„Ich habe daran geglaubt“
Der Himmel über Hockenheim hat bei der Siegerehrung für den Grand Prix von Deutschland am Sonntag seine Schleusen geöffnet, Lewis Hamilton strahlte trotzdem über das ganze Gesicht. Der Engländer hatte kurz zuvor mit seinem 66. Sieg die WM-Führung zurückerobert. Eine furiose Aufholjagd und das Malheur von Sebastian Vettel im Regen ließen Hamilton die jüngsten Rückschläge vergessen.
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Der vierfache Weltmeister hielt nach dem Rennen, bei dem er von Rang 14 aus gestartet war und am Ende als Erster die Ziellinie überquert hatte, seine Emotionen nicht zurück. „Ich glaube, ich bin seit ich mich erinnern kann, noch nie so gut gefahren“, sagte der 33-Jährige, „es hat schon andere großartige Rennen gegeben, aber heute habe ich keinen Fehler gemacht.“ Dass sich Vettel bei seinem Heimrennen nach einem Fahrfehler auf nasser Fahrbahn ins Kiesbett verabschiedete, öffnete Hamilton die Tür zur WM-Führung - und der Titelverteidiger schritt souverän durch.
AP/Valdrin Xhemaj
Nach dem Qualifying noch weit zurück, sah Hamilton im Rennen doch als Erster die Zielflagge
Nach seinem vierten Saisonsieg war dem Engländer die Genugtuung anzusehen, schließlich hatte ihm Vettel vor zwei Wochen in Silverstone - unter Mithilfe von dessen Ferrari-Kollegen Kimi Räikkönen, Stichwort: Rempler - das Heimrennen vermasselt. „Es ist natürlich sehr, sehr schwer von dieser Position und höchst unwahrscheinlich, aber ich habe daran geglaubt“, sagte der 33-Jährige mit Hinweis auf seine schlechte Startposition.
Zittern nach der Zielflagge
Denn nach einem Ausfall beim Grand Prix von Österreich in Spielberg und einem turbulenten Heimrennen in Silverstone, sah es auf dem Hockenheimring so aus, als würde sich die Misere des Weltmeisters fortsetzen. Im Qualifying musste Hamilton nach Hydraulikproblemen zusehen, wie Vettel zur Poleposition raste. Im Rennen kam das Glück aber zu Hamilton ins Cockpit zurück. „Es ist ein unglaublicher Tag“, so der Engländer, der laut eigener Aussage diesmal auch Zuspruch von oben erhielt: „Ich habe wie immer vor einem Rennen gebetet, aber diesmal sind meine Gebete wirklich erhört worden.“
Hamilton siegt nach Vettels Out
Lewis Hamilton holte sich mit einer Aufholjagd von Platz 14 aus seinen vierten Saisonsieg. Ein folgenschwerer Fehler von Sebastian Vettel half dem 33-Jährigen dabei.
Kurz musste Hamilton aber noch um seinen Sieg zittern. Der Mercedes-Pilot war wegen verbotenen Überfahrens einer Sperrlinie in der Safety-Car-Phase nach Vettels Abflug vor die Rennkommissäre zitiert worden, kam aber mit einer Verwarnung davon. Die Stewards betonten in der Urteilsbegründung fast drei Stunden nach dem Rennende, dass Hamilton niemanden gefährdet habe. Zudem hätten er und das Team den Fehler in der hektischen Schlussphase offen zugegeben. Der Engländer war in die Boxengasse abgebogen, dann aber doch über die Linien und einen Grünstreifen zurück auf die Strecke gefahren.
Die umstrittene Szene war auch die Folge einer riskanten Reifenstrategie Hamiltons. Der Engländer wechselte davor trotz angekündigten Regens auf die schnellstmöglichen Ultrasoft-Reifen. Weil er nach einem Ausritt samt Hydraulikschaden im Qualifying mit der etwas härteren, langsameren Soft-Mischung durchs Feld gepflügt war, hatte er alle Optionen. Als er dann bei stärker werdendem Regen von seinem Team hereingeholt werden sollte, entschied er sich in letzter Sekunde dagegen.
AP/Jens Meyer
Hamilton ließ sich bei der Siegerehrung auch vom strömenden Regen nicht vom Feiern abhalten
„Glück ist zurückgekehrt“
Den Verantwortlichen bei Mercedes fiel trotz des Zitterns nach dem Doppelsieg - Valtteri Bottas landete hinter Hamilton auf Rang zwei - ein großer Stein vom Herzen. „Das ganze Glück, das wir in den letzten Rennen nicht hatten, ist zu uns zurückgekehrt“, sagte ein erleichterter Motorsportchef Toto Wolff. Nicht nur Hamilton liegt nun in der Fahrerwertung nach elf Rennen wieder 17 Punkte vor Vettel, auch in der Konstrukteurswertung lösten die „Silberpfeile“ Ferrari an der Spitze ab.
Wolff griff in der entscheidenden Phase, als der Regen zum bestimmenden Faktor wurde, in den Ausgang ein. Nach dem Safety Car, das Vettel mit seinem Unfall heraufbeschworen hatte, attackierte Bottas den führenden Hamilton, erhielt dann aber einen Funkspruch aus der Box, die Positionen zu halten. Wolff argumentierte das Eingreifen auch mit den regennassen Bedingungen. „Es war so brutal, wie sie sich gefightet haben“, sagte der Wiener. Nach den vielen schlecht gelaufenen Rennen der vergangenen Wochen wollte das Team nichts riskieren. Am Ende erwies sich die Entscheidung als goldrichtig.
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