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Hoffmann stellt Dopingjäger bloß

Am 5. Dezember 2011 war Ex-Langläufer Christian Hoffmann wegen des Verdachts auf Blutdoping und auch des Mitbesitzes an einer Blutzentrifuge für sechs Jahre gesperrt worden. Die Urteilsfindung der Rechtskommission der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) sorgte mehr als drei Monate später allerdings für Kopfschütteln und in weiterer Folge für eine Köpferollen in der NADA.

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Hoffmann hatte die Sitzung der Kommission geheim mit seinem Handy, das er im Sitzungssaal „vergessen“ hatte, aufgezeichnet und das akustische Protokoll dem „Kurier“ und der „Kronen Zeitung“ zugespielt, die im März übereinstimmend von einem Skandal und einer „seltsamen Urteilsfindung“ berichteten.

Ratlosigkeit und schlüpfrige Pausenthemen

Die „Krone“ berichtete von einem „Sittenbild aus sexuellen Fantasien, Druck von außen und Ratlosigkeit“. Die „sexuellen Vorlieben mancher Sitzungsteilnehmer“ wurden zwar eingehend thematisiert, aber nicht näher ausgeführt, weil sie mit dem Dopingverfahren gegen Hoffmann nichts zu tun haben. Laut „Kurier“ soll auch US-Skistar Lindsey Vonn Opfer der schlüpfrigen Phantasien gewesen sein.

Bezüglich „Ratlosigkeit“ wurden Gernot Schaar, der Vorsitzende der NADA-Rechtskommission, sowie die Mitglieder Alois Schittengruber, Burkhard Thierrichter und Karl Dobianer wegen ihrer „eher seltsamen Beweisfindung“ kritisiert, dies wurde mit diversen ausgewählten Zitaten untermauert. Das fünfte Kommissionsmitglied, Norbert Bachl, sagte während der stundenlangen Verhandlung kein Wort, was den Verdacht nährte, er sei gar nicht anwesend gewesen. Der Vorsitzende Schaar soll die Urteilssitzung übrigens mit den Worten eröffnet haben: „Folgendes, mir ist das vollkommen gleich, ob da jemand gedopt ist oder nicht.“

Von NADA-Geschäftsführer Andreas Schwab soll „Druck von außen“ gekommen sein. „Ich rechne mit eurer Konsequenz“, wurde Schwab übereinstimmend zitiert. „Ja, das habe ich gesagt, aber damit habe ich nur gemeint, dass man endlich zu einem Abschluss kommen soll, weil sich das Verfahren schon so lange gezogen hat“, erklärte Schwab. Schaar rechtfertigte die sexuellen Abschweifungen damit, dass in viereinhalb Stunden Sitzungsdauer auch Pausen gemacht werden und nicht immer nur zum Thema gesprochen werde. Das sei „normal“.

Personeller Neustart soll Vertrauen wiederherstellen

Wenige Tage später hatte die Affäre weitreichende Konsequenzen. Schwab legte am 30. März sein Amt als NADA-Geschäftsführer zurück, zudem wurden die Mitglieder der Rechtskommission ihres Amtes enthoben. Der drastische Schritt erfolgte, „um weiteren medialen Schaden für die NADA und die Rechtskommission im Zusammenhang mit dem Fall Christian Hoffmann zu vermeiden“.

Gernot Schaar und NADA-Geschaeftsfuehrer Andreas Schwab

GEPA/Mario Kneisl

Gernot Schaar und Andreas Schwab mussten ihre Sessel räumen

„Einen personellen Neustart bei der NADA halte ich im Interesse des Kampfes gegen Doping für den richtigen Schritt. Damit kann in der Öffentlichkeit wieder das notwendige Vertrauen zur NADA aufgebaut werden“, teilte Sportminister Norbert Darabos mit. Schwab, dessen Vertrag noch bis 2013 gelaufen wäre, war vor vier Jahren zum Geschäftsführer der neuen NADA bestellt worden, die am 1. Juli 2008 ihre Tätigkeit aufgenommen hatte.

Unabhängig von der Frage, ob die Tonbandaufzeichnung rechtmäßig zustande gekommen sei, habe die Diskussion der Glaubwürdigkeit der NADA geschadet. „Die vielen Verdienste sind dadurch in den Hintergrund gerückt“, sagte Darabos. Zum neuen NADA-Geschäftsführer wurde am 18. Juli Michael Cepic ernannt.

Hoffmann-Sperre auf zwei Jahre reduziert

Am gleichen Tag wurde die Dopingsperre Hoffmanns von der Unabhängigen Schiedskommission der NADA von sechs auf zwei Jahre reduziert. Der Ende 2009 zurückgetretene 30-km-Olympiasieger von 2002 wurde in vier der fünf Anklagepunkte freigesprochen, bemüht sich aber weiter um vollständige Weißwaschung seiner Weste. Laut Anwalt Hans-Moritz Pott plant Hoffmann den Gang zum Obersten Sportgericht (CAS) in Lausanne. „Er will seine Ehre wiederherstellen“, so der Jurist.

Die NADA-Schiedskommission kam im Überprüfungsverfahren zum Ergebnis, dass der Oberösterreicher durch „Anwendung einer verbotenen Methode“ gegen die Anti-Doping-Bestimmungen verstoßen hat. Verstöße „des (Mit-)Besitzes von Gerätschaften zum Zwecke des Dopings im Sport“ und des „Handels mit bzw. der Verabreichung von verbotenen Methoden durch Überlassung von Gerätschaften zum Zwecke des Dopings an andere Sportler“ konnten aber nicht festgestellt werden, hieß es in einer Aussendung.

Mögliches Comeback in Warteschleife

Nach der Reduzierung der Sperre ist Hoffmann eigentlich seit einem Jahr wieder startberechtigt, ein mögliches Comeback hängt aber wohl noch länger in der Warteschleife. Der 38-Jährige hat das schriftliche Urteil zwar zweieinhalb Monate nach der Verkündung erhalten, ungeklärte Fristen machen die Voraussage des Zeitpunkts der Rückkehr aber nahezu unmöglich.

Voraussetzung vor der notwendigen Reintegration Hoffmanns in den Testpool des Internationalen Skiverbandes (FIS) und der NADA ist die Wiederaufnahme in den Österreichischen Skiverband (ÖSV). Die danach vorgeschriebene Wartezeit in den Testpools ist strittig. Die FIS sieht drei Monate vor, das Anti-Doping-Bundesgesetz ein Jahr. Unabhängig davon ist Hoffmann-Anwalt Pott der Meinung, dass die Frist bereits mit dem Urteilsspruch im Juli und nicht erst mit der schriftlichen Urteilsausfertigung Anfang Oktober zu laufen beginnen müsse. Egal, welche Regelung zur Anwendung kommt - der Wiedereinstieg Hoffmanns noch in dieser Saison wird zunehmend unrealistischer.

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