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Vom „Rohdiamanten“ zum „Superadler“

Ein Großer des österreichischen Skisprung-Sports sagte Adieu: Etwas mehr als einen Monat vor seinem 28. Geburtstag stellte der dreifache Olympiasieger und elffache Weltmeister Thomas Morgenstern seine Latten ins Eck. Der Kärntner blickt auf eine bewegte Karriere zurück.

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Eine Karriere, die bei der Vierschanzentournee Ende Dezember 2002 in Oberstdorf begonnen hatte. „Das war etwas ganz Besonderes, da reinzukommen und Vorbilder wie Goldberger, Höllwarth, Widhölzl in der eigenen Mannschaft zu haben“, erinnerte er sich einmal. Am Beginn sei er nervös gewesen, mit ihnen zu reden. „Wenn ich mir jetzt Bilder von damals anschaue, denke ich mir: ‚Hey, da ist einiges weitergegangen bei dir.‘“

Schon zwei Wochen später wusste jeder Beobachter, welch ein Riesentalent dieser Thomas Morgenstern ist. Als 17-Jähriger feierte er am 11. Jänner 2003 in Liberec seinen ersten von insgesamt 23 Weltcup-Siegen. „Ich war damals wie in einer anderen Welt, wie im Traum, es war einer der schönsten Momente meines Lebens“, erinnerte sich der Kärntner einmal.

Erfolg und Schmerz eng beisammen

Wie nahe Triumph und Schmerz im Sport beieinander liegen können, erfuhr Morgenstern schon knapp zehn Monate später. Am 29. November 2003 stürzte er in Kuusamo zum ersten Mal richtig schwer. „Es war ein spektakulärer Sturz, da habe ich es sogar in die ‚New York Times‘ geschafft“, scherzte er Jahre später. „Ich sehe das irgendwie als Startschuss für meine Karriere, da habe ich sehr viel daraus gelernt.“

Die Jahre im Spitzensport waren für ihn überhaupt eine große Lebensschule. Die Wandlung vom „Morgi“ zum „Thomas“ - wie er zuletzt nur noch genannt werden wollte - war da nur ein äußeres Anzeichen. Private Entwicklungen nach der Geburt seiner Tochter Lilly, die ihn in der Medienlandschaft zumindest vorübergehend die Rolle als „Everybody’s Darling“ gekostet haben, aber vor allem eben jene Vaterrolle seit Weihnachten 2012 haben Morgenstern geprägt.

Anfang mit dem „größten Erfolg“

Seine erste Medaille holte der zweifache Weltcup-Gesamtsieger 2004 mit der Mannschaft bei der Skiflug-WM in Planica (Bronze), die erste(n) Goldmedaille(n) mit der Mannschaft bei der WM 2005 in Oberstdorf. „Dann ist eh schon Turin gekommen. Das war mein erster riesengroßer Erfolg - ich habe sozusagen mit dem größten Erfolg begonnen“, erinnert er sich. Dort schlug er Andreas Kofler von der Großschanze hauchdünn um einen Zehntelpunkt und holte Seite an Seite mit ihm auch noch Olympiagold mit der Mannschaft. Vier Jahre später gelang das den ÖSV-Adlern, die seit 2005 in Mannschaftsbewerben bei Großereignissen ungeschlagen waren, auch in Vancouver/Whistler.

Das Talent des Kärntners hatte schon der frühere ÖSV-Cheftrainer Hannu Lepistö erkannt und ihn mit dem großen Matti Nykänen verglichen. Auch Toni Innauer sprach schon bald von einem „Rohdiamanten“. Geboren in Spittal/Drau, wohnhaft in Seeboden, blieb Morgenstern seiner unbekümmerten Art stets treu. Bekannt für seine deftigen, lockeren Sprüche fand er viele Fans und wurde auch zweimal zum Sportler des Jahres ausgezeichnet.

Krönende WM-Goldmedaille in Oslo

Seine letzten ganz großen Einzel-Triumphe feierte Morgenstern in der Saison 2010/11, in der er noch einmal groß abräumte. Neben seinem einzigen Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee (dazu drei zweite Plätze, einen davon 2013/14) sowie dem zweiten Weltcup-Gesamtsieg holte sich der damals 24-jährige Kärntner auf der Normalschanze in Oslo endlich auch die ihm noch fehlende Einzel-Goldmedaille bei Nordischen Weltmeisterschaften.

Zwei Jahre zuvor war er, den Sieg im WM-Normalschanzenbewerb vor Augen, im Auslauf gestürzt. Gold ging damals an Wolfgang Loitzl vor Gregor Schlierenzauer. Es hätte in Liberec ein historischer ÖSV-WM-Triplesieg mit ihm an der Spitze werden können. Doch das war nur einer von mehreren Rückschlägen im sonst so erfolgreichen Sportlerleben Morgensterns.