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Ein Tennisspiel für die Ewigkeit

Das mit Abstand längste Tennismatch der Geschichte hat im Juni in Wimbledon stattgefunden. Nach insgesamt 183 Games und einer Spielzeit von elf Stunden und fünf Minuten verteilt auf drei Tage gewann der US-Amerikaner John Isner sein Auftaktmatch im Rasenmekka gegen den Franzosen Nicolas Mahut mit 6:4 3:6 6:7 (7/9) 7:6 (7/3) und 70:68.

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Isner und Mahut werden nach diesem historischen Duell wohl für die Ewigkeit in einem Atemzug genannt werden und damit weit über ihre Karrieren hinaus miteinander verbunden sein. Der 2,06 m große US-Amerikaner war letztlich der Glücklichere und brachte es auf den Punkt: „So etwas wird es nie wieder geben. Es stinkt mir aber, dass einer verlieren musste“, sagte Isner nach seinem Triumph.

Das Duell brach so ziemlich jeden Rekord, den es bisher gab. Die längste Partie betrug zuvor 6:33 Stunden (Santoro - Clement in Paris 2004), die meisten Games lagen bei 112 (Gonzalez - Pasarell in Wimbledon 1969), der längste Satz bei einem Grand Slam war 25:23 (Newcombe - Riessen bei den US Open 1969). Überdies schlug Isner 112 und Mahut 103 Asse, beide pulverisierten damit den Rekord von Ivo Karlovic, der im Davis-Cup 2009 78 Asse schlug.

John Isner (USA) im Marathonmatch gegen Nicolas Mahut (Frankreich)

Reuters/Suzanne Plunkett

Bei einem Spiel über elf Stunden kann man sich schon einmal eine Pause gönnen.

Champagner und Kristallkugeln

Um 16.48 Uhr Ortszeit am 24. Juni 2010 war das Match, das am Dienstag und Mittwoch wegen Dunkelheit (und Überlänge) unterbrochen und jeweils am folgenden Tag fortgesetzt worden war, auf Court 18 zu Ende gegangen. Es war aber kein normales Ende: Noch auf dem Platz erhielten beide Spieler Kristallkugeln und Champagner, um ihr unglaubliches Duell zu zelebrieren.

Die gesamte Tennisszene zollte beiden Spielern Respekt: Trotz des erstmaligen Besuchs von Queen Elizabeth seit 1977 und dem Finalsieg von Rafael Nadal gegen den Tschechen Tomas Berdych gehörten die Schlagzeilen Isner und Mahut. An dieses Match wird sich die Tenniswelt auch in Jahrzehnten noch erinnern.

Isner hat „den Überblick verloren“

„Ab einem gewissen Punkt, vielleicht bei 25:25, habe ich den Überblick verloren“, sagte Isner und lobte damals seinen Gegner: „Der Bursche ist ein absoluter Kämpfer. Ich möchte diesen Tag mit ihm teilen, es war mir eine Ehre. Ich glaube, das werden Nicolas und ich für immer teilen.“ „Wir haben das tollste Match aller Zeiten am tollsten Schauplatz gespielt“, sagte Mahut, der nach dem verlorenen Spiel lange mit einem über den Kopf gezogenen Handtuch sitzen blieb.

Der Franzose bekommt allerdings am 3. Jänner 2011 die Chance zur Revanche. Beim Hopman Cup in Perth kommt es zur Neuauflage des Duells, da Mahut im französischen Team den verletzten Gael Monfils ersetzt. „Darauf freue ich mich wirklich, wenn sich die beiden Burschen gegenüberstehen“, sagte Turnierdirektor Paul McNamee über die mediale Aufwertung seiner Veranstaltung.

John Isner (USA) jubelt über seinen Sieg

Reuters/Glyn Kirk

So jubelt ein Spieler, der nach 183 Games den Matchball verwandelt.

Federer zollte höchstes Lob

In Wimbledon zollte Roger Federer den beiden Spielern höchstes Lob. „Irgendwie wünschte ich, ich wäre einer der beiden, irgendwie aber auch nicht. Ich liebe das. Die beiden werden das vielleicht nicht mögen, aber von so etwas hat man in unserem Sport noch nie gehört“, war der Schweizer wie alle anderen Stars begeistert. „Das war so beeindruckend. Ich habe mir das angesehen und weiß nicht, ob ich gelacht oder geweint habe. Es war einfach zu viel. Beide sind Sieger, das ist sicher“, erklärte Federer.

Auch Isners Landsfrau Serena Williams konnte es nicht fassen, was sich abgespielt hatte. „Ich kenne John, also war ich wirklich froh, dass er gewonnen hat. Aber ich habe mir auch gedacht, dass ich froh bin, dass ich nicht da draußen bin“, sagte Williams. „Es ist das erste Mal, dass so etwas in 100 Jahren passiert ist. Vielleicht wird es einige hundert Jahre dauern, bis so etwas wieder geschieht“, so Williams.

„Null Chance“ in der zweiten Runde

Für Isner war Wimbledon nach seinem historischen Sieg allerdings bald beendet. In der zweiten Runde unterlag der 25-Jährige dem Niederländer Thiemo de Bakker nach nur 74 Minuten 0:6 3:6 2:6. Isner gelang dabei kein einziges Ass. „Mein Tank war leer. Mental und physisch konnte ich überhaupt nicht mithalten. Ich hatte null Chance“, erklärte Isner. „Nun werde ich erstmal Fernsehen, vielleicht die Fußball-WM. Oder ich gehe Fischen. Einfach alles, was nicht auf dem Tenniscourt passiert“, war Isner trotz der Niederlage zu Scherzen aufgelegt.

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