„Das ist unsere Art, Fußball zu spielen“
Donnerstagabend hat man in Salzburg sehr viele zufriedene Gesichter und einen fairen Verlierer gesehen. Standard-Lüttich-Coach Guy Luzon verabschiedete sich nach dem 1:2 seiner Mannschaft gegen Red Bull Salzburg mit Handschlag von den heimischen Journalisten und versuchte auch nicht, dem schwachen Schiedsrichter die Schuld an der zweiten Pleite im dritten Gruppenspiel der Europa League zu geben.
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„Salzburg hat mich als Kollektiv überzeugt, und ich bin beeindruckt, welch hohes Tempo Salzburg gehen kann“, sagte der 38-jährige Israeli. Es war erst die fünfte Niederlage von Standard im 22. Spiel seiner Ära. Salzburg hingegen machte mit dem dritten Sieg im dritten Spiel einen großen Schritt Richtung K.-o.-Phase und liegt nun in der Tabelle der Gruppe C mit neun Punkten drei Zähler vor Esbjerg (2:1 in Elfsborg) in Führung. Das Sechzehntelfinale ist mit einem Bein erreicht.
„Lassen uns Matchball nicht mehr nehmen“
Das sieht auch Trainer Roger Schmidt vor dem Rückspiel gegen Standard in zwei Wochen in Lüttich so. „Meine Halbzeitbilanz ist durchaus positiv. Wir haben alle drei Spiele verdient gewonnen. Jetzt haben wir den Matchball und den werden wir uns nicht mehr nehmen lassen.“ Mit zwei Zählern aus den letzten drei Spielen kann Salzburg unter keinen Umständen von einem Aufstiegsplatz verdrängt werden.

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Guy Luzon dirigierte seine Mannschaft mit Herzblut, aber letztlich ohne Erfolg
Bei optimalen Ergebnissen im Sinne Salzburgs könnten sogar die aktuellen neun Punkte genügen. Entsprechend entspannt war Schmidt nach dem Spiel. „Wir können sehr stolz darauf sein, was die Mannschaft heute geleistet hat“, so der Deutsche. Damit gelang auch die Revanche an Standard Lüttich für das bittere Aus 2010 im Europa-League-Sechzehntelfinale.
Damals blieb Salzburg in der Gruppenphase ohne Punkteverlust, um dann im Play-off-Auswärtsspiel gegen die Belgier nach 2:0-Führung noch mit 2:3 zu verlieren. Das 0:0 im Heimspiel besiegelte schließlich das unerwartete Ausscheiden. Der zehnfache belgische Meister war auch am Donnerstag eine Herausforderung für Salzburg. „Lüttich hat sich als guter Gegner präsentiert, es war ja für sie auch ein Spiel der letzten Chance“, so Schmidt. „Dementsprechend laufstark sind sie aufgetreten, und deswegen ist unser Offensivspiel in der ersten Hälfte nicht so zum Tragen gekommen wie sonst.“
Schiedsrichter spielt kräftig mit
Für Schmidt zeigte seine Mannschaft den größeren Siegeswillen: „Der Schlüssel zum Sieg war wohl, dass wir 90 Minuten gut verteidigt haben und trotz der Zehn-gegen-zehn-Situation zwei Stürmer auf dem Platz gelassen haben. Wir wollten einfach den Sieg.“ Im Spiel glänzte Lüttich von Beginn an mit einer defensiv sehr starken Leistung. Darauf konnten sich die Salzburger lange Zeit nicht einstellen. Nachdem es in der ersten Hälfte keine klare Torchance gegeben hatte, waren zwei Ausschlüsse die Aufreger.

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Viele Diskussionen mit und über Referee Ivan Kruzliak
Zuerst musste Mehdi Carcela-Gonzalez nach zwei Fouls mit Gelb-Rot vom Platz (38.), dann folgte nur knapp vier Minuten später Mane. Der Senegalese flog nach einer unnötigen Schwalbe 30 Meter vor dem gegnerischen Tor ebenfalls mit Gelb-Rot vom Platz (42.). Der slowakische Spielleiter Ivan Kruzliak pfiff kleinlich, ließ jegliches Fingerspitzengefühl vermissen und legte jedes Vergehen streng nach den Regeln aus, was zu den entscheidenden „Kartenspielen“ führte.
Salzburger und Referee setzen Lüttich zu
Für Standard-Coach Luzon jedenfalls ein Grund für die Niederlage: „In der ersten Hälfte war es eine regelrechte Mittelfeldschlacht mit wenigen Chancen auf beiden Seiten. Salzburg spielte dann in der zweiten Hälfte gutes Pressing und ging nicht unverdient in Führung.“ Nach der Pause waren die Salzburger mit Elan aus der Kabine gekommen und in der 53. Minute durch Soriano in Führung gegangen.
Danach machten die „Bullen“ Druck, während Lüttich in der 67. Minute mit Kanu nach einer Tätlichkeit einen weiteren Spieler verlor. Der Brasilianer fuhr bei einem Gerangel in Salzburgs Strafraum mit der Hand ins Gesicht von Christian Schwegler, für Kruzliak ganz klar Rot. „Wir haben noch einmal versucht, ins Spiel zu kommen, aber mit dem zweiten Platzverweis war das Spiel gelaufen. Mit acht Mann gegen einen so spielstarken Gegner wie Salzburg zu bestehen ist schon schwierig“, so Luzon.
Lob für Leitgeb
In der Schlussphase erhöhte Andre Ramalho schließlich auf 2:0 (85.), zwei Minuten später kamen die Belgier nach einem Hinteregger-Foul aus einem Elfer von Geoffrey Mujangi-Bia zum 1:2 (88.). Schmidt konnte zwar nicht alle Entscheidungen des Schiedsrichters zu „100 Prozent“ nachvollziehen, für ihn war aber sowieso die Leistung seines Teams ausschlaggebend für den Erfolg. „Wir haben Geduld gehabt und sehr gut nach vorne verteidigt, das Spiel in die Hälfte von Lüttich verlagert. So haben wir Druck entwickelt, das ist unsere Art, Fußball zu spielen.“

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Christoph Leitgeb und Co. eroberten in drei Partien das Punktemaximum
„Das war heute die halbe Miete. Wir waren das bessere Kollektiv“, meinte Franz „Fränky“ Schiemer, der nach einer Verletzungspause wieder in die Mannschaft zurückfindet. Einzellob gab es von Schmidt dennoch, der die Leistung von Christoph Leitgeb würdigte: „Er war der beste Mann auf dem Platz. Er war extrem präsent und ging wertvolle Wege für die Mannschaft.“ Für den 28-jährigen Steirer läuft es derzeit nach längerer Durststrecke wieder rund: „Wir haben ganz einfach Spaß am Fußball, und der Trainer stellt uns hervorragend ein. Ich bin zuversichtlich, dass wir im Frühjahr noch dabei sind.“
Martin Wagner, ORF.at, aus Salzburg
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