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Verschiedene Zugänge zur Nachnutzung

Im Juni 2008 ist bei der Europameisterschaft nicht nur Österreichs Fußball, sondern auch die Infrastruktur in den Fokus gerückt. Neben dem Ernst-Happel-Stadion in Wien wurden das neue Tivoli in Innsbruck und die Salzburger Arena aufgestockt und in Klagenfurt ein Stadion neu gebaut. Ein Lokalaugenschein zeigt, was vom EM-Glanz speziell in den drei Stadien in Innsbruck, Salzburg und Klagenfurt übrig blieb.

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Mindestens 30.000 Zuschauer war die Vorgabe des Europäischen Fußballverbands (UEFA) an ein endrundentaugliches Stadion. Ein solches gab es zum Zeitpunkt der Bewerbung in Österreich nur mit dem Ernst-Happel-Stadion. Die relativ neuen Arenen in Innsbruck und Salzburg wurden zu diesem Zweck erweitert. Klagenfurt hat seine im Verhältnis zur Stadtgröße fast schon mächtige Wörthersee Arena ebenfalls der EM 2008 zu verdanken. Das Fassungsvermögen des Happel-Stadions in Wien wurde mit Zusatztribünen auf der Laufbahn auf die geforderten über 50.000 Plätze erhöht.

„Kann immer etwas verbessern“

Auch wenn viele Kritiker die Nachhaltigkeit der EM in Sachen Stadien vermissen, malt zumindest Sebastian Prödl, der einzige Spieler von damals, der immer noch das ÖFB-Trikot trägt, nicht so schwarz. „Man kann immer etwas verbessern, aber ich denke, im Moment dürfen wir uns nicht beklagen“, so der 30-Jährige auf Nachfrage von ORF.at. „Wir haben in Wien jetzt dann zwei neue Stadien, Linz baut ein neues Stadion, Innsbruck ist intakt, und auch in Klagenfurt steht ein gutes Stadion. Graz wird etwas machen müssen, und dann haben wir für die Fläche eh schon wieder gute Stadien in Österreich.“

Ernst Happel Stadion

ORF.at/Dominique Hammer

Das Ernst-Happel-Stadion wurde mittlerweile in seine „Ursprungsform“ zurückgebracht

Die beiden Stadien in Innsbruck und Klagenfurt wurden in der jüngeren Vergangenheit auch wieder öfter für Länderspiele genutzt. Unter Teamchef Franco Foda sind Gastspiele in den Bundesländern wieder mehr ein Thema. Sein Vorgänger Marcel Koller war ein großer Freund eines „Nationalstadions“ - sprich von Spielen im Wiener Prater. Woran es jedoch bei den Ausweichquartieren etwa in Innsbruck und Klagenfurt auch künftig hapern wird, ist die Infrastruktur rundherum, wie man beim Lokalaugenschein erkennt.

Das Klagenfurter „Dornröschen“

Rund 92 Mio. Euro wurden einst investiert, damit anstelle des in den 1960er erbauten Wörthersee Stadions für die EM 2008 ein neues Schmuckkästchen aus dem Boden gestampft wird. Noch heute ist der Bau am Klagenfurter Südring von außen und innen beeindruckend, befindet sich aber in Ermangelung eines Erstliga-Clubs die meiste Zeit des Jahres im Dornröschenschlaf. Seit es nach jahrelangem behördlichem Hickhack wieder erlaubt ist, den Oberrang zu nutzen, bietet das fassungsmäßig zweitgrößte Stadion des Landes aber wieder einen würdigen Rahmen - wenn es denn voll ist.

Wörthersee Stadion

ORF.at/Karl Huber

Das Wörthersee Stadion präsentierte sich wenige Stunden vor dem Anpfiff gegen Deutschland im perfekten Kleid

Welche Stimmung in der reinen Fußballarena auch ohne Sturm-Fans wie beim Cupfinale herrschen kann, konnte man am 2. Juni beim sensationellen Sieg der Österreicher über Deutschland erleben. Allerdings offenbarte das Wörthersee Stadion, das lange als das modernste und schönste Österreichs galt, auch seine Macken. Der Gewittersturm ließ zahlreiche Fans trotz Komplettüberdachung sprichwörtlich im Regen stehen. Vor allem die Fluchtmöglichkeiten in die „Zwischendecks“ sind beschränkt. Auch das Dach selbst ist bei großen Wassermassen nicht überall dicht - und das erst zehn Jahre nach der EM-Endrunde.

Dazu kommt die prekäre Parkplatzsituation rund um das Stadion. Die wenigen Stellplätze sind für VIPs reserviert. Mit Shuttlebussen von Parkplätzen in der Umgebung versucht man zwar der Lage Herr zu werden, trotzdem ist es in Klagenfurt immer ratsam, sich lange vor Anpfiff auf den Weg ins Stadion zu machen. Auch weil der öffentliche Verkehr zum Stadion in der beschaulichen Kärntner Landeshauptstadt logischerweise nicht so ausgebaut ist wie etwa in einer Metropole wie Wien.

Red Bull Arena (Wals-Siezenheim)

ORF.at/Karl Huber

Die „Pfeiler“ sind ein markantes Überbleibsel in Salzburg

Viel Betrieb in Salzburg

Auch das Stadion in Wals-Siezenheim, wo bei der EM der damalige Titelverteidiger Griechenland seine Spiele absolvieren durfte, steht vom Fassungsvermögen noch so da, wie es bei der EM zu bewundern war. Was Salzburg mit Klagenfurt noch verbindet: Auch dort wurde eine im Vorfeld gegebene Zusage, das Stadion nach der EM wieder auf eine für die österreichische Liga sinnvolle Kapazität zurückzubauen, von der Politik aus Sicht der Kritiker und einiger Anrainer nicht eingehalten.

Auch wenn Red Bull Salzburg Meistertitel am Fließband produziert, wird der Oberrang so gut wie nie benötigt. Die Säulen der Aufgänge, die rund um das Stadion stehen, sind daher auch ein optischer Störfaktor. Kein Wunder, dass es jüngst Überlegungen gab, den zweiten Rang für Meisterschaftsspiele überhaupt zu sperren und sogar zu verhüllen. Dass man in Salzburg aber das Stadion sehr wohl füllen kann, bewies die vergangene Europacup-Saison. Da sah man aber auch, warum sich die Anrainer gegen ein Beibehalten der Kapazität aussprachen - Stichwort: Parkplatzchaos.

Erfolgreicher Rückbau

Viele Parkplätze gibt es auch in Innsbruck rund um das 2000 eröffnete neue Tivoli Stadion. Weil die Arena aber mittlerweile so wie ursprünglich konzipiert wieder 15.000 Zuschauer fasst, ist das Chaos an Spieltagen überschaubar. Für die EM wurde das Stadion auf drei Seiten mit mächtigen Oberrängen ausgebaut, die aber anders als in Klagenfurt und Salzburg wie vereinbart wieder abgebaut wurden. Alles in allem rund 31 Mio. Euro kostete die Geschichte. Dafür musste Wacker Innsbruck zuletzt in der zweiten Spielstufe nicht in einem Stadion-„Monstrum“ spielen.

Tivoli Stadion

GEPA/Andreas Pranter

Die drei mächtigen Oberränge des Tivoli waren schon bald nach der EM wieder Geschichte

Das Tivoli ist im Gegensatz zur Arena in Salzburg immer wieder Austragungsort von Länderspielen, wie zuletzt gegen WM-Gastgeber Russland. Zwar klappen in Innsbruck „Standards“ wie der Radetzky-Marsch oder die Fanchoreografien noch nicht so routiniert wie in Wien - kein Wunder, wenn nur alle heiligen Zeiten ein Spiel dieser Größenordnung stattfindet -, aber in Sachen Atmosphäre hält das Tivoli locker mit. Das liegt vor allem an der beeindruckenden Kulisse der Nordkette. Ein weiterer Vorteil des Tivoli: Es liegt anders als etwa die Arena in Klagenfurt deutlich zentraler und ist damit leichter zu Fuß erreichbar.

Die Baustelle „Happel“

Bleibt letztendlich das damalige Finalstadion in Wien. Während die drei anderen EM-Arenen mehr oder weniger erfolgreich - und sei es nur für Länderspiele - genutzt werden, ist das Ernst-Happel-Stadion das Symbol dafür, dass mit der Euro eine große Chance verpasst wurde. Denn trotz Adaptierungen, da aber vor allem im VIP-Bereich, kann die Arena mit den modernen Fußballtempeln mittlerweile nicht mehr mithalten.

„Hier wäre die Euro 2008 eine Chance gewesen, Maßgebliches voranzutreiben“, sagte auch Bernhard Neuhold, seines Zeichens Geschäftsführer der ÖFB Wirtschaftsbetriebe GmbH gegenüber ORF.at. Mit dem Allianz Stadion von Rapid und der Generali Arena der Austria gibt es in Wien zumindest bald zwei neue Stadien, Letzteres wird am 6. September sogar Schauplatz des Länderspiels gegen Schweden.

Die Hoffnung auf ein neues, international herzeigbares Nationalstadion stirbt allerdings zum Schluss - auch bei den Teamspielern. „Wir versuchen alle zusammen ein neues Nationalstadion in Wien zu erhalten, da sind die Gespräche ja schon seit Jahren im Gange“, sagte etwa Sebastian Prödl, „ich werde es persönlich als Fußballer wohl nicht mehr erleben, aber es ist wichtig, dass die Gespräche im Laufen bleiben.“

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