Mehr als nur ein Wettbewerb
Beim Ryder Cup der Golfer geht es nicht um viel Geld, dafür um umso mehr Prestige. Zum 39. Mal findet ab Freitag im Medinah Country Club bei Chicago der Länderkampf zwischen den USA und Europa statt. Der Kampf um den 1927 von Samuel Ryder gestifteten Pokal ist vor allem für die Amerikaner mehr als nur ein Wettstreit. Die Etikette wurde im patriotischen Getöse schon des Öfteren vergessen.
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„Der Ryder Cup ist für mich so wichtig wie der Kriegseinsatz meines Vaters in Vietnam“, sagte der US-Amerikaner Bubba Watson beim bisher letzten Ryder Cup vor zwei Jahren in Wales. Damals setzten sich die Europäer mit 14,5:13,5 gegen die US-Amerikaner durch und holten zum neunten Mal seit 1979 den Cup. Vor 33 Jahren wurde das britisch-irische Team, das zuvor gegen die USA angetreten war, um Spieler aus dem Rest Europas erweitert.
Angekratztes US-Selbstbewusstsein
Die Ausweitung des Ryder Cups zum Duell Europa gegen USA führte zu einer Verschiebung der Kräfteverhältnisse. Konnten vor 1979 die Amerikaner in 22 Wettkämpfen 19-mal triumphieren, lautet die Bilanz seit 1979 neun Siege Europa, sieben Siege USA. Die Europäer reisen auch als Titelverteidiger zum Ryder Cup 2012 an. Die unerwartete Umkehr der Kräfteverhältnisse nagte vor allem in den 1990er Jahren an der amerikanischen Seele.

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Vor zwei Jahren in Wales trug das Publikum Europa zum Sieg
Der Verlust der Vormachtstellung im Kampf um die goldene Trophäe führte zu einigen der emotionalsten und von Patriotismus überschatteten Duelle in der Geschichte des Ryder Cups. 1991 stilisierten die US-Medien den Wettkampf auf Kiawah Island in South Carolina zum „War on the Shore“ - dem Krieg an der Küste - hoch. Dreimal in Folge hatten die Amerikaner davor den Ryder Cup verloren, das was zuvor in der Geschichte noch nie passiert.
Der Druck auf die Gastgeber war dementsprechend groß, das Ende ein Stück Golfgeschichte. Der Deutsche Bernhard Langer verpasste im Duell mit Hale Irwin im entscheidenden Einzel einen Putt aus zwei Metern und damit jenen Punkt, der den Europäern das Remis und damit die erfolgreiche Titelverteidigung beschert hätte. Während Langer nach dem verpassten Putt auf den Knien mit den Tränen kämpfte, feierten die Fans Irwin mit „USA, USA“-Rufen.
Die Schlacht von Brookline
Einen Tiefpunkt erreichte der Ryder Cup 1999 im Country Club von Brookline. Der als „Battle of Brookline“ („Schlacht von Brookline“) in die Sporthistorie eingegangene Bewerb sah auf der einen Seite ein sensationelles Comeback der USA und eine Ausuferung der Unsportlichkeit der Fans auf der anderen Seite. Der aktuelle Kapitän des europäischen Teams, Jose Maria Olazabal, war damals beim entscheidenden Einzel gegen Justin Leonard der Leidtragende der chaotischen Zustände.
Schon vor dem packenden Finish hatten betrunkene US-Fans die Veranstaltung negativ geprägt. So war Europas Teamkapitän Mark James von Zuschauern bespuckt und dessen Frau beleidigt worden. Beim Duell Leonard - Olazabal kochten die Emotionen schließlich über. Ein Rückblick: Leonard versenkte auf dem 17. Loch einen Birdie-Put aus 15 Metern und brachte Olazabal damit unter Zugzwang. Nachdem erfolgreichen Putt des US-Amerikaners stürmten dessen jubelnde Teamkollegen, deren Frauen und zahlreiche Fans das Grün. Olazabal musste mehrere Minuten warten, bis sich die Jubeltrauben wieder aufgelöst hatten.

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Die voreiligen Feiern der US-Spieler blieben von 1999 in schlechter Erinnerung
Mit der Konzentration des Spaniers war es dahin. Olazabal schob den Ball links am Loch vorbei und bescherte den Amerikanern vor den Augen des späteren US-Präsidenten George W. Bush nach zwei Niederlagen in Folge wieder einen Sieg. Die chaotischen Zustände rund um den Wettbewerb brachten den USA vor allem in Europa viel Kritik ein. Die Amerikaner entschuldigten sich später. „Die Linie der Zivilisation wurde übertreten mit einem vergifteten Mix aus Gier, Alkohol, Hurra-Patriotismus und schlechtem Geschmack“, sagte der langjährige Direktor des US-Verbandes Frank Hannigan.
45.000 Fans erwartet
Die „Battle of Brookline“ war für Spieler und Veranstalter des Ryder Cups ein Weckruf zur richtigen Zeit. Die hasserfüllte Stimmung, auch unter den Spielern, ist einem gesunden Maß an Euphorie und Patriotismus gewichen. Kleine Mätzchen, um den Heimvorteil auszunutzen, gehören jedoch auch 2012 dazu. So ließ US-Kapitän Davis Love III das hohe Gras an den Seiten der Bahnen speziell niedrig trimmen, um seinen „Longhittern“ rund um Tiger Woods einen Vorteil zu verschaffen.
Die USA, die neben Woods u. a. auch FedExCup-Sieger Brandt Snedeker, die aktuellen Major-Champions Bubba Watson und Webb Simpson sowie Routinier Phil Mickelson aufbieten, gelten daher und aufgrund des Heimpublikums als Favorit. 45.000 Zuschauer werden an den drei Wettkampftagen erwartet. „Mindestens 80 Prozent der Zuschauer werden für die USA und gegen uns sein. Es wäre allerdings schön, wenn es fair bleiben würde“, sagte der Deutsche Martin Kaymer.
Nicklaus’ große Geste
Fair - so wie 1969 im englischen Southport. Damals sorgte der große Jack Nicklaus für die vielleicht größte Geste in der Geschichte des Ryder Cups. Das Einzel des Amerikaners gegen den Engländer Tony Jacklin wurde zur Entscheidung über die Pokalvergabe. Nicklaus versenkte auf dem 18. Loch seinen Putt aus rund fünf Fuß (1,5 Meter), Jacklin hätte seinen Putt aus rund einem Meter nun ebenfalls versenken müssen. Doch bevor der Engländer zur Tat schreiten konnte, griff Nicklaus ein.
Der „Golden Bear“ hob den Marker seines Gegners auf und schenkte Jacklin damit den Putt und das Remis. „Ich glaube nicht, dass du den Ball vorbeigeschoben hättest, aber ich wollte dir auch nicht die Chance dazu geben“, sagte Nicklaus in der Folge zu Jacklin. Der Wettbewerb endete damit erstmals in der Geschichte remis. Die USA behielten aber als Titelverteidiger nach den Regeln den Pokal für weitere zwei Jahre.
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