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Erster Superstar der Springerszene

Am 15. März 1936, vor genau 80 Jahren, wurde auf der neu errichteten Großschanze Bloudkova Velikanka in Planica eine neue Ära im Skispringen eingeläutet. Als erster Mensch der Geschichte segelte Sepp „Buwi“ Bradl über die magische Grenze von 100 Metern. Mit 18 Jahren schrieb die ÖSV-Legende damit nicht nur Sportgeschichte, sondern kürte sich zudem zum ersten Superstar der Skisprungszene.

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Eigentlich hatte der Internationale Skiverband (FIS) bis zuletzt mit allen Mitteln versucht, eine Weitenjagd zu verhindern. Beim FIS-Kongress 1928 in St. Moritz kam man zur „einhelligen Auffassung“, dass beim Skispringen die Weitennote nicht über die Stilnote gehen dürfe. Aus Angst vor schweren Stürzen wurde zudem ein Weitenlimit von 80 Metern festgelegt. Auch in Planica wurden die Veranstalter noch einmal explizit zur Einhaltung der Wettkampfregeln aufgefordert.

Josef Bradl

picturedesk.com/Imagno

Bradl begab sich auf eine „gigantische Luftreise“

Und das, obwohl der Weltrekord mittlerweile bei 99 Metern lag und die Anlage in Planica von den Konstrukteuren eindeutig für Sprünge über die magische Grenze konzipiert war. Aus Protest verzichtete daraufhin die gesamte norwegische Mannschaft, darunter der frischgebackene Olympiasieger und Rekordhalter Birger Ruud, auf ein Antreten und überließ es Bradl, in Abwesenheit der damals besten Skispringer mit einem Sprung auf 101,5 Meter in Slowenien Geschichte zu schreiben.

„Die gigantische Luftreise“

„Man muss sich vor Augen halten, was es heißt, dass ein solcher Fantasiesprung möglich wurde“, schrieb die „Wiener Zeitung“ am nächsten Tag, „ein junger Mensch fliegt über 100 Meter durch die Luft. Die atemberaubende Geschwindigkeit und die unheimliche Steilheit der Absprungbahn haben den mutigen österreichischen Skispringer nicht gehindert, sich auf die gigantische Luftreise zu begeben, hinaus in den leeren Raum zu springen und erst 100 Meter (sic) wieder zu landen.“

Auch das „Sport-Tagblatt“ schwärmte, dass „das sensationelle Meeting der fliegenden Menschen auf der Riesenschanze von Planica auch die erwarteten sensationellen Leistungen gebracht hat. Der junge Bradl stand einen Sprung von 101 Meter Weite, eine schier unfassbare Leistung.“

Durchbruch nach Weltrekord

Geboren 1918 in Wasserburg am Inn in Bayern, übersiedelte Bradl bereits als Kleinkind nach Österreich und lebte bis zu seinem Tod im Jahr 1982 in Mühlbach am Hochkönig in Salzburg. Schon sehr früh entdeckte er seine Liebe für den nordischen Sport, was ihm auch seinen Spitznamen „Buwi“ eintrug. Nach seinem historischen Triumph in Planica verbesserte er seinen Weltrekord 1938 an gleicher Stelle noch einmal auf 107 Meter.

Im selben Jahr feierte Bradl zudem den Sieg beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen und kürte sich 1939 in Zakopane als Reichsdeutscher zum Weltmeister. Zum Massenphänomen in Österreich avancierte Bradl endgültig in den Nachkriegsjahren, als er 1947 mit Weiten an die 90 Meter die damalige Hochkönigschanze in Bischofshofen eröffnete und in dem mittlerweile nach ihm benannten Stadion 1951 seinen eigenen Rekord von 107 Metern einstellte.

Erste Vierschanzentournee im Zeichen Bradls

Bei den österreichischen Meisterschaften 1953 strömten sogar 70.000 Zuschauer auf den Semmering, um Bradl zum Titel fliegen zu sehen. Auch die erste Vierschanzentournee 1953 stand ganz im Zeichen Bradls. Mit drei zweiten Plätzen in Garmisch, Oberstdorf und Bischofshofen und einem Sieg auf dem Innsbrucker Bergisel ging er als erster Gesamtsieger in die Annalen der Skisprung-Geschichte ein.

1958 schlug der dreifache Olympiateilnehmer die Trainerlaufbahn ein. Der spätere Skiflug-Weltrekordler und Olympiamedaillengewinner Reinhold Bachler zählte zu seinen Musterschülern. Bradl starb 1982 im Alter von 64 Jahren. Heute erinnert ein Denkmal im Buwi-Bradl-Stadion an der Tourneeschanze in Bischofshofen an den legendären Springer.

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