Abschied fast ohne Wehmut
Der Medienrummel am Hangar 7 auf dem Salzburger Flughafen war Ende September dem Anlass entsprechend enorm. Mit Thomas Morgenstern sagte ein Großer des österreichischen Sports am Freitag Servus. Der dreifache Olympiasieger zeigte sich beim Abschied gefasst.
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„Das war mit Sicherheit der richtige Zeitpunkt. Ich muss sagen, es ist sicher nicht so locker, wie es heute vielleicht rübergekommen ist. Aber ich habe mir geschworen, dass ich nicht sentimental werde“, sagte Morgenstern im Interview mit der APA.
Der Wunsch zur Rückkehr in den geliebten Sport war da, der Respekt aber auch. Er habe im Sommer alles darangesetzt, um seiner „Laufbahn wieder Vertrauen zu schenken. Es ist mir einfach nicht mehr gelungen, dorthin zu kommen, wo ich hinwollte“, erklärte Morgenstern. Beim Trainingskurs in Innsbruck hat er nach dem letzten Sprung die Entscheidung am Donnerstag getroffen.

APA/AP/Kerstin Joensson
Morgenstern freut sich nun auf mehr Privatleben
Morgenstern trainierte sich zwar wieder zu körperlicher Topform, doch gerade in diesem auch gefährlichen Sport spielt sich eben sehr viel auch im Kopf ab. Nicht zuletzt beim Blick auf seine großartige Laufbahn fehlte wohl die letzte Motivation, sich der vorhandenen Angst, speziell vor großen Schanzen, noch einmal zu stellen.
Ein kleines bisschen sentimental
Sentimental sei er bei der Anreise nach Salzburg geworden, da habe er nachgedacht und realisiert, dass gewisse Momente nun für immer vorbei sind. „Ich werde zum Beispiel nie mehr wieder in Bischofshofen oben stehen, und unten ist der Rauch von den bengalischen Feuern, die Fahnen, der Lärm, und du kommst jetzt und führst nach dem ersten Durchgang. Diese Momente werde ich nie wieder erleben, und das tut eigentlich weh. Ich trauere aber nicht nach, weil ich habe es erlebt, und irgendwann kommt der Zeitpunkt.“
Erreicht hat Morgenstern fast alles in seiner Karriere, finanziell hat er ausgesorgt. Wenn er suchen würde, dann würde er die Skiflug-WM-Bronzemedaille vom Kulm gerne gegen Gold austauschen. „Aber ich kann damit leben, dass ich halt nicht Skiflug-Weltmeister geworden bin.“
Trainerjob derzeit „unvorstellbar“
Einen Plan B für die Zukunft gibt es derzeit nicht. „Unvorstellbar“ ist für Morgenstern aktuell ein Trainerjob. Da würde er lieber mit Kindern arbeiten, vielleicht sich auch einmal in fernerer Zukunft als Kokommentator versuchen. Finanziell müsste Morgenstern eigentlich nichts mehr tun, gesteht er, doch das ist nicht sein Naturell.
„Ich glaube, dass ich schon gut leben könnte davon. Sicher habe ich was verdient, ‚ausgesorgt‘ ist immer relativ. Wenn ich wie ein normaler Mensch lebe, werde ich sicher nicht unbedingt morgen einen Job brauchen. Gar nichts tun kann ich nicht. Aber jetzt kann ich einmal das tun, wofür ich früher keine Zeit hatte.“
Mehr Zeit fürs Privatleben
Und er kann sich noch mehr mit seiner Tochter Lilly beschäftigen, die für ihn aber nicht der Grund war, die Skisprunglatten ins Eck zu stellen. „Ich habe eine sehr schöne sportliche Laufbahn hinter mir. Ich möchte, dass die positiven Momente überwiegen, und das tut es auch im Moment. Ich habe aus jedem Sturz das Positive mitgenommen“, meinte Morgenstern.
Doch seine noch nicht einmal zweijährige Tochter war die Erste, die von seiner Entscheidung erfahren hat. „Ich habe mit ihr viele Selbstgespräche geführt“, erinnerte sich der zweifache Weltcup-Gesamtsieger lachend. „Sie war die Erste, die ich informiert habe, noch vor dem Trainingskurs. Da war ich mir schon sehr sicher. Ich bin mit ihr am Boden gesessen und habe gesagt: ‚Du, Lilly du wirst mich wahrscheinlich nie bewusst Skispringen sehen und ich werde jetzt bald aufhören‘. Das war ein berührender Moment für mich, auch wenn sie es noch nicht mitgekriegt hat.“
Morgenstern freut sich nun auf mehr Privatleben. „Ich fühle mich befreit, es ist schon eine gewisse Last von den Schulter gefallen“, erklärte der elffache Weltmeister und zweimalige Sportler des Jahres fast zwei Stunden nach seiner Bekanntgabe, nachdem der Interviewreigen eine Ende gefunden hatte.
Turin als Karrierehöhepunkt
Über seinen größten Erfolg musste Morgenstern schon zuvor nicht lange nachdenken. „Der schönste Moment war Turin (Doppelolympiasieger 2006, Anm.). Nicht nur, weil ich Olympiasieger geworden bin, sondern das ganze Drumherum“, sagte Morgenstern und erwähnte auch die Freundschaft zum damals „silbernen“ Andreas Kofler.
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