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Wind macht Weltcup-Auftakt zur Farce

Der Weltcup-Auftakt der Skispringer in Klingenthal ist gründlich danebengegangen, hat am Sonntag aber doch noch einen Sieger gebracht: Der Pole Krzysztof Biegun gewann in seinem erst zweiten Weltcup-Bewerb mit 142,5 m vor dem Deutschen Andreas Wellinger und dem Slowenen Jurij Tepes den in nur einem Durchgang ausgetragenen Bewerb.

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Trotz Bieguns großen Talents wird man sich weniger wegen seiner an diesen Auftakt erinnern. Denn Weltcup-Titelverteidiger Gregor Schlierenzauer und sein norwegischer „Vize“ Anders Bardal, die letzten beiden Starter im ersten Durchgang, sorgten nach extrem langem Zuwarten für einen Eklat und traten nicht zum Sprung an.

Sie setzten damit ein Zeichen in Richtung Jury, die in der Folge sogar erklärte, dass es trotz gleich gebliebenen Wetters noch einen zweiten Durchgang geben werde. Die Herren mussten dann zumindest in dieser Hinsicht der höheren Gewalt klein beigeben. Wind und Wetter machten endgültig einen Schlussstrich unter eine Veranstaltung, die wegen ihrer Widrigkeiten noch für viele Diskussionen sorgen wird.

In Absprache mit Pointner

„Wir haben das gemeinsam besprochen, wir sind schon lange im Geschäft. Wir hatten Wind mit teilweise acht Metern pro Sekunde von der Seite, das ist gefährlich“, sagte Schlierenzauer. Und das müsse man sich in einer Olympiasaison schon gar nicht antun. „Jeder kann das einschätzen, dass das von der sportlichen Wertigkeit nicht erste Sahne war. Deshalb haben wir entschieden, dass wir runtergehen“, sagte der Tiroler, der das nach Rücksprache mit ÖSV-Cheftrainer Alexander Pointner auch tat. „Die Coaches sind auch lange im Geschäft und wissen das einzuschätzen.“

Anders Bardal und Gregor Schlierenzauer beraten sich im Aufwärmraum des Sprungturms

AP/Jens Meyer

Anders Bardal und Gregor Schlierenzauer (r.) sprachen sich ab

Pointner stellte sich voll hinter Schlierenzauer und verurteilte die Vorgangsweise der Jury. „Solchen Athleten wie Bardal und Schlierenzauer so in den Rücken zu springen ist einfach respektlos“, ärgerte er sich. „Lässt man sich so zum Spielball vom Spitzensport machen oder nicht?“, stellte Pointner in den Raum und unterstützte den 50-fachen Weltcup-Sieger Schlierenzauer. „Gregor macht alles mit. Er trägt diesen Zirkus, ist auf vielen Bühnen tätig.“

Sportliche Wertlosigkeit

Nach insgesamt rund fünfstündiger Abrufbereitschaft sei dieser Bewerb von Beginn an eine Gratwanderung gewesen und habe sich dann zu einer sportlichen Wertlosigkeit entwickelt. Pointner: „Wenn jemand länger am Balken gesessen ist, war er einen km/h langsamer, weil auch Schneefall war, und es waren die unterschiedlichsten Winde. Und dann ist es gefährlich geworden. Der Grat zwischen sportlicher Wertlosigkeit und Gefahr ist schleichend.“

Pointner hatte in einem Telefonat mit Schlierenzauer gesagt, er werde jede Entscheidung unterstützen, Schlierenzauer traf dann die Entscheidung selbst. „Die zwei Athleten haben den Gesamtweltcup gewonnen und haben sich oben zusammengeredet. Ich habe ihnen die Information gegeben, wie es momentan ausschaut, und sie wollten sich der Gefahr nicht aussetzen“, so Pointner.

ÖSV-Protest abgewiesen

Die größte Farce aus Sicht des ÖSV-Trainers sei gewesen, dass man die Ampel gar nicht eingeschaltet habe. „Meines Erachtens war es willkürlich, was sie gemacht haben. Die Ampel ist nie gelaufen, weil es nie gegangen wäre.“ Der Durchgang wurde aus Pointners Sicht sozusagen nie korrekt beendet. „Und dann diese Frechheit zu besitzen, einfach ‚Results‘ und wann der nächste Durchgang ist, einzublenden - springen wir den nächsten Durchgang auch noch, weil es gerade so lustig ist.“ Darum protestierte Pointner auch gegen die Wertung der Konkurrenz, der Protest wurde aber von der FIS rasch abgewiesen. Die ÖSV-Adler wären übrigens in einem zweiten Durchgang nicht mehr gesprungen.

Kofler nach Sturz im Spital

Schon vor dem unrühmlichen Ende hatte es aus österreichischer Sicht eine Schrecksekunde gegeben, denn Andreas Kofler hatte zunächst eine sehr unruhige Luftfahrt, ehe er nach dem Aufsprung im Auslauf stürzte und gegen eine Bande krachte. Der Tiroler erlitt dabei eine Rippenprellung, eine Schulterblessur und Abschürfungen, aber keine Brüche. Das ergaben Röntgenuntersuchungen im Spital. Kofler habe zwar Schmerzen, sei aber bereits wieder guter Dinge, teilte der ÖSV mit.

Abtransport von Andreas Kofler

GEPA/Oliver Lerch

Andreas Kofler kam bei einem Sturz relativ glimpflich davon

Kofler reiste nach dem ärztlichen Check gemeinsam mit der Mannschaft mit dem Auto zurück nach Österreich. An der verletzten Schulter werde er sich in der Heimat noch einer weiteren Untersuchung unterziehen. Die nächsten Bewerbe stehen am Wochenende in Kuusamo auf dem Programm, die Abreise nach Finnland erfolgt am Mittwoch.

Weltcup-Springen in Klingenthal

Endstand nach einem Durchgang:
1. Krzysztof Biegun POL 142,5 135,8
2. Andreas Wellinger GER 132,0 132,8
3. Jurij Tepes SLO 134,5 131,4
4. Taku Takeuchi JPN 132,5 130,7
5. Piotr Zyla POL 136,0 130,6
6. Maciej Kot POL 132,0 127,6
7. Simon Ammann SUI 133,0 125,8
8. Marinus Kraus GER 131,5 125,6
9. Jan Ziobro POL 134,5 125,2
10. Gregor Deschwanden SUI 133,0 120,1
11. Manuel Fettner AUT 135,5 120,0
12. Jakub Janda CZE 137,0 116,9
13. Ole Marius Ingvaldsen NOR 131,0 116,5
14. Stefan Kraft AUT 122,0 116,0
15. Thomas Morgenstern AUT 126,0 115,4
16. Janne Ahonen FIN 126,5 113,7
17. Yuta Watase JPN 128,5 113,0
18. Wolfgang Loitzl AUT 120,0 112,9
. Dimitri Wassiliew RUS 126,5 112,9
20. Janne Happonen FIN 132,0 112,4
21. Peter Prevc SLO 123,0 111,3
22. Dawid Kubacki POL 125,5 111,1
23. Robert Kranjec SLO 118,0 110,9
24. Denis Kornilow RUS 122,5 108,3
25. Karl Geiger GER 116,5 108,2
26. Reruhi Shimizu JPN 123,0 107,9
27. Noriaki Kasai JPN 118,5 107,7
28. Severin Freund GER 121.5 107,4
29. Andreas Fannemel NOR 121,5 107,0
30. Michael Neumayer GER 118,5 106,8
31. Andreas Wank GER 121,0 105,7
32. Jan Matura CZE 122,5 105,4
33. Tom Hilde NOR 121,5 102,3
34. Vincent Descombe Sevoie FRA 120,0 101,4
. Lauri Asikainen FIN 120,5 101,4
36. Matjaz Pungertar SLO 119,5 101,3
37. Kamil Stoch POL 117,0 101.2
38. Roberto Dellasega ITA 123,0 101,0
39. Sebastian Colloredo ITA 116,0 95,7
40. Daiki Ito JPN 116,0 95,2
41. Ronan Lamy Chappuis FRA 117,5 94,5
42. Cestmir Kozisek CZE 112,0 91,8
43. Davide Bresadola ITA 110,0 86,5
44. Maximilian Mechler GER 112,0 85,7
45. Andreas Kofler AUT 115,0* 85,0
46. Michail Maximoschkin RUS 108,5 83,3
47. Jaka Hvala SLO 99,5 76,6

Disqualifiziert: Stefan Hula (POL)

Startverzicht: Gregor Schlierenzauer (AUT), Anders Bardal (NOR)

* gestürzt

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