Kurioses Handspiel und hohe Wetten
Nicht nur das wegen des Rapid-Fansturms abgebrochene Wiener Skandalderby, sondern auch der 2:1-Erfolg von Tabellenführer Sturm Graz am Sonntag in Wiener Neustadt wirft kein gutes Licht auf den österreichischen Fußball. Das dem Elfmeter zum Sturm-Siegestor vorangegangene Handspiel von Edin Salkic war nämlich kaum nachvollziehbar.
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Laut einem Bericht der „Kronen Zeitung“ (Dienstag-Ausgabe) hat sich der zuvor gerüchteweise vorhandene Verdacht der Spielabsprache inzwischen erhärtet. Das in Bludenz ansässige Wettfrühwarnsystem „Asian Monitor Early Warning System“ habe bei der Partie verdächtige Daten auf dem asiatischen Markt festgestellt.
Demnach sollen in Asien sechsstellige Pfundbeträge auf das Spiel gesetzt worden sein. Das entspräche dem Siebenfachen der bei einer solchen Partie üblichen Beträge. Weiters habe es vor und während des Spiels extreme Quotenveränderungen gegeben. Auf dem österreichischen Wettmarkt hatte das Frühwarnsystem allerdings nicht angeschlagen.
Konsequenzen unwahrscheinlich
„Wir haben gehört, dass es in Asien erhöhte Wetteinsätze gegeben haben soll. In Bezug auf Österreich hat es aber keine Auffälligkeiten gegeben“, bestätigte Bundesliga-Vorstand Georg Pangl. Konsequenzen für Salkic scheinen vorerst ausgeschlossen: „Die Liga hat rechtlich gegen ihn nichts in der Hand. Wir können ihn nicht anklagen oder vorladen“, erklärte Pangl.

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Edin Salkic verbarg nach dem Hands sein Gesicht im Trikot.
Noch nicht völlig ausgeschlossen ist eine Titelentscheidung am grünen Tisch. Nach den Angaben von Christian Ebenbauer, dem Ligavorstand für Recht und Spielbetrieb, ist ein Resultat beglaubigt, sobald bis drei Tage nach dem Spiel kein Protest gegen das Ergebnis eingeht.
Bei außerordentlichen Umständen - dazu würde nachgewiesene Manipulation zählen - könnte das Resultat noch einmal angefochten werden. Allerdings könnten nur die zwei beteiligten Clubs Anzeige erstatten. Daher müssten entweder die Grazer gegen den eigenen Sieg vorgehen oder die Wiener Neustädter gleichsam eine „Selbstanzeige“ abgeben. „Das Spielergebnis wird schwer abänderbar sein“, sagte Ebenbauer.
Sponsor: „Keine voreiligen Schlüsse ziehen“
Bundesliga-Hauptsponsor tipp3 wollte Spekulationen vorerst nicht Tür und Tor öffnen. „Es gibt eine Task-Force in Österreich. Hier sind keine auffälligen Wetteinsätze vorgekommen. International gibt es Gerüchte, wonach es hohe Wetteinsätze gegeben hat. Wir müssen dies nun analysieren und die Schlüsse ziehen“, meinte der Vorstandsvorsitzende Philip Newald am Montagabend.
Ein auffälliges Wettverhalten könne verschiedene Gründe und Motivationen haben. Voreilige Schlüsse könne man daraus aber nicht ziehen. „Ein schlüssiges Datenmaterial liegt in ein, zwei Tagen vor“, erklärte Newald.
Erinnerungen an Vienna-Vorfall
Das Salkic-Handspiel ließ Erinnerungen an die 2:3-Niederlage der Vienna am 12. April gegen Austria Lustenau wach werden. Damals war nach einem ebenfalls kurios wirkenden Handspiel von Viennas Erdzan Beciri im eigenen Strafraum in der 90. Minute und dem folgenden Siegtor per Elfmeter Manipulationsverdacht aufgekommen. Der Verdacht erhärtete sich, weil auf dem asiatischen Markt ein auffälliges Wettverhalten auf ein spätes Tor in Lustenau vorgelegen war.
„Unbewusstes“ Handspiel
Salkic, ehemaliger Sturm-Spieler und aktueller Wr.-Neustadt-Profi, hatte in dem Spiel der vorletzten Bundesliga-Runde in der 87. Minute beim Stand von 1:1 einen unbegreiflichen Fehler im Strafraum begangen. Der 1,97 m große Stürmer sprang zu einer Flanke von rechts hoch, erwischte den Ball aber zuerst mit der Hand. Den fälligen Elfer verwertete Sturm-Regisseur Samir Muratovic sicher zum Siegestor.

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Samir Muratovic ließ sich die Chance nicht nehmen.
Der 21-jährige Salkic sah die Gelbe Karte und versteckte nach dem Missgeschick sein Gesicht im Trikot. „Mir war nicht bewusst, dass meine Hand so weit oben war, als mich der Ball berührt hat“, wurde er am Montag im „Kurier“ zu der Szene zitiert.
Keine gute Optik
Wr.-Neustadt-Trainer Peter Schöttel, der den Verein nach Meisterschaftsende Richtung Rapid verlassen wird, war jedenfalls überrascht: „Ich will ihm nichts unterstellen, aber die Optik ist keine gute. Ich weiß nicht, was ihn geritten hat, dass er da mit der Hand hingeht.“
Sturm-Sportdirektor Oliver Kreuzer war laut „Kurier“ zumindest froh, „dass Salkic kein Sturm-Spieler mehr ist“. Salkic, ehemaliger Nachwuchs-ÖFB-Teamspieler, hatte insgesamt nur drei Partien für die Steirer bestritten, die letzte davon 2009. Danach begannen die Wander- und „Leihjahre“ des gebürtigen Bosniers.
„Man braucht auch Glück“
Die unglückliche Aktion war Sturms Glück und sorgte jedenfalls für viel Gesprächsstoff. So wies Sturm-Trainer Franco Foda auf der Sportwebsite Sport10.at etwaige Manipulationsspekulation verärgert zurück. „Diese Unterstellung ist eine absolute Frechheit, die Anschuldigungen Blödsinn. Wer das glaubt, tut mir leid“, so Foda. „Man braucht auch Glück, wenn man Meister werden will. Das war heute der Fall“, sagte der Deutsche.
Während der 90 Minuten gingen die Fans der Grazer, die Spieler und die Vereinsverantwortlichen durch ein Wellental der Gefühle. „Es war verrückt, einmal waren wir draußen, dann wieder drinnen“, brachte es Sturm-Präsident Gerald Stockenhuber auf den Punkt - bis zum verwerteten Elfer von Muratovic.
Austria-Trainer Daxbacher „schockiert“
Austria-Coach Karl Daxbacher musste nach den Vorfällen im Hanappi-Stadion die für die Austria bittere Schlussphase in Wr. Neustadt hinnehmen. „Man könnte meinen, dass ich zu subjektiv bin, um hier etwas zu sagen. Aber dieses Hands war schon sehr erschreckend und schockierend. Das gibt schon zu denken, aber was kann man machen?“, meinte Daxbacher.
Vehement wischte man in Wiener Neustadt die angeblichen Naheverhältnisse zwischen Salkic und Sturm vom Tisch. Genauso wenig will man sich auf etwaige Diskussionen einlassen, weil beide Clubs von Magna gesponsert werden. „Salkic ist kein Sturm-Leihspieler. Und er geht auch nicht zu Sturm zurück“, erklärte Clubmanager Alex Gruber. Gruber betonte, dass Wr. Neustadt Salkic in der vergangenen Winterpause von Sturm verpflichtet hat. Am 30. April habe man dann die Option auf eine weitere Zusammenarbeit gezogen. „Der Spieler gehört also bis 31. Mai 2012 Wiener Neustadt. Und wenn wir die Option ziehen, sogar bis 2013“, berichtete Gruber.
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