Mannschaft führt Trainer zum Triumph
Zur Halbzeit der österreichischen Bundesliga-Saison 2011/12 war Red Bull Salzburg im Dezember nur auf dem fünften Platz gelegen. Am Sonntag krönte sich die Mannschaft von Trainer Ricardo Moniz mit einem 5:1 in Wiener Neustadt souverän zum Meister. Ein Spieljahr, das lange Zeit von inkonstanten Leistungen der erklärten Titelkandidaten geprägt war, fand so doch noch den allgemein erwarteten Ausgang.
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„Es war ein hartes Stück Arbeit, aber wir haben uns diesen Titel verdient“, brachte es der während der Saison mehrmals angezählte Moniz auf den Punkt. Am Sonntag haben die „Bullen“ im Finale des ÖFB-Samsung-Cups gegen Ried (16.00 Uhr, live in ORF eins) im Wiener Ernst-Happel-Stadion sogar noch die Chance auf das Double. Im Sommer bzw. Herbst soll es dann erstmals auch mit dem ersehnten Einzug in die Champions-League-Gruppenphase klappen.
Vor der 36. und letzten Runde der Meisterschaft am kommenden Donnerstag liefert ORF.at eine Analyse, warum Budgetkrösus Salzburg die Konkurrenz letztlich deutlich in die Schranken weisen konnte.
Wendepunkt Charkiw
Die Freude bei Red Bull über den Einzug in die Knockout-Phase der UEFA Europa League schlug im Februar in blankes Entsetzen um, als man dem ukrainischen Vertreter Metalist Charkiw in Hin- und Rückspiel absolut nichts entgegenzusetzen hatte. Zu Hause ging man mit 0:4 unter, in der EM-Austragungsstadt kam die Moniz-Elf mit 1:4 unter die Räder. Obwohl Anfang März noch eine 0:1-Heimpleite gegen Mattersburg folgte, war das internationale Scheitern so etwas wie ein Wendepunkt.
In 14 Runden feierte Salzburg seither zehn Siege, spielte dreimal Unentschieden und bezog lediglich diese eine Niederlage gegen die Burgenländer. Die „Big Points“ in den direkten Duellen mit den weiteren Titelanwärtern gingen im Frühjahr an die Mozartstädter. So wurde Vizemeister Rapid zu Hause 3:1 und auswärts 1:0 geschlagen. „Wir haben uns enorm gesteigert und sind stark aufgetreten“, bilanzierte Verteidiger Franz Schiemer nach nun zwölf Ligaspielen ohne Niederlage.
„Millionärstruppe“ mit Herz
Ausschlaggebend für den Erfolgslauf der Salzburger im Frühjahr waren vor allem jene Faktoren, die man der im Red-Bull-Imperium „verwöhnten Millionärstruppe“ immer abgesprochen hatte - Teamgeist, Einsatz und Leidenschaft. Obwohl das allgemeine Zuschauerinteresse in der Red-Bull-Arena erschreckend gering war, kämpfte man sich auf die Erfolgswelle und fand schließlich die verloren geglaubte Spielfreude. Dass mit Jakob Jantscher und Stefan Maierhofer (jeweils 14 Treffer) vor der letzten Runde zwei Salzburger an der Spitze der Torschützenliste zu finden sind, unterstreicht diese positive Entwicklung.

Reuters/Lisi Niesner
Salzburger Jubel in Wiener Neustadt - und der Cuptitel könnte noch folgen
Geld gewinnt doch Titel
Der brasilianische Topstürmer Alan, der fast die gesamte Saison verpasste, war nur einer von zahlreichen verletzungsbedingten Ausfällen, die Moniz kompensieren musste. Was dem Niederländer dabei zugute kam, war der größte und mit Abstand teuerste Kader der Liga. Was für die Europa League - von der Champions League gar nicht zu reden - nach wie vor zu wenig ist, reicht für die tipp3-Bundesliga allemal. Als es im Frühjahr um die sprichwörtliche „Wurscht“ ging, konnte Moniz immer eine schlagkräftige Mannschaft aufbieten.
Bei Rapid dagegen bangte man wöchentlich um die Fitness von Steffen Hofmann. Die Austria zerbrach an den Verkäufen von Nacer Barazite und Zlatko Junuzovic. „Als wir unsere Durchhänger hatten, hat das niemand genutzt. Das war über die ganze Saison gesehen sicher entscheidend“, erklärte Kapitän Christoph Leitgeb den Grund dafür, warum sich die Salzburger nach einer völlig verpatzten Herbstrunde doch noch überzeugend und verdient durchsetzen konnten.
Moniz als Fanatiker mit viel Verstand
Die enttäuschende Hinrunde und das bittere Aus in der Europa League hatten die Lunte zum Red-Bull-Pulverfass, in dem Trainer Moniz damals saß, bereits entzündet. Der 47-jährige Coach, der nach Huub Stevens zur Interimslösung und schließlich zum permanenten Nachfolger wurde, hatte sich bis dahin mit personellen Experimenten (unter anderem in der Kapitänsfrage), ständigen Umstellungen und zu weichem Führungsstil in die Bredouille gebracht.

GEPA/Christopher Kelemen
Ricardo Moniz hat es bei Red Bull Salzburg doch noch geschafft
Als sich Medien und Experten schon auf ihn eingeschossen hatten, ein Teil der Mannschaft sogar das Gespräch mit der Red-Bull-Konzernspitze gesucht haben soll, blieb der von den Spielern als „Fußballfanatiker“ beschriebene Moniz cool. Er ließ die „Revoluzzer“ gewähren und ermöglichte so das Entstehen eines Teamgefüges, das es davor nicht gegeben hatte. Bei zwischenzeitlich bereits abgeschriebenen Profis wie Andreas Ulmer, Ibrahim Sekagya und Christian Schwegler sprang Moniz im Frühjahr über seinen Schatten und belebte so das Spiel der „Bullen“.
Der als Nachwuchs-, Technik- und Assistenztrainer in ganz Europa hoch angesehene Niederländer machte in dieser Saison Erfahrungen, die ihm auf seinem weiteren Weg als Chefcoach noch sehr nützlich sein werden. Ob er diesen Weg bei Red Bull Salzburg fortsetzen darf, steht trotz Meistertitels und möglichen Doubles aber noch in den Sternen.
Leistungsexplosion bei Jantscher
Unter Huub Stevens wurde der von Sturm Graz nach Salzburg gelockte Jakob Jantscher nicht glücklich. Der offensive Flügelmann musste unter dem nunmehrigen Schalke-Trainer viele Defensivaufgaben verrichten und kam nach vorne kaum zur Entfaltung. Die Leistungsexplosion bei Jantscher, der acht seiner 14 Saisontore im Frühjahr erzielte, war somit auch ein entscheidender Faktor für den vierten Titel der Salzburger in der Red-Bull-Ära (nach 2007, 2009 und 2010). Die gegen Rapid erlittene Schulterverletzung überschattete Jantschers Erfolgslauf nur kurz. Für das Cupfinale gegen Ried hofft er sogar schon auf ein Comeback.
Maierhofer als „Zündler“, Reibebaum und Torjäger
ORF-Analytiker Frenkie Schinkels formulierte nach dem Doppelpack von Stefan Maierhofer in Wr. Neustadt treffend: „Er zündet einfach die Partie an.“ Ob als Stammspieler oder Joker - der baumlange Stürmer reißt Teamkollegen mit, sorgt im Strafraum für Betrieb, provoziert gegnerische Spieler und Fans, weicht keinem Zweikampf aus und trifft regelmäßig das Tor. Der oft geäußerte Hinweis darauf, dass Maierhofer fußballtechnisch nicht den Feinmotorikern zuzuordnen ist, langweilt zunehmend. Tore wie sein 1:0 bei Rapid entscheiden eine Meisterschaft.
Harald Hofstetter, ORF.at
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