Tumulte in Sao Paulo
Vier Wochen vor Anpfiff der Fußball-WM hat Brasilien am Donnerstag eine größere Protestwelle erlebt, bei der Tausende Menschen in mehreren Austragungsorten der Weltmeisterschaft auf die Straße gingen, um ihrem Ärger über das kommende Großereignis Luft zu machen.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
In der WM-Eröffnungsstadt Sao Paulo kam es dabei zu Tumulten. Maskierte Randalierer demolierten Geschäfte und Banken und zündeten Müll auf der Straße an. Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschoße ein. Entspannung zeichnete sich hingegen in der WM-Stadt Recife ab, wo ein dreitägiger Polizeistreik für Unruhe und Plünderungen gesorgt hatte. Die Polizei beendete ihren Ausstand und nahm noch in der Nacht auf Freitag ihre Arbeit wieder auf.

APA/EPA/EFE/Sebastiao Moreira
Freudenfeuer sehen anders aus
Schulen statt Stadien
Am „Internationalen Tag des Kampfes gegen die WM“ nahmen zahlreiche soziale Organisationen teil. Obdachlosenverbände forderten bezahlbare Wohnungen, und streikende Lehrer mahnten in Rio und Sao Paulo bessere Arbeitsbedingungen ein. Viele Demonstranten trugen Plakate, auf denen in Anspielung auf die neuen und modernen WM-Stadien die Forderung stand: „Schulen und Spitäler nach FIFA-Standard“. In Sao Paulo wurden mehr als 20 Menschen festgenommen, die laut Polizei unter anderem Molotowcocktails bei sich trugen. Protestaktionen wurden auch aus den WM-Spielorten Belo Horizonte, Fortaleza und Brasilia gemeldet.

APA/EPA/EFE/Sebastiao Moreira
Die Botschaft der Demonstranten war eindeutig
Etwa 2.000 Menschen blockierten im Osten von Sao Paulo zeitweise die Zufahrt zum Stadion Arena Corinthians, wo die WM am 12. Juni eröffnet wird. In dem Viertel besetzten obdachlose Familien schon Anfang des Monats unter dem Motto „Copa do Povo“ (WM des Volkes) eine Fläche, die etwa vier Kilometer vom neuen Stadion entfernt liegt. „Wir wollen den Widerspruch aufzeigen, der darin liegt, dass Milliarden für dieses Ereignis (die WM, Anm.) ausgegeben werden, während das Volk selbst Wohnungen braucht“, sagte Maria das Dores Cerqueira, eine der Organisatorinnen.
Regierung sieht keinen Zusammenhang
Aus Sicht der Regierung richteten sich die Proteste nicht gegen die Fußball-WM. Die Demonstranten nutzten lediglich die Gelegenheit, „um Forderungen zu präsentieren, die legitim sind, aber wenig mit der WM zu tun haben“, sagte Präsidialamtsminister Gilberto Carvalho. Die Proteste schreckten die Regierung nicht. „Was uns besorgt, ist, wenn antidemokratische Methoden, wenn Gewalt angewendet wird, sei es aufseiten der Polizei oder aufseiten der Demonstranten“, sagte Carvalho.
Laut Regierungsangaben werden für die Weltmeisterschaft insgesamt 26,5 Milliarden Real (8,7 Mrd. Euro) investiert. Davon stammen rund 84 Prozent aus öffentlichen Mitteln. Über ein Drittel des Geldes floss in Projekte für den öffentlichen Nahverkehr, rund 28 Prozent wurden für die WM-Stadien ausgegeben und 26,5 Prozent für Flughäfen.
Angespannte Sicherheitslage sorgt für Absage
Im nordöstlichen Bundesstaat Pernambuco wurde die WM-Stimmung durch einen Streik der Polizisten und Feuerwehrleute getrübt. Der Ausstand wurde aber am Donnerstagabend beendet. Der Fußballverband CBF hatte zuvor wegen der angespannten Sicherheitslage eine am Wochenende im WM-Stadion Arena Pernambuco geplante Zweitligapartie verschoben. Die WM wird von 12. Juni bis 13. Juli in zwölf brasilianischen Städten ausgetragen. 2013 waren zum Confederations Cup bis zu eine Million Menschen aus Protest gegen Korruption, Misswirtschaft und die Milliardenausgaben für die WM auf die Straße gegangen.
Link: