonders rosig: „Es nützt nichts, wenn wir nur Dominic haben. Jürgen wird nicht ewig spielen, und auch unsere Doppelspieler sind in fortgeschrittenem Alter“, warnte Muster.
Von unten würde derzeit zu wenig nachkommen, gab Muster zu bedenken. Andreas Haider-Maurer etwa bewege sich schon seit Jahren auf demselben Niveau, ohne signifikante Schritte nach oben zu machen. „Bei einem größeren Kader tut man sich klarerweise leichter.“ Garantie sei das aber auch keine: „Die Spanier sind ja auch abgestiegen“, sagte Muster lachend.
Hoffen auf 500er-Status
Die Zukunft der Erste Bank Open sieht Muster in der ATP-500-Kategorie. „Dazu müssen wir natürlich ein höheres Budget aufstellen. Es ist nichts umsonst, die Stars kommen nur dorthin, wo auch gut gezahlt wird“, erklärte der Ex-French-Open-Champion. „Die ATP schafft es nicht, Obergrenzen einzuführen. Wenn für einen Top-Ten-Spieler allgemein nicht mehr als 200.000 Dollar bezahlt werden, und in Dubai werden dann 500.000 ausgeschüttet, gehen eben alle nach Dubai."
Die ATP sei aber nicht nur in diesem Punkt zahnlos, ärgerte sich der Leibnitzer. So sei etwa von den Spielern lauthals eine längere Winterpause gefordert worden, was die ATP sukzessive auch umgesetzt habe. „Und was passiert jetzt? Im Dezember, wo eigentlich spielfrei sein sollte, läuft in Indien die hochdotierte Champions League mit allen Assen.“ Und so könnte er noch viele andere sportliche und sonstige Missstände weltweit und in Österreich aufzählen - „aber da würden wir noch morgen dasitzen“.
Christoph Lüftl, ORF.at
Links: