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Trainer Leonardo „moralisch am Boden“

Samuel Eto’o schlich fassungslos vom Platz, Kapitän Javier Zanetti betrachtete apathisch die jubelnden Schalker, und Trainer Leonardo verschlug Inters 2:5-Desaster im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache. Schockiert erklärte der Brasilianer nach dem Absturz im Viertelfinal-Hinspiel mit schwacher Stimme den Bankrott des Titelverteidigers: „Es ist wenig realistisch, noch an eine Wende zu denken.“

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Der heftig kritisierte Coach resigniert, sein Job ist in Gefahr. Josep Guardiola vom FC Barcelona wird in der Presse schon als kommender Inter-Trainer gehandelt. Drei Tage nach der 0:3-Demütigung im Derby gegen Milan erlebte der Triple-Sieger am Dienstagabend einen zweiten Alptraum. Nach der Meisterschaft ist auch der Champions-League-Titel so gut wie sicher verspielt. Keiner glaubt mehr an ein Wunder am kommenden Mittwoch in Gelsenkirchen.

Inter Mailand enttäuschte Spielr Wesley Sneijder, Diego Milito, Esteban Cambiasso und Samuel Eto'o

AP/Antonio Calanni

Fassungslosigkeit beim entzauberten Titelverteidiger Inter

„So eine Nacht ändert alles“

Schalkes historischer Triumph könnte so das Ende einer Ära besiegeln. Nach fünf Meistertiteln in Serie und dem Champions-League-Triumph 2010 gegen Bayern München sind die plötzlich kraft- und mutlosen Mailänder innerhalb weniger Tage abgestürzt. „Inter begeht Selbstmord“, klagte die „Gazzetta dello Sport“ am Mittwoch. Trotz einer zweimaligen Führung ließ sich der Favorit von Schalke demontieren und am Ende vorführen.

Gegen Inters katastrophal schwache Abwehr war jeder Schuss ein Treffer. Ein „Disastro“, titelte „Tuttosport“, und der „Corriere dello Sport“ staunte über „einen unglaublichen K. o.“. So wie viele Inter-Fans wähnte sich „Il Tempo“ in einem „Alptraum“. Und „La Repubblica“ vermutete: „So eine Nacht ändert alles.“ Zwei derart schmerzhafte Pleiten können bei dem so erfolgsverwöhnten Topclub nicht ohne Folgen bleiben.

Inter Mailands Trainer Leonardo

Reuters/Alessandro Garofalo

Schwere Zeiten für Leonardo

Inter-Boss hält noch zum Trainer

Bis fast 1.00 Uhr saß Clubpräsident Massimo Moratti noch mit Leonardo im Giuseppe-Meazza-Stadion zusammen. „Er ist moralisch am Boden“, berichtete der für seine vielen Trainerentlassungen bekannte Patron. Anders als die Presse, die dem noch recht unerfahrenen Trainer taktische und psychologische Fehler vorhält, versuchte Moratti, den Brasilianer aufzubauen. „Für mich ändert sich nichts“, sagte der Ölmagnat.

Kurz vor Weihnachten hatte er überraschend den nach seinem ersten Trainerjahr bei Milan ausgemusterten Leonardo für den glücklosen Mourinho-Nachfolger Rafael Benitez geholt. Unter dem 41-Jährigen gelang Inter bis zum Wochenende eine Aufholjagd in der Serie A, in der man bis auf zwei Punkte an Spitzenreiter Milan herankam, und der 3:2-Sieg in der Champions League in München. „Bis letzten Samstag haben uns noch alle applaudiert“, sagte Mittelfeldspieler Esteban Cambiasso ratlos.

Auch Mourinho „traurig“

Statt Schulterklopfen gab es für die Inter-Spieler nur Mitleid. Der in Mailand immer noch omnipräsente und von vielen gern wieder bei Inter gesehene Erfolgscoach Jose Mourinho verschickte nach dem 4:0 mit Real Madrid über Tottenham gar eine Art „Beileidstelegramm“ und sagte: „Ich bin traurig wie alle Inter-Fans.“

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