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„Fußball auf die Weltkarte gebracht“

Johan Cruyff ist am 24. März im Alter von 68 Jahren in Barcelona seiner Krebserkrankung erlegen. Cruyff prägte den niederländischen „Totaalvoetbal“ - den „totalen Fußball“ - der 1970er Jahre und galt auch als Schmied des ersten „Dream-Teams“ des FC Barcelona Anfang der 1990er Jahre.

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Der Superstar verstarb laut seiner Stiftung „nach einem harten Kampf mit dem Krebs“ im Kreise seiner Familie in Barcelona, wo er sowohl als Spieler als auch als Trainer für Furore sorgte. Als einer der Ersten würdigte der damals offiziell noch amtierende Präsident der Europäischen Fußballunion (UEFA), Michel Platini, den Verstorbenen. „Er war der beste Spieler aller Zeiten“, so der Franzose, „ich habe einen Freund verloren, die Welt hat einen großen Mann verloren. Ich bewunderte ihn, er war ein außergewöhnlicher Spieler.“

„Die Niederlande haben ein Gesicht in der Welt verloren. Er hat unseren Fußball auf die Weltkarte gebracht“, kommentierte Ruud Gullit, der die Niederlande 1988 zum EM-Titel geführt hatte, die Nachricht im niederländischen „Telegraaf“. „Worte können den Verlust, den wir fühlen, nicht beschreiben“, hieß es beim niederländischen Fußballverband. Der deutsche Rekordnationalspieler Lothar Matthäus bezeichnete Cruyff als „einen Mann, der den Fußball transformiert“ habe.

Bittere WM-Niederlage 1974

Cruyff war im vergangenen Jahrhundert einer der besten Fußballer der Welt. Eine seiner schwersten Niederlagen erlebte der geniale Spielmacher am 7. Juli 1974 im WM-Finale in München. Mit spektakulärem Offensivfußball waren die von Rinus Michels, Cruyffs Entdecker bei Ajax Amsterdam, betreuten Niederländer ins WM-Finale eingezogen. Dort ging die „Elftal“ durch einen Elfmeter, den der Superstar herausgeholt hatte, auch 1:0 in Führung.

Doch dann wurde Cruyff, der Spieler des Turniers, von den Deutschen neutralisiert, und die Gastgeber gewannen mit 2:1. „Johan war der bessere Spieler, aber ich bin Weltmeister“, sagte der damalige deutsche Kapitän Franz Beckenbauer. In 48 Länderspielen für die „Elftal“ erzielte Cruyff 33 Tore.

Fußball WM 1974 in Deutschland

picturedesk.com/dpa/Schnoerrer

Im WM-Finale 1974 trafen Cruyff (M.) und Beckenbauer (l.) aufeinander

Somit war eine einmalige Gelegenheit für Cruyff vergeben, denn 1978 in Argentinien war er nicht mehr dabei. Nicht einmal der legendäre Wiener Erfolgstrainer Ernst Happel vermochte den Star zu einer Rückkehr ins „Oranje“-Team zu überreden, das 1978 im WM-Finale erneut an den Gastgebern (1:3 n. V.) scheiterte. Sein letztes von 48 Länderspielen bestritt Cruyff am 26. Oktober 1977 beim 1:0 gegen Belgien.

Pokale pflastern seinen Weg

Mit Ajax Amsterdam gewann Cruyff von 1971 bis 1973 dreimal in Folge den Europacup der Landesmeister. Der am 25. April 1947 in Amsterdam geborene Cruyff wurde 1971, 1973 und 1974 zudem zu Europas Fußballer des Jahres gekürt. Sein Transfer von Ajax zum FC Barcelona 1973 um rund zwei Millionen Euro war damals der teuerste Wechsel der Geschichte. Cruyff hatte sich bewusst für Barcelona und gegen Real Madrid entschieden, um nicht mit dem damaligen spanischen Diktator Franco assoziiert zu werden.

Mit Barcelona gewann er die spanische Meisterschaft (1974) - der erste Barca-Titel seit 14 Jahren - und den spanischen Cup (1978), ehe er in den USA die Los Angeles Aztecs und Washington Diplomats verstärkte und anschließend in die Niederlande zu Ajax zurückkehrte. Mit 37 Jahren holte er noch mit Feyenoord Rotterdam das Double (1984).

Begründer der „Ajax-Schule“

Danach wechselte er ins Trainergeschäft, gewann 1987 mit Ajax den Europacup der Cupsieger. Schon damals entwickelte er jenen taktischen Ansatz, der noch heute als „Ajax-Schule“ gilt und auf einem 4-3-3-System mit schnellen und vor allem technisch starken Spielern beruht. Von dieser Grundordnung ausgehend forcierte Cruyff hohen Ballbesitz und konsequenten Angriffsfußball.

Zu seinen zahlreichen Bewunderern und Schülern zählt auch Starcoach Josep Guardiola. Der Katalane bezeichnete seinen früheren Mentor mehrmals als wichtigsten Ratgeber während seiner Spielerkarriere, zudem nannte er ihn den erfolgreichsten Barca-Trainer der Geschichte. „Cruyff hat eine Kathedrale errichtet. Wir haben sie nur instand gehalten“, sagte Guardiola einmal.

Auch als Trainer des FC Barcelona prägte Cruyff eine Ära. So führte der Niederländer die Katalanen mit Spielern wie Guardiola, Hristo Stoitschkow, Ronald Koeman und Romario 1992 zum Meistercup-Triumph. Von 2009 bis 2013 war Cruyff Teamchef der Auswahl Kataloniens. Sein Sohn Jordi spielte später ebenfalls beim FC Barcelona und in der niederländischen Nationalmannschaft.

Letztes Spiel verloren

Cruyff hatte 2015 eine Lungenkrebserkrankung öffentlich gemacht und wenig später mit einer Chemotherapie begonnen. Bis Anfang der 1990er Jahre war er ein starker Raucher gewesen. Nach einer Herzoperation entsagte er 1991 dem Tabak. „Ich habe das Gefühl, mit 2:0 in der ersten Halbzeit eines Spiels vorne zu liegen, das noch nicht zu Ende ist“, schrieb er noch Mitte Februar zu seiner Erkrankung. „Aber ich bin mir sicher, dass ich es gewinnen werde.“ Wenige Wochen später verlor Cruyff aber den Kampf gegen die Krankheit.

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