Krankl war der Matchwinner
Das Match zwischen Österreich und Deutschland bei der WM 1978 wird in Österreich als „Wunder von Cordoba“, in Deutschland als „Schmach von Cordoba“ bezeichnet. Einigkeit besteht aber in der Frage, wer die prägende Figur der Partie vor 40 Jahren in der argentinischen Provinz war: Hans Krankl.
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Obwohl so prominente Spieler wie Sepp Maier, Karl-Heinz Rummenigge und Berti Vogts auf deutscher und Herbert Prohaska, Bruno Pezzey und Josef Hickersberger auf österreichischer Seite im Einsatz waren - die Schlagzeilen gehörten dem zweifachen Torschützen Krankl, und darauf ist der Wiener nach wie vor stolz.
„Das ist ein Stück österreichische Sportgeschichte, so wie Franz Klammers Olympiasieg oder Niki Laudas WM-Titel. Das passiert nur alle 50 Jahre, dass Österreich Deutschland schlägt, und dann noch dazu bei einer WM, das wird niemals vergessen werden“, sagte Krankl der APA.
„Freue mich, dass ich dabei war“
Österreichs 3:2-Triumph, der Deutschlands letzte Hoffnung auf eine erfolgreiche Titelverteidigung begrub, ist laut dem 65-Jährigen ein Sieg für die Ewigkeit. „Daran wird man sich noch erinnern, wenn ich nicht mehr lebe“, sagte Krankl und betonte gleichzeitig: „Ich bilde mir darauf nichts ein. Ich freue mich einfach riesig, dass ich dabei war.“
Der damalige Stürmerstar war mehr als nur dabei. Mit seinem Volley ins Kreuzeck zum 2:1 und seinem Solo zum 3:2 schoss er Österreich beinahe im Alleingang zur Sensation. „Dass ich in so einem wichtigen Spiel zwei so schöne Tore geschossen habe, macht mich stolz.“ Der Treffer zum 2:1 wurde in Deutschland sogar zum Tor des Monats gewählt. „Das zeugt von gutem Geschmack der Deutschen“, sagte Krankl.
„Wir haben verdient gewonnen“
Die Erinnerungen an beide Tore sind noch frisch, allerdings haperte es lange an der richtigen zeitlichen Einordnung. „Ich habe mir das Spiel erst vor Kurzem zum ersten Mal nach 25 oder 30 Jahren wieder in voller Länge angeschaut. Eigentlich habe ich immer geglaubt, das 3:2 ist in der 79. oder 80. Minute gefallen.“ Tatsächlich traf Krankl in der 88. Minute.
Neben neuen Erfahrungen gab es auch die Bestätigung alter Erkenntnisse. „Wir haben verdient gewonnen. Schon in der ersten Hälfte waren wir besser, aber da war es noch so wie immer: Die Deutschen haben nichts gemacht und sind trotzdem in Führung gegangen.“ Das Eigentor von Berti Vogts in der 59. Minute sei dann der Knackpunkt gewesen. „Da ist das Match gekippt.“ In der Folge witterten Krankl und Co. die Chance auf eine Überraschung. „Wir haben gewusst, dass die Deutschen davor keine gute WM gespielt hatten und als Mannschaft zerstritten waren, das hat man auch im Spiel gemerkt. Da war keine große Einheit da. Und der Einzige von ihnen, der eine sehr gute Form gehabt hat, war Rummenigge.“
Sieg davor auch gegen Spanien
Was zum Ärger des Ex-ÖFB-Teamchefs in all der Legendenbildung um Cordoba unterging, ist die Tatsache, wie man es überhaupt so weit geschafft hatte. In die Finalrunde stieg Österreich nämlich nach Siegen über Schweden und Spanien sowie einer Niederlage gegen Brasilien als Gruppenerster auf. „Das vergisst man leider. Wenn man heute jemandem erzählt, wir haben bei der WM Spanien 2:1 geschlagen, glaubt der, das ist ein Märchen.“ Krankl schoss auch in dieser Partie das Siegestor.
Die Tür zu einer Weltkarriere
Deswegen, vor allem aber wegen seines Doppelpacks gegen Deutschland, wurde der FC Barcelona auf ihn aufmerksam. „Cordoba hat mir die Tür zu einer Weltkarriere geöffnet.“ In der Saison davor hatte Krankl in der Meisterschaft 41 Tore für Rapid erzielt, damit die bis heute gültige Ligabestmarke aufgestellt und Europas Torjäger-Krone geholt. Ein Transfer zu Valencia war praktisch fixiert, Rapid war sich mit den Spaniern bereits einig.
Dann aber trat einige Tage nach der WM eine hochrangige Delegation aus Katalonien, angeführt von Barca-Präsident Josep Lluis Nunez und Trainer Lucien Müller, die Reise nach Wien an, und Krankl landete im Camp Nou. Dort erwarb er sich als Torschützenkönig den Beinamen „Goleador“.
„Hätten mehr erreichen müssen“
Auch viele seiner Cordoba-Kollegen legten glanzvolle Karrieren hin. „Wir hatten damals auf jeder Position einen internationalen Klassespieler“, erklärte Krankl. Daher schmerzt es ein bisschen, dass bei der WM 1978 nicht noch mehr herausgeschaut hat. „Wir hätten mindestens um das kleine Finale spielen können, doch wir sind den Holländern in die Falle getappt und haben uns auskontern lassen. Das hat uns auf den Boden der Realität zurückgeholt“, erinnerte sich Krankl.
Auch Hickersberger liegen die 1:5-Niederlage zum Auftakt der Finalrunde gegen die von Ernst Happel betreuten Niederländer und das darauffolgende 0:1 gegen Italien bis heute im Magen. „Im Nachhinein überwiegt bei der WM 1978 die Erkenntnis: Diese österreichische Nationalmannschaft war eine besondere, die hätte mehr erreichen müssen. Der Sieg gegen Deutschland war eigentlich nicht einmal ein Trostpreis“, sagte der 70-Jährige. Dem Rummel um 40 Jahre Cordoba kann Hickersberger nicht viel abgewinnen. „Das ist Vergangenheit und sollte man ruhen lassen.“
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