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Erste Tat: Zehn Namen für Teamchefliste

Just als Präsident Leo Windtner am Samstag den Wechsel an der sportlichen Spitze des Österreichischen Fußballbundes (ÖFB) verkündet hat, sind in Wien zur Mittagszeit die Sirenen im Rahmen der allgemeinen Zivilschutzübung angegangen. Die Entscheidung des ÖFB-Präsidiums, Willi Ruttensteiner nach 18 Jahren als Sportdirektor abzusetzen und Peter Schöttel zu seinem Nachfolger zu machen, war unmittelbar davor gefallen.

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Der 63-fache ÖFB-Internationale und ehemalige Spieler, Trainer und Sportdirektor des SK Rapid wird sein Amt am Dienstag antreten. Zur abschließenden WM-Qualifikationspartie am Montag in Moldawien, dem letzten Spiel der Österreicher unter Teamchef Marcel Koller, wird Ruttensteiner nicht mehr mitfliegen. Nachfolger Schöttel wiederum verbringt die nächsten Tage noch als Cheftrainer der ÖFB-U19, ehe er sich an die Suche nach einem Nachfolger für Koller macht. Bis 30. Oktober soll der neue Headcoach feststehen.

ÖFB-Präsident Leo Windtner und neuer Sportdirektor Peter Schöttel

GEPA/Christian Ort

ÖFB-Boss Windtner präsentierte Schöttel als neuen Sportdirektor

Allein diese zeitliche Abfolge in der Bestellung Schöttels macht deutlich, unter welchen Rahmenbedingungen sie zustande kam. Kommunikationstechnisch hatte sich der ÖFB in den letzten Wochen und Monaten in ein Dilemma manövriert. Zu viele Indiskretionen und Wortspenden seitens der Landespräsidenten hatten Kollers und Ruttensteiners Abschied begleitet. „Nun gibt es eine Entscheidung, die von allen mitgetragen wird“, sagte Windtner und war damit um Schadensbegrenzug bemüht. Gelungen ist ihm das nicht wirklich.

Taskforce prüfte „eine Vielzahl von Optionen“

Denn der Umstand, dass Schöttel, der von Windtner vor zehn Tagen erstmals in der Causa Sportdirektor kontaktiert worden war, in dieser Zeit neben seiner U19-Teamcheftätigkeit logischerweise noch kein detailliertes Konzept vorlegen konnte, ist wohl mehr als ein Schönheitsfehler. Von einer Taskforce, der neben Windtner die ÖFB-Direktoren Bernhard Neuhold und Thomas Hollerer sowie Bundesliga-Vizevorstand Markus Kraetschmer angehörten, war in den letzten drei Wochen „eine Vielzahl von Optionen aus dem In- und Ausland“, so Windtner, evaluiert worden.

Peter Schöttel neuer Sportdirektor

Die Tage von Willi Ruttensteiner als ÖFB-Sportdirektor sind gezählt. Der 54-Jährige wird mit 10. Oktober von Peter Schöttel abgelöst.

Letztlich blieben Schöttel und Ruttensteiner übrig. Ersterer setzte sich in der Abstimmung des Präsidiums durch. Ruttensteiner wurde von Windtner mit „großem Dank“ medial verabschiedet. Kommunikationsprobleme zwischen den Landespräsidenten und Ruttensteiner waren ein Grund für die Ablöse des Oberösterreichers. Ein anderer war, dass die vom Sportdirektor noch am Samstag im „Hearing“ vorgelegte Analyse der sportlichen Talfahrt des Teams seit der EM 2016 laut Windtner zu spät kam. Einige Punkte wären gleich nach der EM aufzuarbeiten gewesen, was versäumt worden sei.

Österreicher als Teamchef als bevorzugte Lösung

Damit war das Ende für Ruttensteiner, der in den letzten zwei Jahrzehnten zahlreiche Erfolge im Nachwuchsbereich, Frauenfußball und beim Männer-Team vorzuweisen hatte, besiegelt. „Neuanfang“ war das Wort, das bei der Präsidiumssitzung laut Windtner oft gefallen ist. Schöttel soll nun in den nächsten Wochen eine Liste mit zehn Namen erstellen, die für den Teamchefposten in Frage kommen. Diese Liste wird der neue Sportdirektor dann der erwähnten Taskforce vorlegen und mit ihr den geeigneten Kandidaten ermitteln. Abgesegnet wird der Vorschlag dann vom Präsidium. Am 30. Oktober soll spätestens alles geklärt sein.

Für Schöttel ist ein Österreicher als Teamchef die beste Lösung. Ausschließen will der 50-Jährige einen Ausländer aber nicht. Der finanzielle Rahmen ist vom ÖFB vorgegeben. Bei der Suche nach einem Sportdirektor waren ausländischen Optionen laut Windtner an den finanziellen Forderungen gescheitert. „Überrascht“ war Schöttel laut eigenen Angaben vom Jobangebot. Für geeignet hält er sich allemal. „Ich habe im Fußball in allen möglichen Funktionen vieles erlebt“, so der neue Sportliche Leiter, der im Gegensatz zu Ruttensteiner künftig nicht ständig beim Team anwesend sein soll und dem der neue Teamchef nicht mehr direkt unterstellt ist.

ÖFB-Teamchef Marcel Koller und Sportdirektor Willi Ruttensteiner

GEPA/Christian Ort

Koller und Ruttensteiner müssen gemeinsam gehen

Anknüpfen an Ruttensteiners Arbeit

Schöttel wird laut Windtner ein „Supervisor“ sein. Außerdem ist für Schöttel - im Gegensatz zu Ruttensteiner - nicht der Posten als oberster ÖFB-Trainerausbildner vorgesehen. Ein eigener A-Team-Manager, wie es ihn in Deutschland mit Oliver Bierhoff noch gibt, sei ebenso nicht infrage gekommen wie eine Variante mit Ruttensteiner in einer weniger verantwortungsvollen Rolle im ÖFB. Als Rückkehr zur „Freunderlwirtschaft“ im ÖFB will Schöttel seine Bestellung keinesfalls verstanden wissen. „Ich wüsste nicht, mit wem ich verhabert bin. Die meisten Landespräsidenten habe ich erst heute kennengelernt. Wieso glauben wir, dass in Österreich alle verhabert sind und in anderen Ländern nicht?“, so Schöttel.

„Was Willi aufgebaut hat, war und ist sehr erfolgreich“, sagte Schöttel über seinen Vorgänger Ruttensteiner. „Er hat Struktur in den ÖFB gebracht. Und an seine Arbeit werde ich auch anknüpfen.“ Des Eindrucks, dass der ÖFB den langjährigen Nationalspieler ins kalte Wasser wirft, konnte man sich trotzdem nicht erwehren. Er sei in seiner Funktion als U19-Teamchef schon sehr glücklich gewesen, sagte Schöttel am Samstag. Nun muss er sich bei der Suche nach Kollers Nachfolger erstmals als ÖFB-Sportdirektor beweisen. Die Latte liegt in jeder Hinsicht sehr hoch. „Österreichs Fußball soll den nächsten Schritt machen“, sagte Schöttel zum Start.

Steckbrief Peter Schöttel (50 Jahre)

Geboren: 26. März 1967 in Wien

Spielerkarriere:

3 x Meister mit Rapid (1987, 1988, 1996)
2 x ÖFB-Cup-Sieger mit Rapid (1987, 1995)
2 x ÖFB-Supercup-Sieger mit Rapid (1987, 1988)
Finalist im Europacup der Cupsieger mit Rapid (1995/96)
Ligaspiele/-tore: 436/4
Cupspiele/-tore: 39/0
Europacup-Spiele/-Tore: 49/2
Rapid-Kapitän (1997 bis 2001)
Rapid-Team des Jahrhunderts (1999)
Länderspiele: 63 (1988 bis 2002)
WM-Teilnahmen: 2 (1990, 1998)

Trainer- bzw. Funktionärskarriere:

Trainer Rapid-Amateure (2001 bis 2002)
Sportdirektor Rapid-Profis (2003 bis 2006, Meister und Champions-League-Teilnahme 2005)
Trainer Wiener Sportklub (2007/08 - Ostliga)
Sportdirektor Vienna (2009 - Ostliga)
Trainer, Sportdirektor Wr. Neustadt (Dezember 2009 bis Mai 2011)
Trainer SK Rapid (Juni 2011 bis April 2013)
Trainer SV Grödig (Juni 2015 bis Mai 2016)
Trainer ÖFB-U19-Team und Leiter LAZ Ost (1. Juni 2017 bis 9. Oktober 2017)
ÖFB-Sportdirektor (ab 10. Oktober 2017)

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