Themenüberblick

Katalanen begründen goldene Ära

Im Pariser Stade de France hat der FC Barcelona im Mai 2006 eine lange Durststrecke beendet: Gegen Arsenal feierten die Katalanen ihren zweiten Champions-League-Titel nach dem Triumph im Meistercup 1992. Drei Jahre später sorgte Barca unter englischen Fans erneut für bittere Tränen und sicherte sich gegen Manchester United den dritten Titel.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

2006 waren die Katalanen in souveräner Manier ins Endspiel eingezogen: Mit 22:4 Toren und ohne Niederlage stürmte Barca förmlich ins Finale - und schaltete in der K.-o.-Phase Chelsea, Benfica und den AC Milan aus. Vor dem Showdown mit Arsenal wurde nur noch über die Höhe des Sieges gegen den englischen Vizemeister spekuliert. Schließlich hatte das Team von Trainer Frank Rijkaard um die Edeltechniker Ronaldinho, Deco, Eto’o und Co. das ganze Jahr über Zauberfußball geboten.

Das CL-Finale von 2006 zu Nachsehen in tvthek.ORF.at

Die Londoner unterdessen glänzten in der K.-o.-Phase vorwiegend mit ihrer Defensivleistung und gnadenloser Effizienz. Bis zum Endspiel waren die „Gunners“ um den damaligen deutschen Nationalteamtorhüter Jens Lehmann 745 Minuten ohne Gegentor geblieben. In den sechs K.-o.-Duellen genügten den Engländern vier Treffer, um sich gegen Real Madrid, Juventus Turin und Villareal durchsetzen zu können. Im Finale, so die Spekulationen vor dem Spiel, würden die „Gunners“ aber vor Barcelonas Offensivpower kapitulieren müssen.

Jens Lehmann sieht die rote Kate

picturedesk.com/EPA/Gerry Penny

Für den Arsenal-Torhüter war der Arbeitstag nach nur 18 Minuten beendet

Lehmann: „Das Spiel nehme ich mit ins Grab“

Im Stade de France entwickelte sich das erwartete Spiel: Barcelona übernahm das Kommando, fand aber gegen die geschickt agierende Hintermannschaft der „Gunners“ kein wirksames Mittel. In der 18. Minute bediente schließlich der bis dahin eher unauffällige Ronaldinho Angreifer Eto’o, und dieser wurde von Lehmann außerhalb des 16-m-Raumes von den Beinen geholt. Ludovic Giuly brachte danach den Ball im leeren Tor unter - Referee Terje Hauge ließ den Vorteil aber nicht gelten und verwies Lehmann wegen Torraubes des Platzes. „Das Spiel hier werde ich mit ins Grab nehmen“, sagte Lehmann nach seinem bitteren Ausschluss und der folgenden Niederlage.

Auf dem Feld hatten sich die „Gunners“ zunächst freilich nicht von ihrer Linie abbringen lassen. Die Abwehrreihen standen sicher - und in der Offensive brachte ein Freistoß sogar die Führung: Thierry Henry zirkelte den Ball in den Strafraum, wo Verteidiger Sol Campel per Kopf zum 1:0 einnetzte (37.). Sekunden vor dem Pausenpfiff lenkte der für Lehmann eingewechselte Manuel Almunia einen Eto’o-Schuss an die Stange und bewahrte die Torsperre der Londoner. In der zweiten Hälfte das gleiche Bild: Barca agierte zusehends ideenloser, Arsenal stand sicher und konzentriert.

Jose Mourinho und Frank Rijkaard

Reuters/Kieran Doherty

Frank Rijkaard (l.) eliminierte mit Barca auf dem Weg ins Finale Chelsea unter Trainer Jose Mourinho - und holte wie bereits 1995 als Spieler den CL-Titel

Eto’o bricht Torsperre der „Gunners“

Erst als alles auf eine Sensation hindeutete, schlug Eto’o zu. Der Kameruner überraschte Almunia in der 76. Minute mit einem Schuss ins kurze Eck und brach die Arsenal-Torsperre nach 821 Minuten. Nur vier Minuten später folgte der Todesstoß für die nach dem Ausgleich sichtlich angeschlagenen Londoner: Der eingewechselte Belletti schoss nach Vorlage des ebenfalls eingewechselten Henrik Larsson aus spitzem Winkel ein. In Unterzahl und mit einer Stunde schwerster Abwehrarbeit in den Beinen konnten die „Gunners“ dem Spiel keine Wende mehr geben. Der zweite CL-Sieg für Barcelona nach 14 Jahren ohne Titel in der Königsklasse stand fest. Für Coach Rijkaard war es der zweite Titel nach dem Triumph als Spieler mit Ajax Amsterdam 1995.

Bei Arsenal haderte man mit der Schiedsrichterleistung. Beim Ausgleich sei Eto’o im Abseits gestanden, ärgerte sich Arsenal-Coach Arsene Wenger. „Das hat uns um die Früchte unserer Arbeit gebracht. Barcelona war trotz der Überzahl nicht wirklich gefährlich oder kreativ.“ Auch Torjäger Henry war außer sich. „Ich bin wirklich sauer. Bei mir macht sich ein Gefühl der Ungerechtigkeit breit. Wir sind wie Hunde geschlagen worden.“ Der Franzose sollte sich noch drei Jahre gedulden müssen, um den CL-Pokal doch noch zu gewinnen - allerdings im Trikot des FC Barcelona.

Zweites Endspiel für Henry im Barca-Trikot

Drei Jahre später kam es zwischen Barcelona und Manchester United erneut zu einem spanisch-englischen Gipfel im Endspiel. In Rom traten die „Red Devils“ von Sir Alex Ferguson an, um die erste Titelverteidigung der CL-Historie zu schaffen. Im Jahr zuvor hatte sich der englische Rekordmeister im Premier-League-internen Finale den Sieg gegen Chelsea geholt. Im Halbfinale hatte Manchester Barcelona dank einem Tor von Paul Scholes eliminiert. Im Olympiastadion in Rom folgte 2009 die Revanche. Und Ex-Arsenal-Angreifer Henry, der die „Gunners“ 2007 ohne CL-Erfolg im Gepäck in Richtung der Katalanen verließ, durfte mit Verspätung seinen einzigen Champions-League-Titel feiern.

Das CL-Finale von 2009 zu Nachsehen in tvthek.ORF.at

Der 2:0-Triumph gegen ManUnited war die Krönung einer perfekten Saison unter Trainer Josep Guardiola, der gleich in seiner ersten Spielzeit als Coach alle drei Titel (Primera Division, Copa del Rey, Champions League) einfahren konnte. Das Endspiel selbst stand ganz im Bann des Duells der Topstars Lionel Messi und ManUnited-Angreifer Cristiano Ronaldo. Der Portugiese sorgte gleich nach 90 Spielsekunden für Aufsehen - sein scharfer Freistoß konnte aber von Barca-Goalie Victor Valdes mit Mühe entschärft werden.

Manchester United überlegen, Barcelona trifft

Auch in der Folge dominierte Manchester das Geschehen. Ronaldo scheiterte erneut mit zwei Fernschüssen und zeigte dabei die Schwachstellen der umformierten Barca-Hintermannschaft auf. Der Spielverlauf wurde jedoch von den Katalanen auf den Kopf gestellt. Mit dem ersten Entlastungsangriff in der zehnten Spielminute brachte Iniesta Angreifer Eto’o in eine aussichtsreiche Position, und dieser bezwang United-Torhüter Edwin van der Sar mit einem Schuss ins kurze Eck. In der Folge kamen sowohl ManUnited durch Ryan Giggs und Ronaldo, als auch Barcelona durch Messi und Xavi zu Chancen.

Lionel Messi

picturedesk.com/EPA/Matteo Bazzi

„El Pulgo“ Lionel Messi bejubelte 2009 eines seiner seltenen Kopfballtore

Nach der Pause übernahmen die Katalanen das Kommando. Zunächst scheiterte Henry an Van der Sar und im Anschluss Xavi am Pfosten des ManUnited-Tores. In der 70. Minute kam dann der große Auftritt des „El Pulgo“ (der Floh) genannten Messi. Nach einer Xavi-Flanke war der nur 1,69 Meter große Angreifer per Kopf zur Stelle und versenkte den Ball unhaltbar im rechten oberen Eck. Neben dem Titel sicherte sich Messi mit dem Treffer auch die Torjägerkrone der Champions League - als mit neun Toren jüngster Torschützenkönig aller Zeiten.

Triple für Guardiola in der ersten Saison als Trainer

Während sich im Anschluss die Katalanen in den Armen lagen, freute sich besonders Henry nach seinem verlorenen Finale mit Arsenal über den doch noch errrungenen Titel. „Im Endeffekt habe ich den Pokal gewonnen, auf den ich schon so lange gewartet habe. Die letzten fünf Minuten waren die längsten meines Lebens“, gab Henry nach Schlusspfiff zu Protokoll. Eto’o, der seinen zweiten CL-Titel mit den „Blaugrana“ feierte und erneut einen Treffer beisteuerte, sah in dem Triumph einen Erfolg der mannschaftlichen Geschlossenheit. „Mein Tor entsprach einer großartigen Aktion der gesamten Mannschaft. Es war eine lange, schwierige Saison.“

Mit der furiosen Auftaktsaison von Guardiola als Barca-Cheftrainer und dem Gewinn des Triples wurde die goldene Ära der Katalanen nicht nur prolongiert. In der Folge sollten die Spanier unter Guardiola 2011 erneut die CL gewinnen, zwei Meisterschaften holen (2010, 2011), drei Supercup-Titel erringen (2009, 2010, 2011) zweimal die FIFA-Club-WM gewinnen (2009, 2011) sowie erneut den spanischen Pokal nach Barcelona holen (2012).

Champions-League-Finale 2005/06

Finale am Mittwoch, 17. Mai 2006:

FC Barcelona - Arsenal 2:1 (0:1)

St. Denis, Paris, Stade de France, 77.500 Zuschauer, SR Hauge (NOR)

Torfolge: 0:1 Campbell (37.) 1:1 Eto’o (76.) 2:1 Belletti (80.)

Barcelona: Valdez - Oleguer (71./Belletti), Marquez, Puyol, Van Bronckhorst - Deco, Edmilson (46./Iniesta), Van Bommel (61./Larsson) - Guily, Eto’o, Ronaldinho

Arsenal: Lehmann - Eboue, Toure, Campbell, Cole - Pires (20./Almunia), Gilberto Silva, Fabregas (74./Flamini), Ljungberg, Hleb (85./Reyes) - Henry

Rote Karte: Lehmann (18./Notbremse)

Gelbe Karten: Oleguer, Larsson bzw. Eboue, Henry

Champions-League-Finale 2008/09

Finale am Mittwoch, 27. Mai 2009:

FC Barcelona - Manchester United 2:0 (1:0)

Rom, Stadio Olimpico, 67.000 Zuschauer, SR Busacca (SUI)

Torfolge: 1:0 Eto’o (10.9 2:0 Messi (70.)

Barcelona: Valdes - Puyol, Toure, Pique, Sylvinho - Xavi, Busquets, Iniesta (93./Rodriguez) - Messi, Eto’o, Henry (72./Keita)

Manchester United: Van der Sar - O’Shea, Ferdinand, Vidic, Evra - Park (66./Berbatow), Carrick, Anderson (46./Tevez), Giggs (75./Scholes) - Ronaldo, Rooney

Gelbe Karten: Pique bzw. Ronaldo, Scholes

Links: