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Brisantes Interview

Die Karriere von Paul Scharner in Österreichs Nationalteam ist nach 40 Länderspielen zu Ende. Der 32-Jährige zog mit seiner Abreise aus dem Teamcamp selbst den Schlussstrich. Ein Konflikt mit Teamchef Marcel Koller war der Abreise vorausgegangen. In einem Interview mit dem Magazin „News“ fuhr Scharner zuvor schwere Geschütze gegen den Schweizer auf.

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Koller machte bereits kurz vor dem Testspiel gegen die Türkei unmissverständlich klar, dass unter ihm Scharner keine Zukunft in der ÖFB-Auswahl hat. „Ich kann es nicht akzeptieren, wenn einer einen Stammplatz fordert. So war die Situation. Unter mir wird er sicher nicht mehr spielen“, sagte der Schweizer in einem ORF-Interview.

Koller erhielt Rückendeckung von ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner. „Man kann nicht einen Stammplatz fordern, da gibt es nur die Möglichkeit, dass man getrennte Wege geht. Wenn ein Spieler für die Nationalmannschaft nicht bereit ist, sich auf die Ersatzbank zu setzen, dann ist die Entscheidung aller, dass man so einen Spieler nicht mehr dabeihat“, sagte Ruttensteiner.

Marcel Koller und Paul Scharner beim Training

APA/Robert Jäger

Ein Training mit Koller und Scharner gibt es in Zukunft nicht mehr

Scharner „tief beleidigt“

Bereits am Dienstabend hatte Scharner „News“ ein Interview gegeben, in dem er mit Koller hart ins Gericht ging. „Wenn jemand mit mir umspringt wie mit einem jungen Trottel, bin ich tief beleidigt. So geht man nicht mit mir um, so gibt es mit Sicherheit keinen Paul Scharner 2014“, wurde Scharner zitiert. Der HSV-Legionär hatte nach dem Training am Dienstag von Koller erfahren, dass er gegen die Türkei nicht erste Wahl ist. Für Scharner nach den letzten beiden Spielen eine „Beleidigung“.

„Und jetzt komme ich zum Team und bin Ergänzungsspieler. Paul Scharner als Kaderspieler wird es nicht geben, denn ich kann der Mannschaft nur helfen, wenn ich fix spiele“, so der 32-Jährige. „Aber einfach degradiert und auf die Ersatzbank gesetzt werden, ohne Option und mit der Erklärung, ich habe zu wenig Erfahrung auf der Innenverteidigerposition, ich habe zu wenige Spiele gemacht auf dieser Position in den letzten zwei Jahren, das ist nicht okay“, sagte Scharner.

Das Schweizer Schnitzel

Der Niederösterreicher verwies auf seine rund 330 Erstligaspiele, in denen er nach eigenen Angaben 180- bis 200-mal Innenverteidiger gespielt habe. Er sei nach der Mitteilung Kollers „baff“ gewesen, so Scharner. „Wenn man mit mir über die Innenverteidigerposition philosophieren möchte, dann schaltet’s bei mir aus, ehrlich gesagt. Auf der Position braucht mir keiner was vormachen.“

Er sei mit 32 Jahren, 207 Premier-League-Spielen und 21 Toren der erfahrenste Spieler im Kader. „Wer hat das in den letzten 150 Jahren geschafft?“, fragte der Niederösterreicher. Koller sei mittlerweile „weichgeklopft wie ein Schnitzel“, so Scharner. „Jetzt müssen sie ihn nur noch panieren, dann passt’s. Dann ist er ein richtiger Österreicher. Er ist am Anfang super schweizerisch aufgetreten, super Linie gefahren, professionell. Aber scheinbar ist irgendwas im Sommer passiert.“

Mit Koller nicht zur WM

Scharner vermutete, seine Berufung in den Mannschaftsrat sei nur Augenauswischerei gewesen. „Er gibt mich in den Spielerrat, er gibt den Pogatetz nicht in den Spielerrat. Das heißt, mich will er mit der Position im Spielerrat ruhigstellen. Und den Pogatetz und den Prödl lässt er spielen“, so Scharner, „der Prödl ist ein Junger, der spielt möglicherweise noch länger als ich im Nationalteam. Da steckt ein Plan dahinter.“

Und den will der Routinier nicht mitspielen. „Ich soll ein spielender Back-up-Coach sein. Da mache ich nicht mit! Ich habe die letzten zwölf Jahre alles mitgemacht, ich habe jeden Verein so weit wie möglich und sosehr es in meiner Macht stand, gepusht. Das ist jetzt vorbei. Ich würde sagen, das ist jetzt der Paul Scharner 2.0. Der Paul Scharner lässt sich nicht verarschen und nicht verbiegen“, wurde der 40-fache Internationale zitiert.

Abschließend kündigte Scharner an, Koller einen Brief „mit klaren Fakten und Ansagen“ zu schreiben, und bezeichnete Österreichs Chancen auf eine WM-Teilnahme mit „null“. „Mit Koller fahren wir nie zur WM 2014.“ Mit ihm, Scharner, wären die Chancen hingegen größer gewesen.

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