Deschamps schreibt mit „Bleus“ Geschichte
Frankreichs Nationalmannschaft hat zum zweiten Mal den Weltmeistertitel gewonnen. „Les Bleus“ setzten sich am Sonntag in einem packenden Finale im Moskauer Luschniki-Stadion gegen Kroatien mit 4:2 (2:1) durch und durften nach 1998 wieder die WM-Trophäe entgegennehmen. Für Coach Didier Deschamps schloss sich ein Kreis - er hatte 1998 noch als Spieler triumphiert.
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Der 49-Jährige ist der Dritte nach Mario Zagallo (Brasilien) und Franz Beckenbauer (Deutschland), der als Spieler und Trainer Weltmeister wurde. Die über die gesamte WM ungemein effektiven und abgebrühten Franzosen gingen zwei Jahre nach dem verlorenen Finale gegen Portugal bei der EM 2016 wieder als Sieger aus einem Endspiel hervor. Das nötige Glück hatten sie dabei auch.

Reuters/Carl Recine
Frankreich bejubelte im Luschniki-Stadion von Moskau einen 4:2-Finaltriumph über Kroatien
Der kroatische Stürmer Mario Mandzukic brachte die Franzosen in der 18. Minute mit einem Eigentor erstmals in Führung. Ivan Perisic (28.) glich für die über weite Strecken tonangebenden Kroaten zum 1:1 aus. Ein Elfmeter von Antoine Griezmann (39.) brachte „Les Bleus“ neuerlich in Führung - und die sollte halten. Paul Pogba (59.) und Kylian Mbappe (65.) erhöhten auf 4:1, ehe Mandzukic (69.) Ergebniskosmetik für die unglücklichen Kroaten betrieb.
Mbappe setzt mit dem 4:1 den Schlusspunkt auf dem Weg zum Titel
Kylian Mbappe erzielt das 4:1 in einem torreichen Finale - es war Frankreichs letzter Treffer bei dieser WM und gleichzeitig die endgültige Entscheidung.
Kroaten zu Beginn tonangebend
Millionen hatten sich in den Städten Frankreichs und Kroatiens zum Public Viewing versammelt. 78.000 Zuschauer waren es im Luschniki-Stadion, wo die WM vor 31 Tagen auch eröffnet worden war. Schiedsrichter Nestor Pitana aus Argentinien pfiff das größte Spiel im Fußball um exakt 18.00 Uhr Ortszeit (17.00 Uhr MESZ) an. Weder Frankreichs Teamchef Deschamps noch Kroatiens Cheftrainer Zlatko Dalic hatte in der Startformation Überraschungen parat. Alle Stars und Leistungsträger waren da wie dort an Bord.
War schon die halbstündige Abschlussshow vor dem Finale musikalisch bunt, ein wenig schräg und vor allem unglaublich laut über die Bühne gegangen, gestalteten sich auch die ersten Spielminuten des insgesamt 21. WM-Endspiels nervös und hektisch. Die Kroaten kamen mit Bedeutung und Schwere des Augenblicks zunächst besser zurecht, attackierten die „Bleus“ früh und waren technisch wie läuferisch gleich voll auf der Höhe. Luka Modric, Ivan Rakitic und Co. hatten zu Beginn wesentlich mehr Spielanteile.
Semifinal-Matchwinner Mandzukic als Pechvogel
Von Antoine Griezmann, Jungstar Kylian Mbappe und Paul Pogba war noch nicht viel zu sehen. Doch zumindest gelang es der französischen Abwehrviererkette, die gefährlichsten kroatischen Stürmer Mario Mandzukic und Ivan Perisic aus der unmittelbaren Gefahrenzone zu halten. Zum Pech der Kroaten galt das allerdings nicht für den eigenen Strafraum, wo der Matchwinner vom Semifinale gegen England, Mandzukic, zum Pechvogel wurde.
Marcelo Brozovic hatte Griezmann vermeintlich gefoult. Der Atletico-Madrid-Star, der sich bei dieser Aktion hatte fallen lassen, führte den Freistoß aus halbrechter Position selbst aus, flankte scharf in den Strafraum. Dort stieg Mandzukic in Verteidigerrolle gemeinsam mit zahlreichen anderen Spielern hoch, verlängerte den Ball unglücklich mit dem Kopf Richtung Tor und bezwang seinen Keeper Danijel Subasic zum 0:1 (18. Minute). Verdient war die Führung der Franzosen zu diesem Zeitpunkt nicht, doch das tat dem Jubel keinen Abbruch. Die Kroaten mussten das einmal verdauen.
Mandzukic köpfelt ins eigene Tor (18.)
Nach einem umstrittenen Griezmann-Freistoß lenkt Mario Mandzukic den Ball per Kopf unhaltbar für Danijel Subasic zum 0:1 ins eigene Tor.
Perisic schlägt zurück
Lange brauchten sie dafür aber nicht. Nur zehn Minuten nach dem ersten Treffer des Endspiels schlug Perisic mit seinem dritten Turniertor und dem 1:1 (28.) zurück. Der Stürmer von Inter Mailand, der gegen England im Halbfinale das 1:1 erzielt hatte, schoss aus zehn Metern Entfernung mit links unhaltbar in die rechte lange Ecke. Domagoj Vida hatte nach einem Freistoß von Modric als letzter von mehreren beteiligten Kroaten die Vorlage geliefert. Perisic stellte einmal mehr bei dieser WM seine Traumform unter Beweis. Gerecht war der Ausgleich allemal, doch es sollte turbulent weitergehen.
Perisic gleicht zum 1:1 aus (28.)
Zehn Minuten nach der französischen Führung sorgt Ivan Perisic mit einem herrlichen Schuss für den Ausgleich.
Handselfer bringt neuerliche Frankreich-Führung
Sechs Minuten waren seit dem 1:1 vergangen, als Griezmann (34.) einen scharfen Eckball von rechts in den Fünfmeterraum schlug. Blaise Matuidi sprang zum Kopfball hoch, erwischte den Ball allerdings nicht. Dahinter war Perisic mitgesprungen, er führte die Hand im Landen reflexartig zum Ball und verursachte so einen Elfmeter für Frankreich. Schiedsrichter Pitana hatte den Penalty zunächst nicht gegeben, wurde dann aber vom Videoreferee auf das Handspiel aufmerksam gemacht. Nach längerem Studium der TV-Bilder entschied er schließlich doch noch auf Elfmeter.
Griezmann übernahm die Verantwortung, trat in der 38. Minute zum vielleicht wichtigsten Strafstoß seiner Karriere an. Eiskalt schob er den Ball relativ zentral zum 2:1 ins Netz, nachdem Subasic in die vom Schützen aus gesehen rechte Ecke gesprungen war. Frankreich war wieder in Front, und die Kroaten mussten mit ihrem Pech hadern. Dennoch zeigten sie auch in den letzten Minuten dieser abwechslungsreichen ersten Hälfte das mutigere Spiel nach vorne. Kroatien war über die gesamte erste Hälfte das bessere Team gewesen, sah sich zur Pause aber mit 1:2 im Rückstand.
Griezmann verwertet Elfer (38.)
Schiedsrichter Nestor Pitana entscheidet nach Videostudium auf Elfmeter für Frankreich. Antoine Griezmann verwandelt sicher zum 2:1.
Pogba stellt Weichen auf Titel für „Bleus“
Nach dem Seitenwechsel ging es gleich in derselben Tonart weiter. Ante Rebic (48.) war der erste, der Frankreichs Schlussmann Lloris mit einem gefährlich angetragenen Schuss prüfte. Nach mehr als 50 Minuten zeigte dann Mbappe endlich einen seiner unglaublichen Antritte, wurde aber im entscheidenden Moment bedrängt. Für Aufregung sorgten in dieser Phase auch vier Platzstürmende, die es an den Sicherheitsleuten vorbei auf den Finalrasen schafften.
Davon unbeeindruckt schaffte Frankreich in der 59. Minute durch Pogba die Vorentscheidung. An Effektivität war die Mannschaft von Deschamps an diesem Tag wirklich nicht zu übertreffen. Pogba hatte die Aktion mit einem schönen Pass auf Mbappe selbst eingeleitet. Über Griezmann kam der Ball von rechts zurück zum Manchester-United-Legionär. Pogbas erster Versuch wurde noch von Modric abgeblockt, doch der platzierte Nachschuss fand schließlich den Weg zum 3:1 ins Netz. Mit seinem ersten Tor der WM stellte Pogba die Weichen auf Titel für die eiskalten, abgebrühten „Bleus“.
Pogba erhöht auf 3:1 (59.)
Paul Pogba leitet den Angriff ein, kommt wieder an den Ball und schließt im zweiten Versuch zum 3:1 für Frankreich ab.
Mbappe macht alles klar
Es war der sportliche Todesstoß für die Kroaten, die nur sechs Minuten später den nächsten französische Nackenschlag einstecken mussten. Lucas Hernandez brachte Mbappe in etwa 20 Metern Entfernung zum Tor in Position. Der PSG-Youngster zog mit rechts ab und traf zum 4:1 (65.) flach in die von ihm aus gesehen linke Ecke. Subasic war zum vierten Mal geschlagen und nun zweifelte niemand mehr am zweiten WM-Titel der Franzosen. Kroatien wähnte sich im falschen Film, hatte aus optischer Überlegenheit zu wenig gemacht.
Lloris-Patzer ermöglicht Mandzukic noch ein Tor
Beinahe hätte Torhüter Lloris sein Team noch einmal in die Bredouille gebracht. Nach einem Rückpass von Samuel Umtiti agierte er sehr leichtsinnig, anstatt den Ball wegzuschlagen, verlor ihn Lloris am eigenen Fünfer an Mandzukic und schenkte dem Juventus-Stürmer damit dessen drittes Tor im Turnier. Dass es mit diesem 4:2 (69.) nicht noch spannender wurde, hatte man der kompakten Defensive vor Lloris zu verdanken. Und im Konter über Mbappe blieb Frankreich bis zum Schluss gefährlich. Mit all ihrer Routine brachten die „Bleus“ den Vorsprung über die Zeit. Der WM-Titel war eingefahren, Deschamps und sein Team am Ziel.
Fußball-WM, Finale
Sonntag:
Frankreich - Kroatien 4:2 (2:1)
Moskau, Luschniki-Stadion, 78.011 Zuschauer, SR Pitana (ARG)
Torfolge:
1:0 Mandzukic (18./Eigentor)
1:1 Perisic (28.)
2:1 Griezmann (39./Elfmeter)
3:1 Pogba (59.)
4:1 Mbappe (65.)
4:2 Mandzukic (69.)
Frankreich: Lloris - Pavard, Varane, Umtiti, Hernandez - Mbappe, Pogba, Kante (54./Nzonzi), Matuidi (73./Tolisso) - Giroud (81./Fekir), Griezmann
Kroatien: Subasic - Vrsaljko, Lovren, Vida, Strinic (81./Pjaca) - Brozovic, Rakitic - Perisic, Modric, Rebic (71./Kramaric) - Mandzukic
Gelbe Karten: Hernandez, Kante bzw. Vrsaljko
Links:
Harald Hofstetter, ORF.at