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Viele offene Fragen

Mit den Siegen im Riesentorlauf und im Slalom von Kranjska Gora hat Marcel Hirscher zwei Wochen vor dem Saisonende alle Ziele erreicht. Der Salzburger holte zum siebenten Mal hintereinander den Gesamtweltcup und zum jeweils fünften Mal auch die kleinen Kristallkugeln in beiden technischen Disziplinen. Wie und ob es in seiner Karriere weitergeht, ließ der 29-jährige Salzburger vorerst noch offen.

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Hirscher hat in seiner Karriere alles erreicht, mit den Olympiasiegen in Kombination und Riesentorlauf in Pyeongchang sogar den letzten weißen Fleck auf seiner Erfolgslandkarte ausgefüllt, obwohl er in der Saisonvorbereitung von einem Knöchelbruch gestoppt worden war. Der Sieg im Gesamtweltcup, mit dem er an seiner Salzburger Landsfrau Annemarie Moser-Pröll (6) vorbeizog, kam nach all den Problemen im Sommer selbst für Hirscher überraschend, wenngleich er am Ende souverän gewann.

Marcel Hirscher und ein Kameramann

GEPA/Matic Klansek

So losgelöst und glücklich wie in Kransjka Gora gab sich Hirscher selten zuvor in seiner so erfolgreichen Karriere

Hirscher blickte sogar auf seine bis dato beste Saison zurück. Mit bisher zwölf Saisonsiegen (7 im Slalom, 5 im RTL) zog er in der Bestenliste mit dem Franzosen Jean Claude Killy gleich, die Bestmarken von Hermann Maier und dem Schweden Ingemar Stenmark (je 13) könnte er beim Weltcup-Finale in Aare übertreffen. Mit insgesamt nun 17 Kristallkugeln liegen auch nur noch Stenmark (19) und die US-Amerikanerin Lindsey Vonn (20) vor ihm.

Langsam gehen Ziele aus

Auf Stenmarks Langzeitrekord von 86 Weltcup-Siegen fehlen Hirscher allerdings noch 29. Zweifellos könnte Hirscher selbst diese Marke übertreffen. Die Frage ist, ob er so lange weiterfährt. Zumindest drei weitere Saisonen auf höchstem Niveau wären dazu nötig. Einen Olympiastart in vier Jahren in Peking schloss Hirscher bereits zu 99,9 Prozent aus. Demnach war Pyeongchang sein letzter Auftritt im Zeichen der fünf Ringe, wiewohl er sich selbst die Tür zu Olympia nicht ganz zuschlagen wolle, wie er sagte.

Marcel Hirschers Weltcupbilanz; Gesamtweltcup, Slalom- und Riesentorlauf - Tabelle, Siege in Weltcuprennen

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Dass Hirscher 86 Weltcup-Siege erringen kann, davon ist nicht nur Stenmark überzeugt. Auch für ÖSV-Herren-Chef Andreas Puelacher wäre es nur eine Frage der Zeit, bis Hirscher selbst diesen Rekord knackt. „Die Marke ist brutal, aber wenn ich es wirklich einem zutraue, dann diesem Marcel Hirscher. Kommt drauf an, wie lange er noch fährt“, sagte Puelacher. „Das heißt dreimal zehn. Und dann müsste er aber dreimal so eine Saison haben wie heuer“, gab der Cheftrainer zu Bedenken.

Saison ohne Rechenspiele

Diese Saison war seit Langem die erste, in der Hirscher ohne Punkterechnerei im Kopf drauflosgefahren war. Nach dem Knöchelbruch startete er mit viel Trainingsrückstand und ohne Erwartungen in den Winter, Hirscher fuhr auf Siege anstatt auf Punkte und stand in seinem zweiten Rennen auf dem Podest wieder ganz oben. Hirscher kämpfte dafür verbissen, musste sich in dieser für ihn ungewohnt ungewissen Situation stets auf Neue beweisen. So hangelte er sich schon vor Pyeongchang von einem Erfolg zum nächsten und von Olympiagold zur Großen Kristallkugel.

Hirscher vorzeitig Gesamtsieger

Mit Siegen in Slalom und Riesentorlauf sicherte Marcel Hirscher am vergangenen Wochenende frühzeitig zum bereits siebenten Mal hintereinander die Große Kristallkugel.

„Man kann es jetzt auch übertreiben und sagen, was wäre erst gewesen, wenn ich mir nicht den Fuß gebrochen hätte. Man kann es aber auch anders spielen und sagen, hätte ich ohne auch so viel Motivation aufgebracht für die Saison? Das sind alles Fragen, die wir nicht beantworten können. Aber gut ist es so, wie es jetzt gerade ist“, sagte Hirscher. Thema sei allerdings, die Pause zu verlängern, mit der Vorbereitung später zu beginnen - so er die Karriere fortsetzt.

Alle Tore bleiben offen

Ob er weitermacht? „Ich weiß es nicht“, sagte Hirscher, der sich vieles offen ließ, aber garantierte: „Trainieren werde ich sowieso. Unabhängig davon, ob ich nächste Saison weiterfahre oder nicht.“ Hirschers Antrieb sei der Spaß am Wettstreit. „Wenn man mitfahren kann um einen Sieg, ist das schon Motivation genug. Sonst fahre ich halt bei Auto- oder Motocross-Rennen mit. Da habe ich auch wieder einen Wettkampf. Es läuft bei mir wahrscheinlich eh immer auf das Gleiche hinaus.“

Um Ziele gehe es Hirscher jedenfalls nicht mehr, bestätigte nicht zuletzt Puelacher. „Er hat einfach Freude am Skifahren. Wenn ich Freude daran habe, mich mit anderen zu messen, wenn ich gesund bleibe, dann macht das Spaß, dann brauche ich mir kein großes Ziel mehr aussuchen“, sagte der Tiroler. Das treffe es ziemlich genau, versicherte Hirscher. „Aber den Tag, an dem ich glaubte, der Beste zu sein, den hat es bisher nicht gegeben.“ Über alles weitere werde er sich nach dem Saisonende und also in aller Ruhe Gedanken machen.

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