Mit „Schwanensee“ ins Finale
Das Wort „synchron“ kommt aus dem Griechischen und bedeudet laut Duden „gleichzeitig“. Mit Anna-Maria und Eirini-Marina Alexandri sind es auch zwei gebürtige Griechinnen, die bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro für Österreich im Synchronschwimmen im Becken tanzen. Bei ihrer Olympiapremiere wollen die 18-jährigen Schwestern an die erfolgreichen Europaspiele 2015 in Baku anknüpfen.
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Die Alexandri-Schwestern, das sind eigentlich drei. Denn neben Anna-Maria und Eirini-Marina gehört auch Vasiliki-Pagona zu den schwimmenden Drillingen. 2012 wechselten die Schwestern, die in Griechenland bereits in Jugend-Nationalteams aufzeigten, aus pragmatischen Gründen ins Leistungszentrum Südstadt. „Wir konnten in Griechenland Schule und Sport nicht kombinieren“, so Eirini im Gespräch mit ORF.at, „wir haben daher sehr viel Schulzeit verpasst.“ Seit 2014 sind die Schwestern auch Österreicherinnen.
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Unzertrennlich (v. l.): Eirini-Marina, Anna-Maria und Vasiliki-Pagona Alexandri
Anna-Maria und Eirini qualifizierten sich im Vorjahr beim Testbewerb in Rio de Janeiro souverän für die Spiele ein Jahr später. Vasiliki ist die offizielle Ersatzfrau. Das olympische Programm will es so. Drei sind für das Duett eine zu viel, für den Team-Bewerb aber fünf zu wenig. Neid gibt es deshalb keinen. „Dass nur zwei von uns starten dürfen, bringt keine Unruhe in die Familie. Wir haben von klein auf gewusst, dass nur zwei antreten dürfen. Sicher bin ich etwas traurig, Olympia ist der Traum eines jeden Sportlers. Aber es reicht, dass zwei von uns hinfliegen“, so Vasiliki.
„Platz zehn oder elf wäre schön“
Nach dem Rücktritt der zweifachen Olympiateilnehmerin Nadine Brandl sind die Alexandris die uneingeschränkte Nummer eins im heimischen Synchronschwimmen. Mit der Silbermedaille bei den Europaspielen im Vorjahr in Aserbaidschan zeigten die Schwestern, dass sie auf dem Weg zur Weltspitze sind. Die Ziele für Rio sind hoch gesteckt. „Wir wollen auf alle Fälle ins Finale kommen, und wenn wir ins Finale kommen, dann hoffen wir auf eine gute Platzierung. So Platz zehn oder elf wäre schön“, sagt Anna-Maria, „es gibt schon einen Druck von uns selbst.“
Die Alexandris sind bei ihrer olympischen Premiere mit 18 Jahren - neben Lagenschwimmerin Lena Kreundl - nicht nur die Küken im österreichischen Aufgebot, sondern auch die jüngsten Teilnehmerinnen im Duett. Kein Wunder, dass ein gewisses Kribbeln das Training begleitet. „Wir wollen uns keinen Stress machen. Wir sagen uns, Olympia ist wie eine Weltmeisterschaft, nur ein bisschen mehr. Es sind die besten Leute am Start, daher muss man auch seine beste Leistung zeigen“, sagt Eirini und versucht, trotzdem einen kühlen Kopf zu bewahren.
Beweglichkeit, Akrobatik, Kraft und Ausdauer
Begonnen hat die sportliche Reise der Drillinge vor rund 15 Jahren in Griechenland. Mit dreieinhalb Jahren lernten die Schwestern schwimmen. Aus Sicht von Drillingseltern ein Muss. „Es wäre sonst in Griechenland im Meer für unsere Eltern schwer gewesen“, so „Ersatzschwester“ Vasiliki. Schnell entdeckten die Mädchen auch die Liebe zum Synchronschwimmen. „Es hat uns das Tanzen im Wasser gefallen, am Anfang aber natürlich auch die Badeanzüge“, erinnert sich Eirini an die Anfänge.
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Synchronschwimmen oder die Kombination von Kunst und Spitzensport
Neben Tanz und Badeanzügen ist es aber vor allem die Vielseitigkeit, die man als Synchronschwimmerin haben muss, die die Schwestern fasziniert. „Im Synchronschwimmen braucht man alles, Beweglichkeit, Akrobatik, Kraft und Ausdauer“, sagt Eirini. Anna-Maria fügt hinzu: „Es ist auch spannend, dass zwei Personen zusammenarbeiten müssen.“ Als Geschwister hat man es in diesem Punkt sogar noch leichter. „Wenn wir uns gegenseitig auf Fehler aufmerksam machen, dann weiß die eine, was die andere gemeint hat. Es gibt weniger Missverständnisse“, erklärt Vasiliki.
Ausstrahlung noch ausbaufähig
Das blinde Verständnis im Wasser muss trotzdem hart erarbeitet werden. Sieben Stunden pro Tag verbringen die Drillinge im Wasser. Dort wird nicht nur an der Technik, sondern auch am Ausdruck, an dem, was der Laie manchmal abfällig als „Dauergrinsen“ bezeichnet, gefeilt. „Unsere Ausstrahlung müssen wir noch etwas verstärken. Wir lachen im Training einfach so, wie im Wettkampf, um es zu trainieren“, so Eirini mit einem breiten Lächeln, „es ist auch eine mentale Sache. Man muss sich einreden, dass man nicht müde ist, dass man Kraft hat.“
Funktionieren Kopf und Körper synchron, dann kann das auch der ungeübte Zuschauer, der mit Synchronschwimmen sonst nicht viel anfangen kann, erkennen. „Man erkennt es sofort, etwa an der Explosivität, Athletik oder Technik. Auch wie lange man unter Wasser ist und wie schwer die Choreographie ist, kann man erkennen“, so Anna-Maria. Von der Choreographie der beiden Österreicherinnen kann man sich in Rio überzeugen. Dann springen Anna-Maria und Eirini wie schon bei ihrer Silbernen bei den Europaspielen vor einem Jahr zur Musik von Pjotr Iljitsch Tschaikowskis „Schwanensee“ ins olympische Becken.
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Selbst zu Interviews treten die Schwestern immer gemeinsam an
Unfairer Usus als Motivation
Mit einer ähnlichen Leistung wie bei der diesjährigen EM in London, wo Anna-Maria und Eirini in der freien und technischen Kür jeweils Platz fünf belegten, wollen die Alexandris in Rio de Janeiro den Grundstein für ihr langfristiges Ziel legen. Auf die Frage danach antworten die Drillinge unisono: „Eine Medaille, egal welche Farbe.“ In Rio bleibt Edelmetall wohl nur ein Traum, selbst wenn das mit der vierfachen russischen Olympiasiegerin Anastasia Jermakowa und Trainerin Albena Mladenowa entwickelte Wettkampfprogramm die Punkterichter aus den Schuhen haut.
Der Weg auf das Podest ist im Synchronschwimmen lang. Starterinnen aus „kleinen“ Nationen wie Österreich haben es im Vergleich mit den Branchenköniginnen aus Russland, Spanien und China doppelt schwer. „Es wird noch sehr das Land bewertet und die Tradition, die es hat, und nicht immer das, was man im Wasser macht“, erklärt Anna-Maria. Für die Alexandris ist der unfaire Usus jedoch Motivation: „Dass wir es als Österreicherinnen schwerer haben, ist sogar besser für uns, weil wir so das Gefühl haben, wir schaffen noch etwas Größeres als die anderen.“
Karl Huber, ORF.at
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