Korruptionsverdacht und Intransparenz
Rund um die WM-Vergaben für Russland 2018 und Katar 2022 gibt es seit vier Jahren immer wieder Korruptionsverdacht. Hier eine chronologische Auflistung der Geschehnisse:
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20. Oktober 2010: Die Exekutivmitglieder Reynald Temarii (Tahiti) und Amos Adamu (Nigeria) werden von der FIFA wegen Korruptionsverdachts vorläufig suspendiert. Sie sollen bereit gewesen sein, ihre Stimmen bei der Vergabe der WM 2018 und 2022 zu verkaufen.
18. November: Sechs Funktionäre werden von der FIFA mit Strafen belegt. Die Ethikkommission schließt Adamu für drei Jahre von allen Aktivitäten im Fußball aus, Temarii für ein Jahr. Beide dürfen bei den WM-Vergaben nicht abstimmen. „Alle Zweifel sind ausgeräumt“, sagt FIFA-Chef Joseph Blatter.
2. Dezember: Die FIFA vergibt die nächsten Weltmeisterschaften an Russland (2018) und überraschend an Katar (2022).
6. Dezember: Die Wahl Katars gerät ins Zwielicht, neue Vorwürfe tauchen auf. FIFA-Vize Julio Grondona soll laut einem Bericht als Chef des argentinischen Fußballverbandes etwa 59 Millionen Euro aus Katar erhalten haben. Grondona verweigert einen Kommentar dazu.
10. Mai 2011: Der frühere englische Verbandschef David Triesman beschuldigt das FIFA-Quartett Teixeira, Leoz, Vize Jack Warner (Trinidad und Tobago) und Worawi Mukudi (Thailand) unlautere Forderungen vor den WM-Vergaben gestellt zu haben.
20. Juni: FIFA-Vize Jack Warner tritt von all seinen Ämtern im internationalen Fußball zurück. Die FIFA teilt dazu mit: „Als Folge dieses Rücktritts wurden alle von der Ethikkommission gegen Jack A. Warner eingeleiteten Verfahren geschlossen.“

Reuters/Andrea De Silva
Der ehemalige FIFA-Funktionär Jack Warner stand unter Korruptionsverdacht
17. Juli 2012: Der frühere US-Staatsanwalt Michael Garcia wird zum Vorsitzenden der FIFA-Ethikkommission ernannt, der Münchner Richter Hans-Joachim Eckert steht der rechtsprechenden Kammer vor.
29. Jänner 2013: Das Magazin „France Football“ behauptet, Michel Platini habe auf Drängen des damaligen französischen Staatschefs Nicolas Sarkozy dem Wüstenstaat die Stimme gegeben. Der UEFA-Chef weist die Vorwürfe zurück und droht mit juristischen Schritten.
31. Mai: Die FIFA entscheidet auf ihrem Kongress auf Mauritius, dass künftig der Kongress und nicht mehr das Exekutivkomitee die WM-Gastgeber bestimmen soll.
18. September: Blatter räumt im Interview der Wochenzeitung „Die Zeit“ politische Einflüsse bei der WM-Vergabe ein. Europäische Regierungschefs hätten ihren stimmberechtigten Mitgliedern aufgrund von wirtschaftlichen Interessen empfohlen, für Katar zu stimmen.

Reuters/Eric Gaillard
Wurde politischer Druck auf UEFA-Präsident Michel Platini ausgeübt?
16. Mai 2014: FIFA-Präsident Blatter kritisiert die Vergabe der WM an Katar erstmals ungewöhnlich scharf: „Natürlich war es ein Fehler. Aber wissen Sie, man macht viele Fehler im Leben.“
1. Juni: Ein Bericht der britischen Zeitung „Sunday Times“ erhärtet den Korruptionsverdacht im Zusammenhang mit der WM-Vergabe an Katar. Demnach soll der ehemalige katarische Spitzenfunktionär Mohammed bin Hammam fünf Millionen Dollar an Offizielle gezahlt haben, um sich deren Unterstützung für Katars Bewerbung zu sichern.
5. September: Chefermittler Michael Garcia legt seinen Untersuchungsbericht bei der FIFA vor. Die rechtsprechende Kammer erhält ein 350-Seiten-Dokument von der FIFA-Ethikkommission.
24. September: Garcia spricht sich dafür aus, den Bericht zu veröffentlichen.
17. Oktober: Der Bericht wird nach einer Entscheidung der FIFA nicht komplett veröffentlicht. „(Das) würde die FIFA-Ethikkommission sowie die FIFA insgesamt in eine äußerst schwierige rechtliche Situation bringen“, sagt Richter Eckert.
13. November: Eckert legt als Vorsitzender der rechtsprechenden Kammer seinen 42 Seiten umfassenden Abschlussbericht vor. Russland und Katar werden darin keine gravierenden Verstöße bei ihren Bewerbungen nachgewiesen. Der Chefermittler Garcia weist diese Deutung zurück.
18. November: FIFA-Präsident Joseph Blatter erstattet im Zusammenhang mit den Vergaben der Fußball-WM 2018 und 2022 Strafanzeige bei der Schweizerischen Bundesanwaltschaft in Bern. Die Anzeige richtet sich gegen mögliches Fehlverhalten von Einzelpersonen.
20. November: Richter Eckert und Chefermittler Garcia kündigen eine weitere Untersuchung an.
30. November: Die „Sunday Times“ präsentiert neue Anschuldigungen gegen die FIFA. Der englische Verband, der sich vergeblich um die WM 2018 bemüht hatte, soll seine Konkurrenz durch den Geheimdienst ausspioniert haben. Ergebnis sind neue Vorwürfe wie millionenschwere Zahlungen oder die Schenkung teurer Gemälde an FIFA-Mitglieder. Beweise fehlen aber.
16. Dezember: Die FIFA weist Garcias Einspruch gegen den Eckert-Bericht aus formalen Gründen als „unzulässig“ zurück. Auch die Beschwerden von zwei Informantinnen gegen das Vorgehen der FIFA erklärt der Weltverband für haltlos.
17. Dezember: Garcia erklärt seinen Rücktritt.
19. Dezember: Die FIFA entscheidet auf ihrer Tagung in Marrakesch einstimmig, den Garcia-Report nach Abschluss der noch laufenden Untersuchungen publik zu machen.
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