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Scharner fordert „Schlüsselrolle“

Paul Scharner ist am Mittwochnachmittag, wenige Stunden vor Anpfiff des freundschaftlichen Länderspiels von Österreich gegen die Türkei aus dem ÖFB-Teamcamp abgereist. Grund ist eine Meinungsverschiedenheit mit Teamchef Marcel Koller, nachdem der Defensivspieler eine „Schlüsselrolle“ für sich gefordert hatte.

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Der Neo-Hamburger wollte nicht nur im Test gegen die Türkei, sondern auch in der kommenden WM-Qualifikation eine Schlüsselrolle einnehmen. Als er erfuhr, dass er nicht in der Startformation steht, kam es zum Zerwürfnis. Das könne er nicht akzeptieren, „denn ich kann nur helfen, wenn ich fix spiele“, sagte der 32-Jährige dem Magazin „News“.

„Mit Koller werden wir sicherlich nie zur WM 2014 fahren.“ Man habe ihn „weichgeklopft wie ein Schnitzel. Jetzt müssen sie ihn nur noch panieren, dann passt es, dann ist er ein richtiger Österreicher.“ Ob Scharner freiwillig gegangen ist oder gehen musste, darüber gibt es unterschiedliche Aussagen.

ÖFB-Teamchef Marcel Koller

GEPA/Christian Ort

Koller gab den Forderungen Scharners nicht nach

Kein Verständnis von Koller

Koller brachte für die Sonderwünsche von Scharner, der eben erst neben Andreas Ivanschitz, David Alaba und Sebastian Prödl in den ÖFB-Mannschaftsrat gewählt wurde, jedenfalls kein Verständnis auf.

„Das kann ich nicht akzeptieren, wenn einer einen Stammplatz fordert", sagte er im ORF-Kurzsport. Paul hat zuletzt zweimal von Beginn an gespielt. Gerade in der Innenverteidigung haben wir aber einige Möglichkeiten, weshalb ich im heutigen Spiel noch einmal etwas anderes probieren will. Da er dies nicht akzeptieren konnte, hat er sich entschlossen, nach Hause zu fahren“, sagte der Schweizer. „Unter mir wird er sicher nicht mehr spielen.“

ÖFB deckt Koller den Rücken

Koller hat dafür die volle Rückendeckung des ÖFB, Präsident Leo Windtner, Generaldirektor Alfred Ludwig und Sportdirektor Willi Ruttensteiner unterstützen den Teamchef sowohl bei dieser Entscheidung als auch bei seiner weiteren Vorgehensweise.

Ruttensteiner sagte im ORF-Sport: „Man kann nicht einen Stammplatz oder einen Startplatz fordern. Wenn das der Fall ist, dann gibt es einfach nur die Konsequenz, dass man sich verabschiedet und getrennte Wege geht. Wenn ein Spieler nicht bereit ist, sich für die Nationalmannschaft auf die Ersatzbank zu setzen, und einen Stammplatz fordert, dann ist es, glaube ich, eine Entscheidung aller, dass man einen derartigen Spieler in der Nationalmannschaft nicht mehr dabeihat.“

Hobel: „Er geht seinen Weg“

Scharner war zu keiner Stellungnahme bereit. „Ich ziehe mich jetzt zurück. Verstehe bitte, dass diese Angelegenheit keine einfache ist - besonders kein Spiel von mir sondern purer Ernst“, ließ der 32-Jährige den ORF per SMS wissen. Sein Mentaltrainer Valentin Hobel war vorerst über die genauen Umstände nicht informiert und konnte nur Mutmaßungen anstellen. „Es geht wahrscheinlich wie immer um Anspruch und Anerkennung. Wenn Paul entwertet wird, macht er nicht mehr mit“, sagte Hobel.

Dass sein Schützling durch diese Aktion nicht mehr für die ÖFB-Auswahl berücksichtigt wird, ist dem Mentalcoach bewusst. „Er geht eben seinen Weg, und ich bin ein Coach, der ihm sagt, dass er seinen Weg gehen muss.“ Sein letztes Länderspiel absolvierte Scharner am 5. Juni beim 0:0 gegen Rumänien, wo er in der Innenverteidigung durchspielte.

Gerade dort ist Österreichs Nationalteam aber bestens besetzt. Mit Emanuel Pogatetz (Hannover), Aleksandar Dragovic von Basel, Werder Bremens Sebastian Prödl und eben Scharner gibt es ein Überangebot an international erfahrenen Spielern, die sich um zwei Plätze in der Startaufstellung raufen müssen.

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