Schwimmverband greift durch
Sportlich hat Dinko Jukic mit Platz vier in London über 200 m Delfin für das Olympiahighlight aus österreichischer Sicht gesorgt, doch ein verbaler Ausraster bei der EM im Mai in Debrecen handelte dem 23-Jährigen eine unerwünschte Zwangspause ein.
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Der Österreichische Schwimmverband (OSV) schloss seinen erfolgreichsten Athleten Ende August wegen der Beleidigung von OSV-Funktionären für die Dauer von einem Jahr von der Teilnahme an allen nationalen und internationalen Wettbewerben aus. Das Strafmaß wurde auf zehn Monate unbedingt und zwei Monate auf Bewährung ausgesprochen.

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Jukic war bei Olympia in London eines der wenigen österreichischen Highlights
Nach dem Rücktritt von OSV-Präsident Paul Schauer betätigte der Verband unter dessen Nachfolger Christian Meidlinger zwar im September die Sperre, Jukic erwirkte allerdings Ende November per einstweiliger Verfügung vom Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien eine Startberechtigung.
Rundumschlag in Interview
Unmittelbar vor seiner Sperre hatte Jukic in einem Interview mit der Zeitschrift „News“ zum Rundumschlag gegen den Verband ausgeholt. Warum er etwa bei der OSV-Anhörung, bei der er Gelegenheit gehabt hätte, den Fall vor aus seiner Sicht darzulegen, nicht erschien, erklärte Jukic damit, dass er dieses Gericht nicht anerkenne, weil es formalrechtlich nicht korrekt zusammengesetzt sei. Demnach seien nur zwei Mitglieder gewählt, das dritte lediglich nominiert worden. Dieses Gericht könne ihn also „gar nicht für Wettkämpfe sperren“, sagte Jukic. „Es ist formalrechtlich gar nicht vorhanden.“
In Wahrheit gehe es nur darum, ihn durch dieses Disziplinarverfahren „mundtot zu machen“, wurde Jukic weiter zitiert. Für viele Funktionäre sei bei einem Wettkampf Sightseeing wichtiger als der Sport. „Es ist eine Schande für den Verband, solche Leute an solche Positionen zu setzen“, so Jukic, der auch seine Ankündigung wiederholte, aufhören zu wollen, sollte sich nichts an der Sperre ändern. „So kann es nicht weitergehen. Für mich ist es unmöglich, mich unter diesen Umständen, wo jeder hinterrücks gegen jeden arbeitet, weitere vier Jahre vorzubereiten.“
Wüste Beschimpfung in Debrecen
Dem Athleten, dessen Probleme mit dem Verband laut Jukic schon seit 2006 schwelen, war die Beleidigung von OSV-Funktionsträgern im Rahmen der EM in Debrecen am 27. Mai vorgeworfen worden. Jukic hatte zwei Funktionäre und einen Kampfrichter im Teamhotel beschimpft, u. a. mit den Worten: „Ich reiße euch den Arsch auf.“ Das Verbandsgericht sprach Jukic nach Sichtung der Beweisprotokolle und neuerlicher Einvernahme der anderen drei Beteiligten schuldig. Eine Tonaufnahme des Vorfalls wurde nicht als Beweis herangezogen.
„Die Äußerungen sind als erwiesen angenommen worden. Er hat den Delegationsleiter und zwei weitere Personen massiv verbal angegriffen und beleidigt. Außerdem hat er versucht, eine Person körperlich anzugreifen. Das wurde aber verhindert“, erläuterte der Senatsvorsitzende Herbert Schachter. Der Jurist verwies darauf, dass sich der Vorfall vor einer größeren Personengruppe abgespielt habe.
Funktionäre rechnen mit Jukic ab
Die Hoffnungen von Jukic auf eine Rücknahme der Sperre am 15. September beim Verbandstag in Linz wurden nicht erfüllt. Die Funktionäre sprachen sich mit einer großen Mehrheit (101:10 Stimmen) gegen eine Aufhebung des Wettkampfverbots aus. Sie zeigten sich nach den verbalen Ausrastern von Jukic und dem daraus resultierenden Rücktritt von Präsident Schauer unversöhnlich gegenüber dem Sportler.
Die Aussagen fielen hart aus. „Jukic schwimmt nicht für Österreich, er schwimmt für Jukic“, sagte etwa Erich Maglock, Präsident des niederösterreichischen Verbandes. „Der Schaden, den Jukic mit seinem Verhalten angerichtet hat, ist viel größer als der Nutzen, den er mit dem vierten Platz bei Olympia gebracht hat. Der Verband war wochenlang in den Zeitungen, da werden wir noch lange daran zu knabbern haben“, sagte ein Vereinsvertreter, und eine Delegierte fügte an: „Herr Jukic hat noch jede Hand, die ihn gefüttert hat, gebissen und dann noch abgesägt.“
Meidlinger folgt Schauer als OSV-Präsident
Nach dem Rücktritt Schauers wurde Jukics Forderung nach einem neuen Vorstand mit der Wahl von Meidlinger zum neuen Präsidenten zwar zwangsläufig erfüllt, sein Wunsch, dass auch ein Ex-Athlet in die OSV-Führungsriege kommt, wurde aber nicht gehört. Diese blieb nahezu unverändert. Als Vizepräsident fungiert weiterhin Peter Putzgruber, die weiteren Stellvertreter sind Richard Kössler und Birgit Fürnkranz-Maglock. Weitere Präsidiumsmitglieder sind wie schon bisher Walter Benesch als Finanzreferent und Herbert Schurm als Schriftführer.

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Der neue OSV-Präsident Christian Meidlinger trat kein leichtes Erbe an
Meidlinger und sein Team haben nun die Möglichkeit, etwas zu bewegen. Und das kündigte der 49-Jährige auch an. „Mein Ziel ist es, den Schwimmsport aus den negativen Schlagzeilen zu bringen. Ich glaube, dass uns das gemeinsam in vier Jahren gelingen kann“, sagte der Abgeordnete zum Wiener Landtag und Gemeinderat in seiner Wahlrede.
„Unverhältnismäßig“ hohe Sperre
Die nunmehrige einstweilige Verfügung begründete Jukic-Anwalt Thomas Krankl damit, dass die Sperre unverhältnismäßig hoch sei. Der OSV müsse nun bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtsverfahrens der einstweiligen Verfügung Folge leisten bzw. könne sich bei einem Startverbot nicht auf die Sperre beziehen. Das Gerichtsverfahren kann noch über den Sommer 2013 hinausgehen, dann wäre die bis 23. Juni geltende Sperre ohnehin schon abgelaufen.
OSV-Anwalt Anton Ehm wies darauf hin, dass dem Antrag von Jukic nicht zur Gänze Folge geleistet worden sei, er müsse daher auch einen Teil der Verfahrenskosten tragen. So habe Jukic kein uneingeschränktes Startrecht erhalten. Das heißt, dass sich der Verband bei Aussprechen eines Startverbots zwar nicht auf die Sperre berufen kann, es müssen aber die anderen Bedingungen für einen Start erfüllt sein.
Baldige Einigung nicht unmöglich
In der Causa könnte es aber demnächst zu einer gütlichen Einigung kommen. Die einstweilige Verfügung bringt die Parteien nun offenbar zur Lösung der eingefahrenen Lage zu einem Gespräch zusammen. „Ich bin froh, dass wir uns an einen Tisch setzen“, kommentierte Jukic Aussagen von Meidlinger, gesprächsbereit zu sein. Der OSV-Präsident selbst hielt sich bedeckt, bestätigte indirekt aber seine Haltung. „Ich spreche mit allen Sportlern“, meinte Meidlinger allgemein, um hinzuzufügen: „Was Dinko Jukic betrifft, gibt es ein Gerichtsurteil, das ich zu akzeptieren habe.“ Die Anwälte beider Seiten sollen einen Termin finden.
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