Wenn der Erfolg kommt, um zu bleiben
Die Frage nach dem WM-Superstar der Damen 2011 ist seit Sonntag beantwortet. Elisabeth Görgl kürte sich mit ihrem Triumph in der Abfahrt zur Doppelweltmeisterin und wurde damit zur Hauptdarstellerin der „Festspiele im Schnee“ von Garmisch. Fünf Tage nach dem Super-G verwies die 29-Jährige ihre Konkurrentinnen auch in der Königsdisziplin souverän in die Schranken.
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Diese waren keine Geringeren als Titelverteidigerin Lindsey Vonn und die Garmischer WM-Lokalmatadorin Maria Riesch, die Dominatorinnen der vergangenen 15 Abfahrten, die sich in Garmisch mit den Plätzen hinter Görgl beschieden. Das verlieh der zweiten WM-Goldmedaille von Görgl noch mehr Glanz. Dabei machte die Steirerin nur das, was sie machen musste. „Ich verrichtete meine Arbeit und gab mein Bestes. Gold im Super-G war ein Wahnsinn, Gold in der Abfahrt ist ein Wahnsinn. Das ist alles einfach nur ein Wahnsinn“, brachte die Doppelweltmeisterin ihre beiden Medaillen auf einen gemeinsamen Nenner.

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Doppelt hält auf jeden Fall besser, weiß jetzt auch Elisabeth Görgl.
„Weil sie eine Kämpferin ist“
Dass die ÖSV-Damen alle Titel der ersten drei WM-Bewerbe kassierten, sei erwähnt. Das gelang zuletzt vor 50 Jahren in Chamonix. Dabei waren die ÖSV-Hoffnungen vor WM-Beginn gerade in der Abfahrt gering. Zu wenig Masse, keine Klasse, lautete das Urteil. „Österreich hat keine Abfahrerinnen mehr“, sagte gar ÖSV-Trainer Jürgen Kriechbaum über seine Damen, die auf eine Nachfolgerin der früheren Speed-Queen Renate Götschl warteten. Götschl freute sich mit der steirischen Landsfrau: „Weil sie eine Kämpferin ist.“
Die 35-jährige Mutter und Abfahrtsweltmeisterin 1999 sprach über Görgl nur in Superlativen. „Sie ordnet alles dem Sport unter. So eine perfekte Fahrt auszupacken, das ist unglaublich.“ Jetzt habe Görgl „endlich die Bestätigung“, ihre Leistung auch im entscheidenden Moment abrufen zu können. „Was Schöneres gibt es kaum für einen Skisportler. Die Abfahrt ist die Königsdisziplin, da geht kaum was drüber. Das ist jenes Gold, das am schönsten glänzt“, sagte Götschl.
Medaillen in der Tasche
ÖSV-Sportdirektor Hans Pum war nach seiner dritten WM-Goldmedaille sprachlos. „So etwas war nicht einmal zu erträumen“, sagte der frühere Alpin-Direktor. „Wir wussten, dass unsere Damen gut fahren, dass es bei der Weltmeisterschaft so aufgeht, hätten wir nicht gedacht. Elisabeth zog ihre Fahrt durch. Das war fantastisch.“ Es war auch der erste Abfahrtssieg der ÖSV-Damen seit Andrea Fischbacher vor zwei Jahren in Bansko. „Elisabeth lebt für den Sport, sie stellt alles hinten an.“
„Mit einer Medaille in der Tasche ist alles ein bisschen leichter“, sagte Görgl, die vor dem Start zur Abfahrt dennoch angespannt und nervös gewesen war und auch in der Nacht nicht schlafen konnte, „weil jeder Tag ein neuer Tag ist, weil ich wieder fokussiert meine Arbeit machen wollte.“ Was ihr später gelang. Wiewohl Görgl nicht von einem perfekten Rennen sprach. „Das war kein Traumlauf“, sagte sie selbstkritisch. 60 Hundertstel Vorsprung auf Vizeweltmeisterin Vonn ließen das nicht vermuten.
„Für Gold entscheidend“
Wie die Weltmeisterin ihre Fahrt zu Gold erlebte? „Gleich in der ersten Kurve war ich auf dem Innenski. Das war brenzlig, von da an musste ich mich zusammenreißen. Außerdem bin ich extrem weit gesprungen, die Linie passte“, so Görgl. Als im Ziel dann die Eins aufleuchtete, warf sie sich ihren Fans zu Füßen in den Schnee. „Ich habe mich gut gespürt, fühlte mich wohl, bin bei einigen Passagen auch tiefer rausgekommen als noch bei der Kombi-Abfahrt. Im Summe konnte ich umsetzen, was ich mir vorgenommen hatte.“
Dabei war sie in manchen Passagen am Limit, musste sie nach dem anfänglichen Fehler doch riskieren - „gerade noch einmal gutgegangen. Alles in allem war es aber ein guter Lauf, ich würde im Nachhinein nichts mehr anders machen“, sagte Görgl. In der FIS-Schneise entschied sie das Rennen für sich. „Ich bin in der Ideallinie reingekommen und konnte viel Schwung mitnehmen, das hat super gepasst und war für Gold wahrscheinlich entscheidend“ - ebenso wie vielleicht die Startnummer 16, die Görgl schon im Super-G trug und ihr davor auch bei den Olympischen Spielen schon Glück und zu Bronze verholfen haben könnte.
Das Glück ist ein Vogerl
"Es gehört eben auch viel Glück dazu. Dass im entscheidenden Moment alles hinhaut, blieb Görgl auch im Erfolg bescheiden. „Die Strecke muss dabei ebenso passen wie das Material, die körperliche Gesundheit und die mentale Verfassung. Außerdem wollen alle gewinnen. So einfach ist das also nicht. Aber wir Mädls machen unsere Sache gut“, ergänzte Görgl, die am WM-Schlusstag ihren 30. Geburtstag feiert und sich mit den Goldmedaillen vorab selbst das schönste Geschenk bereitete. Aus ihrer eigenen Erfahrung weiß Görgl aber auch: „Erfolg kommt und geht. Das ist normal. Das war so und wird auch in Zukunft so bleiben.“
Bis zum Riesentorlauf am Donnerstag, Görgls nach dem Teambewerb am Mittwoch dann vielleicht fünften WM-Einsatz in Garmisch, dürfte der Erfolg diesmal ruhig bleiben. Denn dort könnte Görgl nach ihrer nächsten Medaille greifen. Machen werde sie bis dahin nichts anders als bisher, ruhig und konzentriert arbeiten, sich spüren und an den Erfolg glauben, diesen jedoch nicht erzwingen. Eine Prognose für ihren letzten Auftritt wollte die WM-Hauptdarstellerin deshalb nicht abgeben. Außer Zweifel steht für Görgl nur eines: „Ich freue mich riesig auf den Riesen.“
Michael Fruhmann, ORF.at aus Garmisch
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