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Suljovic am Sonntag im Einsatz

Mensur Suljovic ist als Nummer 21 der Weltrangliste nicht nur der beste österreichische Dartspieler, auch im deutschsprachigen Raum ist der 43-jährige Wiener mit dem klingenden Spitznamen „The Gentle“ die klare Nummer eins. Seinen Aufstieg in die Weltelite will Suljovic auch im kommenden Jahr fortsetzen - den ersten Schritt dazu will er bei der WM in London machen.

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Betritt man das unscheinbare Kaffeehaus „The Gentle“ im 20. Bezirk in Wien - ein frisch renoviertes, behaglich eingerichtetes Lokal - fällt es einem schwer zu glauben, dass man hier auf einen der besten Sportler der Welt treffen wird. Beim ersten Kennenlernen wird sofort klar, warum Suljovic seinen Spitznamen, den er auch seinem Lokal gegeben hat, trägt: Der Mann mit der stattlichen Statur spricht mit ruhiger, sonorer Stimme, macht einen ausgeglichenen und freundlichen Eindruck.

„‚The Gentle‘ passt zu mir, weil ich so nett bin“

„Ich muss zugeben, den Spitznamen habe ich mir nicht selbst ausgesucht. Eigentlich wollte ich ‚Jackpot‘ genannt werden, weil ich früher ein kleiner Zocker war“, erzählt der 43-Jährige, der derzeit auf Rang 21 der Weltrangliste aufscheint und damit der beste deutschsprachige Spieler ist, mit einem Augenzwinkern. „Ein Sponsor hat dann gemeint, ‚The Gentle‘ passt zu mir, weil ich immer so nett bin.“

Nicht nur charakterlich, sondern auch von seiner Spielweise her trägt Suljovic seinen Spitznamen wohl zu Recht: Der Wiener ist bekannt dafür, es beim Dartspiel eher gemächlich angehen zu lassen. Er nimmt sich für jeden Wurf viel Zeit, auch wenn er sich damit häufig bei seinen Kontrahenten und den Zuschauern unbeliebt macht. Manche unterstellen ihm gar Taktik, mit der er den Gegner vor dessen Wurf aus dem Konzept zu bringen versuche.

Mensur Suljovic

ORF.at/Dominique Hammer

„Wenn du dich nicht auf dein Spiel fokussierst, bist du sofort draußen“

„Das ist einfach meine Art, ich brauche das so. Ich sehe in dem Moment nichts anderes als die Scheibe“, versichert Suljovic mit ruhiger Stimme glaubhaft. „Früher wollte ich schneller spielen, war nervös wegen der Leute. Die Zuschauer schreien dann und schimpfen. Aber wenn du dich nicht auf dein Spiel fokussierst, bist du sofort draußen“, beschreibt er, wie er schließlich einen Weg gefunden hat, seine Konzentration auf einem konstant hohen Niveau zu halten.

„Jedes Training wird irgendwann einmal belohnt“

„Das Um und Auf sind Gefühl und Konzentration. Wenn man das nicht trainiert, auch mit einem Mentaltrainer, dann hat man keine Chance“, erklärt Suljovic. Dazu befragt, ob man auch ein hohes Maß an Talent braucht, um es ganz nach oben zu schaffen, muss er lachen: „Ich bin sicher kein Ausnahmetalent. Ich muss trainieren, trainieren, trainieren. Es gibt vielleicht zwei, drei Leute, die wirkliche Ausnahmetalente sind. Die trainieren aber auch alle wie wild, nur redet keiner darüber.“

Mensur Suljovic

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„Konzentration ist das Um und Auf“ - Suljovic demonstriert seine Technik

„Ich habe wirklich jahrelang viel und hart trainiert. Ich sage immer: Jedes Training wird irgendwann einmal belohnt“, sagt der 43-jährige Wiener, der auf eine gute WM hofft, in die er am Sonntagnachmittag einsteigt. Der junge Niederländer Jermaine Wattimena, Nummer 103 der Welt, ist sein Gegner um den Aufstieg in die Runde der besten 32. „Er ist ein guter Spieler. Es geht da wirklich um die Tagesverfassung – wenn ich mich gut fühle und gut spiele, dann glaube ich schon, dass ich gewinne“, zeigt sich Suljovic vorsichtig optimistisch.

Suljovics „Traum“ vom WM-Halbfinale

Hinter vorgehaltener Hand wird im Lokal „The Gentle“ mehr oder weniger ernsthaft mit einem Sensationseinzug ins Halbfinale geliebäugelt. Das Zeug zu einem solch weiten Vorstoß hat Suljovic zweifelsohne, die Weltspitze rückt immer enger zusammen und er immer weiter auf. Sein größter Trumpf im Kampf um eine Topplatzierung ist wohl seine Unbekümmertheit. „Ich habe nichts zu verlieren. Viele andere aber schon“, erklärt Suljovic schmunzelnd.

„Mein Ziel ist vor allem, gut zu spielen, dann kommen die Erfolge von allein“, sagt Suljovic wieder ernst. „Jeder würde gerne bis ins Halbfinale oder ins Finale kommen, aber das ist ein Traum, da muss wirklich alles zusammenpassen. Aber nach der ersten Runde ist alles eine offene Partie, da gibt es keine Favoriten.“

Top 16 haben „riesengroßen Vorteil“

Im Vorjahr ist er bereits zum Auftakt gescheitert. Wichtiger als sein Abschneiden bei der WM ist Suljovic aber ohnehin sein Aufstieg in der Weltrangliste, der ihn im kommenden Jahr zumindest in die Top 16 führen soll. Er hat ganz klare Vorstellungen: „Dann bist du zu allen Turnieren eingeladen und musst keine Qualifikationen mehr spielen, das ist ein riesengroßer Vorteil.“ Zumal er sich finanziell fast ausschließlich auf sich selbst und seine Familie verlassen kann.

Mensur Suljovic

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Von Turnieranreisen bis zu seinen Sportgeräten - Suljovic finanziert alles selbst

„Ich habe mir meine gesamte Laufbahn alleine finanziert. Jeder Flug, jedes Startgeld war ein riesengroßes Problem. Und wenn du dann ausscheidest, war alles umsonst“, betont Suljovic. Vom Dartsport zu leben ist in Österreich auch als Weltklassespieler nicht möglich. Vom Stellenwert, den die Sportart zum Beispiel in Großbritannien und den Niederlanden genießt, ist man hierzulande meilenweit entfernt.

Ein Superstar im Fast-Food-Restaurant

„Dort wird jedes Turnier im Fernsehen übertragen. Im jedem Pub läuft fast ununterbrochen Darts auf den Bildschirmen“, beschreibt der Wiener seine Eindrücke aus England. Erst im November, als er sich in einer Turnierpause in einem britischen Fast-Food-Lokal etwas zu essen kaufen wollte, hätten ihn die Leute fassungslos angestarrt, weil er als Superstar sich tatsächlich persönlich und ohne Bodyguards an der Kasse anstellte, erzählt er lachend.

Eine ähnliche Erfahrung machte Suljovic erst kürzlich auch in Wien - wenn auch mit etwas anderen Protagonisten. „Ich war vor ein paar Wochen in einem Vereinslokal eines Rapid-Fanclubs eingeladen, wo auch viele Fans von mir waren. Auch einige Rapid-Profis waren anwesend, da habe ich mit allen Darts gespielt. Die waren begeistert. Ein Spieler wollte sogar ein Foto mit mir, da habe ich gesagt: Nein, darf ich ein Foto mit dir machen?“

Linda Ellerich, ORF.at

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