Nullnummer gegen Schweiz reicht
Die Schweiz hat es geschafft und steht erstmals bei einer EM-Endrunde in der K.-o.-Phase. Vor 45.600 Zuschauern im Stade Pierre Mauroy von Lille genügte am Sonntag eine Nullnummer gegen Gastgeber Frankreich zum Aufstieg. „Les Bleus“ sicherten sich damit Platz eins und spielen nächsten Sonntag gegen einen Gruppendritten.
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Die Schweizer treffen als Zweiter bereits am Samstag auf den Zweiten der Deutschland-Gruppe C. Beide Mannschaften versuchten sich durchaus im Toreschießen, auch wenn die Franzosen dabei viel gefährlicher waren. Besonders Paul Pogba und Dimitri Payet taten sich hierbei hervor, scheiterten aber entweder an der Torumrahmung oder am Schweizer Goalie Yann Sommer.

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Dimitri Payet (l.) hatte ein Tor auf dem Fuß, scheiterte aber an der Latte
Auffällig an dem Spiel war auch, dass die Schweizer Trikots offenbar aus besonders dünnem Stoff gewebt waren, denn im Laufe der Partie mussten mindestens vier Schweizer Kicker ihre zerfetzten Dressen wechseln. Der Spielball ging außerdem kaputt.
Frankreich stellt um
Frankreich, das bereits fix für das Achtelfinale qualifiziert war, wechselte im Vergleich zur Startelf gegen Albanien sein Team auf fünf Positionen. Wieder zurück in die Anfangsformation kehrten Paul Pogba und Antoine Griezmann. Zudem spielt zum ersten Mal bei der Heim-EM Moussa Sissoko im Mittelfeld von Beginn an. Zu seinem ersten Einsatz im dritten Spiel der Franzosen kam mit Yohan Cabaye ein weiterer Mittelfeldspieler.
In der Spitze stand erstmals von Beginn an Andre-Pierre Gignac. Wie schon gegen Albanien war Kingsley Coman in der ersten Elf. Dafür verzichtete Didier Deschamps auf den zweifachen Torschützen Payet. Bei der Schweiz gab der 19-jährige Basel-Stürmer Breel Embolo sein Startelfdebüt bei der EM. Er spielte anstelle von „Chancentod“ Haris Seferovic, musste aber im Lauf der Partie erkennen, dass das Niveau bei einer EM noch einmal eine Stufe höher ist als in der Schweizer Liga.
Pogba schießt Sommer warm
Erste Aufregung dann bei einem Schuss von Pogba aus gut 20 Metern zentral aufs Tor, den Sommer aber über die Latte drehte (12.). Deshalb versuchte es der 23-jährige Juventus-Star eine knappe Minute später noch einmal. Doch wieder warf sich Sommer erfolgreich in den Schuss, der diesmal von links aufs rechte Eck ging. Auch mit seinem dritten Schuss, der in der 17. Minute folgte, war Pogba nahe an einem Tor dran. Diesmal sprang der Ball aber von der Latte zurück.

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Pogba (r.) und Sommer (l.) waren die Hauptdarsteller in der Anfangsphase
Das Spiel glich in dieser Phase stark dem Auftritt Österreichs am Vortag beim glücklichen und hart erkämpften 0:0 gegen Portugal. Frankreich ließ den Ball laufen, die Schweiz lief beiden hinterher und kam immer wieder in Bedrängnis. Immerhin konnten sich die Eidgenossen zwischendurch mit gezielt vorgetragenen Angriffen etwas Luft verschaffen. Beide Teams gingen ohne Zurückhaltung in die Zweikämpfe.
Gute Nachricht aus Lyon
Zum Zerreißen gespannt waren in diesem Match nur die Dressen der Schweizer, die vom selben Ausrüster wie jene des ÖFB-Teams stammen. Den Schweizer Kickern hingen ständig die Leiberln in Fetzen vom Leib. Offensichtlich waren die Franzosen mit letztem Einsatz am Werk. Während sich in Lille mittlerweile so etwas wie eine Pattstellung ergeben hatte, jubelte in Lyon Albanien in der 43. Minute über das erste Tor bei dieser Endrunde und die 1:0-Führung.

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Ob andere Teams den „Fetzen-Look“ der Schweizer übernehmen, ist offen
Ein Spielstand, der der Schweiz nach der Pause etwas Sicherheit geben konnte, mussten sie doch nicht fürchten, bei diesem Ergebnis von den Rumänen in der Tabelle überholt zu werden und vielleicht auf den dritten Platz abzurutschen. Die Teamchefs Deschamps und Vladimir Petkovic waren mit dem Gebotenen wohl zufrieden, sie ließen zumindest dieselben Spieler auf dem Feld wie vor der Pause.
Kaputter Ball, schlechter Rasen
Frankreich war auch weiterhin die gefährlichere, offensivere Mannschaft. Griezmann prüfte Schweiz-Schlussmann Sommer mit einem Weitschuss (57.). Deschamps wollte langsam, aber doch ein Tor sehen und brachte in der 63. Minute mit Payet einen Spezialisten dafür. Coman musste für den zweifachen Torschützen Platz machen.
Zwischendurch war zur Abwechslung kein Leiberl zerrissen worden, dafür aber der Ball kaputtgetreten. Kaputtgetreten war auch der Platz im Stade Pierre Mauroy, der vor dem Spiel angeblich mit Farbe behandelt worden war, um die vielen Löcher zu verdecken. Auch in anderen Stadien sind die Platzverhältnisse sehr zum Missfallen der Teams schlecht.
Payet volley an die Latte
Mussa Sissoko spielt nach einem Sololauf auf der rechten Seite eine Maßflanke auf Dimitri Payet, der zieht volley ab und hämmert den Ball an die Latte (76.).
Payet trifft nur die Latte
Aber der Platz war nicht daran schuld, dass beide Teams nicht mehr an ihre Grenzen gingen. Höhepunkte gab es keine, bis es wieder einmal Payet war, der mit einem volley übernommenen Kracher an die Latte (76.) das Publikum aufschreckte. Es wäre bereits sein dritter Turniertreffer gewesen. Ein Tor fiel aber nicht mehr, und beide Teams hatten ihr Ziel, den Aufstieg, damit erreicht. Und in Lyon feierten die Albaner ihren ersten Sieg bei einem Großereignis und dürfen als Gruppendritter mit drei Zählern noch auf den möglich Einzug ins Achtelfinale hoffen.
Martin Wagner, ORF.at
Stimmen zum Spiel:
Yann Sommer (Tormann Schweiz, „Man of the Match“): „Wir freuen uns riesig, dass wir das Achtelfinale erreicht haben. Das ist toll für die ganze Schweiz, das war unser großes Ziel. Vielleicht wäre heute mehr möglich gewesen, aber das gilt auch für Frankreich. Im Großen und Ganzen sind wir sehr, sehr zufrieden.“
Vladimir Petkovic (Trainer Schweiz): „Wir haben gezeigt, dass wir Fußball spielen wollen, dass wir auch gegen starke Gegner mithalten können. Vielleicht fehlt noch etwas, aber wir haben noch Zeit, das zu verbessern.“
Granit Xhaka (Mittelfeld Schweiz): „Man hat gesehen, dass die Gruppe nicht so leicht war. Es war eine großartige Mannschaftsleistung. Wir haben endlich zeigen können, dass wir auch gegen die Großen spielen können. Wir sind füreinander gelaufen, auch wenn wir auf den letzten Metern konsequenter hätten sein müssen.“
Didier Deschamps (Trainer Frankreich): „Wir hatten gute Chancen, zwar nur an die Latte. Aber das war auch ein guter Gegner, der uns gegenüberstand. Unser Ziel war, Platz eins zu sichern, das haben wir erreicht. Jeder, die Spieler und ich, erhofft sich, dass wir das Spiel wirklich dominieren. Ich bin nicht blind, ich merke, dass wir uns steigern müssen. Aber wir haben jetzt eine Woche Zeit.“
EM, Gruppe A, dritter Spieltag
Sonntag:
Schweiz - Frankreich 0:0
Lille, Stade Pierre Mauroy, 45.600 Zuschauer, SR Skomina (SLO)
Schweiz: Sommer - Lichtsteiner, Schär, Djourou, Rodriguez - Behrami, G. Xhaka - Shaqiri (79./Fernandes), Dzemaili, Mehmedi (86./Lang) - Embolo (74./Seferovic)
Frankreich: Lloris - Sagna, Rami, Koscielny, Evra - Sissoko, Cabaye, Pogba - Coman (63./Payet), Gignac, Griezman (77./Matuidi)
Gelbe Karten: keine bzw. Rami, Koscielny
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