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Freudentanz im Villa Park

„Your nightmare returns“. Was vor dem Spiel per Transparent noch eine gewagte Ankündigung der knapp 1.400 mitgereisten Rapid-Fans war, entpuppte sich im Villa Park als Prophezeiung der besonderen Art. Nach 90 dramatischen Minuten wiederholte Rapid die Sternstunde aus dem Vorjahr und warf mit einem 3:2-Sieg abermals Aston Villa aus der Europa League.

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Logisch, dass die grün-weiße Glückseligkeit nach dem Aufstieg in die Gruppenphase auf den Rängen und auf dem Rasen keine Grenzen fand. Während die Villa-Anhänger von den Tribünen „Holte End“ bis „North End“ bereits in Scharen abgezogen waren, um den Schlusspfiff nach dem neuerlichen Scheitern nicht hören zu müssen, ging die Rapid-Party erst so richtig los. Spieler und der ansonst zurückhaltende Coach Peter Pacult veranstalteten auf dem Grün des Villa Parks ein Freudentänzchen.

Rapid-Plakat mit Aufschrift "Your Nightmare"

AP/Simon Dawson

Die Rapid-Fans bereiten die Villa-Anhänger auf die nächste Pleite vor.

„Reihe diesen Erfolg sehr hoch ein“

„Unbeschreiblich“, kommentierte Pacult die neuerliche Sensation. Nachdem Rapid im Jahr 2009 eine der schönsten Niederlagen (1:2) der Clubgeschichte gegen Aston Villa feiern durfte, war es diesmal sogar einer der schönsten Siege. „Man muss herausstreichen, dass wir mit drei erzielten Toren gewonnen haben. Ich reihe diesen Erfolg sehr hoch ein und glaube nicht, dass man so etwas wiederholen kann. Die Mannschaft hat eine Top-Leistung gebracht, die sich auch international sehen lassen kann“, strahlte Pacult über beide Ohren.

Und tatsächlich lief für Rapid an diesem Abend alles zusammen. Angefangen von Elferheld Raimund Hedl, über die Solospitze Athde Nuhiu, die neuerlich zuschlug, bis hin zum goldenen Wechselhändchen des Trainers, der mit Rene Gartler und Christopher Trimmel zwei Joker brachte, die ebenfalls stachen und dem Mythos der „Rapid-Viertelstunde“ ein umjubeltes Revival verpassten.

„Haben immer daran geglaubt“

Eine Viertelstunde, die mit 2:1 durch Emil Heskey in Minute 76 alles andere als optimal begann. Doch mit dem legendären Rapid-Geist gaben die Tore durch Mario Sonnleitner (78.) und Gartler (81.) dem Spiel eine unerwartete Wende. Auch Austria, Sturm und Red Bull Salzburg spielten gut, aber sowohl beim Stadtrivalen als auch beim Meister fehlte vielleicht der letzte Biss, das letzte Aufbäumen gegen das Scheitern.

„Es ist die Mentalität, die ich in die Mannschaft reingebracht habe: Man kann immer was umdrehen im Leben“, erklärte Pacult. Auch Hedl, der wie im Vorjahr Helge Payer gegen den Premier-League-Club einen Penalty entschärfte, hob den Charakter der Mannschaft heraus: „Wir haben immer daran geglaubt, bestehen zu können. Diese Leistung ist noch höher einzuschätzen als der Aufstieg vor einem Jahr, weil die Engländer diesmal vorgewarnt waren. Rapid ist eben immer gut für großartige Leistungen. Das ist ein Verein, der besondere Ergebnisse und Erlebnisse liefert.“

Ankunft von Rapid in Wien

APA/Georg Hochmuth

Pacult bedankt sich bei Elferkiller Hedl.

Ein Milliardär in der Zeitschleife

Eine Einstellung, die sich Aston-Villa-Besitzer Randy Lerner wohl gewünscht hätte, der 48-Jährige saß um Jahre gealtert und konsterniert auf der Tribüne. Verdenken kann man ihm es kaum: Der Mann mit den hochfliegenden Plänen und einem geschätzten Privatvermögen von 1,5 Milliarden Dollar muss sich nach dem neuerlichen Scheitern in einer alptraumhaften Zeitschleife wähnen.

Nach dem 0:6 in der Meisterschaft gegen Newcastle und dem Aus gegen Rapid wird dem US-Amerikaner wohl nichts anderes übrigbleiben, als Trainer Kevin MacDonald vor die Tür zu setzen. „Wir haben drei dumme Fehler gemacht. Eigentlich dachte ich nach der Führung, dass wir das Spiel unter Kontrolle haben. Für meine Spieler ist das natürlich ein herber Schlag, denn sie wollten unbedingt in die Gruppenphase“, bilanzierte der Schotte, der sich wohl kaum noch Hoffnungen auf eine Fixanstellung machen kann.

Pacults Mitleid mit seinem Trainerkollegen hielt sich aber in Grenzen. „Die Aufstellungen von Villa gegen uns waren verwunderlich, vor allem die in Wien, wo sie mit vielen Jungen gespielt haben. Sie haben uns trotz des Vorjahres nicht ernst genommen und sind dafür bestraft worden.“

Jelavic kein Thema für Pacult

Zur Genugtuung über die sich rächende Geringschätzung seiner Mannschaft gesellte sich die Freude darüber, offenbar auch den nächsten Abgang eines Leistungsträgers verkraften zu können. Nach dem Verkauf von Nikica Jelavic an die Glasgow Rangers avancierte Nuhiu mit insgesamt zwei Treffern gegen die Engländer zum Matchwinner.

„Was er gearbeitet hat, ist vielversprechend. Ich weiß aber auch, dass man als Junger immer wieder in ein Loch fallen kann“, sagte Pacult über den ÖFB-U21-Teamstürmer. Dem möglichen neuen Konkurrenten im Angriff versprach Nuhiu einen harten Kampf ums Leiberl. „Es ist egal, wer kommen könnte. Ich muss mich bei Rapid durchsetzen, und das will ich unbedingt schaffen.“

Dank Nuhius Goalgetter-Qualitäten gelang Rapid auch die süße Rache für den von Jelavic erzwungenen Wechsel nach Schottland. Weil Rapid in der Gruppenphase der Europa League steht, ist der Kroate in der Champions League nicht einsatzberechtigt. „Aber das ist zweitrangig“, betonte Pacult. Der 50-Jährige vermied es, nach dem Abgang von Jelavic mit Nachdruck die Verpflichtung eines neuen Stürmers bis zum Ende der Transferzeit am Montag zu fordern. „Wir werden in Ruhe daran arbeiten. Man wird sehen, was passiert.“

Geld für die Clubkassa

Geld dafür wäre auf jeden Fall vorhanden. Der Jelavic-Verkauf brachte über drei Millionen Euro, dazu könnten noch einmal bis zu zwei Millionen durch die Gruppenphase kommen. „Für uns ist das wie ein zusätzlicher Premium-Sponsor“, sagte Manager Werner Kuhn. Im Vorjahr blieb den Hütteldorfern von den sechs Partien ein Reingewinn zwischen 1,6 und 1,8 Mio. Euro. Ein ähnlicher Betrag ist auch diesmal zu erwarten, weil die Grün-Weißen ziemlich sicher wieder ins Happel-Stadion ausweichen werden.

Pressestimmen:

„The Sun“: „Kevin MacDonald ist auf dem Weg zurück zum unsichtbaren Mann, nachdem Villa auf elendige Weise aus dem Europacup ausgeschieden ist. Durch Fehler von Villa erzielten die Österreicher in der zweiten Hälfte drei Tore.“

„Daily Mirror“: „Rapid hat Aston Villa zum zweiten Mal in Folge das Herz gebrochen. Die Geschichte wiederholte sich, als Villa wieder wie der Sieger aussah. Das Ausscheiden war ein schwerer finanzieller Schlag und minderte auch die Chancen von Interimscoach Kevin MacDonald auf einen Weiterverbleib. Die Rapid-Fans sollten mit ihrem Transparent ‚Your Nightmare Returns‘ recht behalten.“

„Daily Telegraph“: „Das im Halloween-Stil gehaltene ‚Your Nightmare Returns‘-Transparent der Rapid-Fans war prophetisch. Wieder schied Villa gegen Rapid aus, und wieder wurde ein Elfer vergeben.“

„Guardian“: „Neuerlicher Alptraum für Aston Villa. ‚Your Nightmare Returns‘ stand auf dem Banner der Rapid-Fans, und es sollte sich bewahrheiten. Für Villa gab es ein unangenehmes Deja-vu, die Mannschaft wirkte, als bräuchte sie eine neue sportliche Führung.“

„Daily Star“: „Vor genau einem Jahr ist Aston Villa gegen den gleichen Gegner ausgeschieden, und fast auf die gleiche Art und Weise. Die österreichischen Fans hatten ein Transparent mit der Aufschrift ‚Your Nightmare Returns‘ mitgebracht, doch selbst sie konnten nicht vorhersehen, was passieren sollte. Villa hat sich das Ausscheiden selbst anzukreiden.“

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