„Ein Leben lang goldene Träume“
Der frühere Formel-1-Fahrer Alessandro Zanardi hat bei den Paralympics in London die Goldmedaille im Zeitfahren mit dem Handbike gewonnen. Der Italiener, der bei einem Rennunfall 2001 auf dem Lausitzring beide Beine verloren hatte, setzte sich am Mittwoch über 16 km in 24:50,22 vor dem Deutschen Norbert Mosandl (+ 27,18) und dem US-Amerikaner Oscar Sanchez (+ 45,04) durch.
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„Ich werde meinen Gegnern ganz schön einheizen“, hatte der 45-Jährige bereits vor dem Rennen in einem TV-Spot verkündet, konnte sich bei diesen Worten aber einen kleinen Lacher nicht verkneifen. Während er früher gedacht habe, er würde lieber sterben, als ohne Beine zu leben, kämpfte sich Zanardi eindrucksvoll zurück, fand wieder seinen Lebenswillen und erfüllte sich in London seinen großen Traum.

APA/dpa/Daniel Karmann
Nach seinem schweren Unfall kämpfte sich Zanardi zurück und holte Gold
„Für mich ist etwas Magisches passiert“, sagte der Italiener im Ziel, wo ihn Hunderte Journalisten umlagerten. „Ich fühle mich wie ein kleiner Bub, der morgens im Bett liegt, und die Mama ruft: ‚Frühstück!‘ Aber ich will nicht aufstehen müssen, sondern noch ein bisschen länger liegen bleiben“, sagte Zanardi, der seine Karriere im Handbike nach den Spielen in London schon wieder beenden will.
„Das Beste daraus machen“
Dass es ihm auf der legendären Rennstrecke Brands Hatch, die er aus seinen Zeiten im Cockpit diverser Boliden noch gut kennt, aber gar nicht um den Gewinn einer Medaille ging, stellte der Italiener bereits davor klar. „Die größte Herausforderung ist, das Beste aus seinen Möglichkeiten zu machen“, meinte er jüngst in einem Interview. „Wenn plötzlich Leute fliegen könnten, würde sich auch ein Usain Bolt behindert fühlen.“
Dem tragischen ChampCar-Unfall vor elf Jahren, als er mit seinem Reynard-Honda ins Schleudern geriet und von Kontrahent Alex Tagliani mit 320 km/h gerammt wurde, gewinnt er sogar positive Aspekte ab. „Ich bin ein glücklicher Mensch, weil ich mein Leben lang goldene Träume hatte.“ Als Motorsportler hätte er es nie zu solchen Sportfesten wie Olympia oder Paralympics geschafft.
Seit drei Jahren mit dem Handbike
2009 fasste er den Entschluss, es auf drei Rädern zu versuchen. Ein Freund hatte ihn von dem Sport erzählt, und Zanardi probierte ihn halt einmal aus. Den ersten Versuch an der Handkurbel, die bei den Sportlern ohne Beine die Pedale ersetzt, brach er nach wenigen Minuten völlig erschöpft ab. Aber sein Interesse war geweckt, und nach vier Wochen Training wagte er sich an den New York Marathon. Zanardi wurde auf Anhieb Vierter - im vergangenen Jahr gewann er sogar.
„Mein Motto ist: Es kommt nicht darauf an, wie hoch du gestiegen oder wie tief du gefallen bist“, verriet Zanardi im Vorfeld der Paralympics in London. „Man kann jeden Tag wieder etwas Neues erreichen.“ Der 45-Jährige lebt das vor, von 2005 bis 2009 ging er in einem speziellen Boliden bei der Tourenwagen-WM an den Start. Im November 2006 stieg er als erster Beinamputierter in einen Formel-1-Wagen, den BMW für Testfahrten gebaut hatte. „Viele glauben, dass das Leben ohne Beine vorbei ist. Verdammt noch mal, das ist es aber nicht“, sagte Zanardi damals in Valencia.
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