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Geburtstag in unruhigen Zeiten

Er war dreimal Wimbledon-Sieger, die Nummer eins der Tenniswelt und ist eine der größten deutschen Sportlegenden. In den Schlagzeilen steht er auch aufgrund seines Privatlebens und zuletzt wegen seiner finanziellen Situation. In bewegenden Zeiten feiert Boris Becker - knapp sechs Wochen nach Österreichs Tennislegende Thomas Muster - seinen 50. Geburtstag.

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Dabei tritt nicht zum ersten Mal all das Widersprüchliche, Nichtgreifbare, im wahrsten Sinne des Wortes Unfassbare in seiner Biografie zutage. Becker faszinierte mit seinem mitreißenden Spiel, seinen Hechtrollen am Netz, seinen blutigen Knien und seiner Rivalität mit John McEnroe und Co. Er irritierte aber auch mit der „Besenkammer-Affäre“, aus der ein uneheliches Kind hervorging, und peinlichen TV-Auftritten mit einer Fliegenklatsche am Kopf.

Für Jahre „der 17-jährige Leimener“

„Seit über 30 Jahren lebe ich öffentlich. Dafür zahlt man einen Preis“, sagte Becker in der 90-minütigen ARD-Dokumentation „Boris Becker - Der Spieler“. „Wenn ich zurückblicke auf mein Leben, das macht man, glaube ich, zum ersten Mal mit 50 als Mann, dann habe ich mehr richtig gemacht als falsch“, sagt Becker. Am 7. Juli 1985 verzauberte er im Alter von 17 Jahren die Tenniswelt mit seinem ersten Wimbledon-Titel. Und viele Jahre wird Becker einfach nur „der 17-jährige Leimener“ bleiben, vereinnahmen lassen wollte er sich aber nicht.

Boris Becker jubelt beim Wimbledon-Turnier 1982

AP/Bob Dear

Mit 17 Jahren machte sich Becker mit seinem Sieg in Wimbledon unsterblich

1986 und 1989 siegte er erneut auf dem „heiligen Rasen“. Während seiner Karriere feierte er 49 Turniersiege, sechs Grand-Slam-Titel (dreimal Wimbledon, zweimal Australian Open und einmal US Open), und kletterte am 28. Jänner 1991 auf Platz eins der Weltrangliste. 1988 und 1989 gewann Becker den Davis-Cup für Deutschland. Doch nach dem Ende seiner Karriere folgten von der Öffentlichkeit ausgeschlachtete Affären im Privatleben. „Jeden Fehler, den ich gemacht habe, bereue ich. Aber wer ist fehlerlos?“, sagte Becker der Zeitschrift „Gala“.

Wohnsitz nach London verlegt

Die Frage, wie er seinen „Runden“ feiern wolle und ob diese Zahl eine besondere Bedeutung habe, geht Becker zu weit. „Bis jetzt war die Fragerunde sympathisch, jetzt erinnern Sie mich daran, dass ich älter werde. Das ist ein privates Thema, das ich nicht öffentlich besprechen möchte“, sagte Becker schmunzelnd vor Kurzem bei einem Podiumsgespräch.

Boris Becker bei einem Hechtsprung richtung Ball

AP/John Redman

Becker begeisterte mit seinem mitreißenden Spiel und seinen Hechtrollen

Mit leichter Verspätung direkt aus seiner Wahlheimat London gekommen, wo dieses Jahr sogar eine der beiden Masters-Gruppen nach ihm benannt war, referierte Becker über die Situation im deutschen Herrentennis, lobte Jungstar Alexander Zverev und betonte wieder einmal, dass sein neuer Job im deutschen Verband für ihn „eine Herzensangelegenheit“ sei. Fragen nach seinem Privatleben oder seiner finanziellen Situation waren nicht gestattet.

Rätselraten über finanzielle Situation

Einen Sommer lang gab einer der größten Sportler, die es in Deutschland je gegeben hat, der Öffentlichkeit Rätsel auf. Was ist dran an den Berichten, dass er pleite sei? Erwägt er ernsthaft, an der britischen Version des Dschungelcamps teilzunehmen? Pokert er beim Wohltätigkeitsturnier im King’s Casino im tschechischen Rozvadov tatsächlich nur für einen guten Zweck? Seit dem Sommer 2017 sorgen Meldungen über Beckers finanzielle Situation für Schlagzeilen.

Boris Becker bei seiner Präsentation als DTB-Funktionär

APA/AFP/Daniel Roland

Beim Deutschen Tennis Bund übernahm Becker zuletzt eine hohe Funktion

In der Illustrierten „Gala“ plauderte er über seine Ehe, seine Kinder, seine Gesundheit und die Beziehung zu Deutschland. Unter anderem konstatiert er: „Ich habe einen deutschen Pass, aber ich fühle mich nicht als Deutscher - mein Zuhause ist London.“ In der „Neuen Zürcher Zeitung“ spricht er erstmals detailliert über seine Schulden. Er räumt ein, dass gegen ihn privat ein Insolvenzverfahren laufe, sagt aber auch: „Es ist irrsinnig, zu glauben, ich sei pleite.“

Neue Funktion im Deutschen Tennis Bund

Das Verhältnis der Deutschen zu ihrem „Bobele“, wie er damals genannt wurde, ist ambivalent bis angespannt. Erst als der Deutsche Tennis Bund (DTB) ihn Ende September mit reichlich Tamtam und einer Erwähnung in der 20-Uhr-Tagesschau als Head of Men’s Tennis im DTB vorstellt, steigen die Sympathiewerte in der öffentlichen Wahrnehmung wieder. Nach seiner erfolgreichen Episode als Coach des ehemaligen Weltranglistenersten Novak Djokovic trainiert Becker nun tatsächlich wieder mit deutschen Tennisspielern.

Boris Becker als Trainer von Novak Djokovic (SRB)

APA/AFP/Miguel Medina

Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Djokovic endete Ende 2016

Er ist sich nicht zu schade, beim Davis-Cup in Portugal nach dem Training den Platz abzuziehen. „Ihm macht das Spaß, er tut das wirklich gerne“, sagt einer, der Becker schon lange kennt und eine wichtige Funktion im DTB innehat. „Aber glauben Sie mir eins: Mit uns redet er auch nie über seine finanzielle Situation.“ In der ARD-Dokumentation sagt Becker einmal: „Ich muss durchhalten. Ich wäre töricht, wenn ich meine Strategie erzählen würde. Aber das Ziel ist das gleiche: das Spiel zu gewinnen.“ Denn in Großbritannien geht ein Insolvenzverfahren nach einem Jahr zu Ende, Becker wäre dann alle finanziellen Sorgen los.

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