Viele Wünsche bleiben offen
Mit der Eröffnung des olympischen Dorfes in Rio de Janeiro hat es am Sonntag den ersten Eklat gegeben. Mehrere Delegationen äußerten heftige Kritik an der Ausstattung der Unterkünfte, die Australier weigerten sich gar einzuziehen. Die Österreicher halfen sich selbst und brachten die Räumlichkeiten, wie andere Nationen auch, in Eigenregie auf Vordermann.
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Die Mängelliste liest sich recht dramatisch, angesichts der Tatsache, dass in wenigen Tagen hier Tausende Olympiastarter wohnen sollen. „Blockierte Toiletten, undichte Rohre, freiliegende Stromkabel und dunkle Treppenaufgänge, wo kein Licht installiert wurde, verdreckte Böden, die eine intensive Reinigung erfordern“, listete Australiens Delegationschefin Kitty Chiller auf.
Österreich repariert in Eigenregie
ÖOC-Delegationsleiter Christoph Sieber erklärte, dass man Mängel in der Unterkunft selbst beseitigt habe. Eingezogen sind am Sonntag von den österreichischen Sportlern die Wildwasserkanuten Corinna Kuhnle und Mario Leitner sowie die Schützen Olivia Hofmann, Thomas Mathis, Gernot Rumpler und Alexander Schmirl.
Athletendorf öffnet die Pforten
Am Sonntag wurde das olympische Dorf in Rio offiziell eröffnet. Trotz der Probleme mit Elektrizität und Kanalisation bezogen die ersten Athleten schon ihre Zimmer.
„Ein Arbeitstrupp aus dem Österreich-Haus konnte in den letzten Tagen vorhandene technische Mängel wie Abwasserleitungen, Klospülungen etc. entsprechend beheben. Derzeit haben wir alles im Griff, und die sportliche Vorbereitung auf die Spiele läuft für unsere ersten sechs Athleten derweil nach Plan“, entwarnte Sieber. Laut Medienberichten hätten auch die USA, Niederlande, Italien und Brasilien aus eigener Tasche zusätzliche Spezialtrupps bezahlt.
„Unbewohnbar“ laut Australiern
Dagegen beharrte die australische Delegation darauf, dass viele Apartments „unbewohnbar“ seien. Vor der Eröffnung hatten die Australier ihre Quartiere einem „Stresstest“ unterzogen. „Der ist schiefgegangen“, sagt Chiller. Wasserhähne und Toilettenspülungen wurden auf mehreren Etagen gleichzeitig bedient. „Wasser kam Wände herunter, es gab einen starken Geruch von Gas in einigen Wohnungen und es gab einen Kurzschluss.“ Man sei gezwungen, vorerst mit den bereits angereisten Mitgliedern der Delegation in Hotels zu wohnen. „Das Dorf sei weder sicher noch fertig.“
Für das Organisationskomitee (OK) der ersten Olympischen Spiele in Südamerika ist das ein bisschen peinlich. Zerknirscht räumte das OK ein: Ja, es gebe Mängel. „Doch Arbeiter werden 24 Stunden am Tag arbeiten, bis die Probleme gelöst sind.“ Bis zu 500 Personen sollen das Dorf olympiafit machen. Sportler, Trainer und Betreuer, für welche die noch nicht bewohnbaren Komplexe vorgesehen waren, sollen vorerst in funktionierenden Apartments der aus 31 Hochhäusern bestehenden Anlage untergebracht werden.
Olympiadorf als umstrittenes Projekt
Jedenfalls war das olympische Dorf schon seit Planungsbeginn ein umstrittenes Projekt. Gebaut wurde die Anlage „Ilha Pura“ („Reine Insel“) von dem Milliardär Carlos Carvalho, zusammen mit dem im Fokus eines landesweiten Korruptionsskandals stehenden Baukonzern Odebrecht. Es stellt sich die Frage, ob hier bei Bau und Inneneinrichtung gepfuscht worden ist. Seit dem Einsturz eines für Olympia gebauten neuen Küstenradwegs, bei dem zwei Männer starben, ist das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Olympiabauten in Rio stark gesunken.
Erst seit einigen Monaten ist das OK für die Anlage zuständig. Die Außenbereiche mit den Swimmingpools, Grillplätzen und Radwegen sind schick, aber die karge Einrichtung bei den Sportlern lässt fast alle Wünsche offen. Die für die Ausstattung verantwortlichen Organisatoren stehen wegen der tiefen Rezession in Brasilien und einem engen Budget unter enormem Spardruck.
Billigbetten und Plastikschränke
Wohnungen sind mit Billigbetten und Plastikkleiderschränken ausgestattet. Erst nach den Spielen soll das Interieur aufgemöbelt werden. Die Bauherren übernehmen dann wieder das Kommando und werden wohl versuchen, mit dem Verkauf großen Gewinn zu machen. 2012 spendete Carvalho 650.000 Reais (180.000 Euro) für die Wiederwahlkampagne von Bürgermeister Eduardo Paes und seiner Partei. Die Bauvorschriften im Olympiadorf seien so geändert worden, dass Calvalho 17 Stockwerke hoch bauen durfte - weit höher als in der Umgebung, kritisiert der Anwalt für Immobilienrecht, Jean Carlos Novaes.
Paes wies die Vorwürfe zurück. Aber lassen sich so große Mängel in so kurzer Zeit noch beheben? Zu Spitzenzeiten werden im olympischen Dorf rund 18.000 Menschen wohnen. Paes gab sich optimistisch und versprach, dass alles rechtzeitig geregelt werde. „Wir wollen, dass sich alle hier wie zu Hause fühlen.“
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