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Hitziges Duell der vergebenen Chancen

Im dritten WM-Gruppenspiel gegen Tunesien hatte Österreich am Montag die Chance, mit einem Sieg das Achtelfinal-Ticket fast schon sicher zu lösen. Dass es in Doha letztlich ein hart erkämpftes 25:25-Remis wurde, lag an einer durchwachsenen Leistung der ÖHB-Auswahl. Zu viele Fehler im Abschluss und Spielaufbau brachten die Mannschaft von Coach Patrekur Johannesson um die Früchte ihrer harten Abwehrarbeit.

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Die nächste Chance, im Rennen um die Top Vier in Gruppe B vorzeitig aufzusteigen, bietet sich den Österreichern bereits am Mittwoch (15.00 Uhr, live in ORF Sport +, Übertragungsbeginn 14.50 Uhr) gegen den Iran. Sollte der krasse Außenseiter erwartungsgemäß bezwungen werden, kann dem ÖHB-Team die Achtelfinal-Teilnahme nicht mehr entrissen werden. Vor der Partie der Österreicher hatte Mazedonien im emotional geführten Balkan-Duell mit Bosnien und Herzegowina mit 25:22 die Oberhand behalten. Der letzte ÖHB-Gruppengegner zog ebenso ins Achtelfinale ein wie Kroatien, das den Iran mit 41:22 hinwegfegte.

Marinovic und Weber schnell auf Touren

In der Ali Bin Hamad Al Attiyah Arena sorgten rund 2.000 tunesische Fans von Beginn an für eine aufgeladene Atmosphäre. Tapfer, aber akustisch chancenlos hielten etwa 30 mitgereiste Österreicher auf den diesmal gut gefüllten Rängen dagegen. Obwohl dem ÖHB-Team erneut einige Nervositätsfehler unterliefen, erwischten sie einen weit besseren Start als gegen Kroatien und Bosnien. Vor allem Goalie Nikola Marinovic und Rechtsaußen Robert Weber waren sofort auf voller Betriebstemperatur. Auch die ÖHB-Deckung funktionierte sehr gut.

Robert Weber

APA/EPA/Gjorgji Licovski

Die Anfangsphase gehörte dem ÖHB-Team

Stand es nach fünf Minuten noch 2:2, zog Marinovic den Nordafrikanern mit jeweils einem gehaltenen Konter und Siebenmeter gleich den ersten Nerv. Weber besorgte mit dem 3:2 (6.) die erste Führung der Österreicher, die auch in der Folge auf ihren Schlussmann vertrauen konnten. Drei herausragende Paraden von Marinovic ermöglichten Weber, vom Siebenmeterpunkt und zweimal im schnellen Gegenstoß eine 6:3-Führung (11.) herauszuwerfen. Der schnelle Flügel vom SC Magdeburg sollte bis zur Halbzeit auf sieben Treffer kommen.

Erbitterter Kampf im Hexenkessel

Davor entwickelte sich das Match aber zu einem Kampf auf Biegen und Brechen. Als Max Wagesreiter einen Abpraller zum 9:6 (17.) versenkte, sah es noch prächtig aus. Drei glücklose, weil zu unüberlegt ausgeführte Angriffe brachten Kapitän Viktor Szilagyi und Co. um den Vorsprung. Spätestens mit dem 10:10 (21.) hatte sich die Halle in ein Tollhaus verwandelt. Die Tunesier auf den Tribünen schrien und sangen sich die Seele aus dem Leib. Auf dem Parkett zeigten sich die Österreicher von der Stimmung beeindruckt.

Vytautas Ziura springt nach dem Ball

APA/EPA/Gjorgji Licovski

Gegen die körperlich starken Tunesier war kaum ein Durchkommen

Weber vergab im dritten Versuch seinen ersten Siebenmeter, Fabian Posch unterlief am Kreis ein Fangfehler. Marinovic wurde dann durch Backup Thomas Bauer ersetzt. Obwohl Lucas Mayer mit einem schnellen Doppelschlag, jeweils aus der zweiten Welle, bis zum 12:12 (26.) dagegenhielt, zogen die Tunesier getragen von der fanatischen Anhängerschaft auf 15:12 davon. Szilagyi fand nicht zu seiner gewohnten Form. Erst in den letzten Minuten vor der Pause verkürzten Weber und Raul Santos auf 14:15, was dem ÖHB-Team für die zweite Hälfte alle Chancen ließ.

Zittern bis zum Schluss

Nach dem Seitenwechsel war schnell klar, dass die Partie lange auf des Messers Schneide stehen würde. Weber scheiterte innerhalb weniger Augenblicke von der Siebenmeterlinie und vom Flügel. Zwei schnelle Tore von Santos im Gegenstoß brachten den Österreichern aber das 16:16 (35.). Hart, zerfahren und von vielen Zeitstrafen geprägt, kippte das Match vorerst in keine Richtung. Die rot-weiß-rote Flügelzange Santos (links) und Weber (rechts) verwandelte einen 18:19-Rückstand in Unterzahl in eine 20:19-Führung (42.). Damit war das letzte Wort im erwartet engen Aufeinandertreffen aber noch lange nicht gesprochen.

Tormann Nikola Marinovic

GEPA/Franz Pammer

Tormann Marinovic war über weite Strecken ein starker Rückhalt

Das dritte Herzschlagfinish innerhalb von vier Tagen bahnte sich an. Weber mit seinem neunten Treffer im Spiel stellte auf 22:22 (47.). Als Alexander Hermann (48.) vom Parkett musste, war das schon die insgesamt neunte Zweiminutenstrafe der Partie. In Unterzahl musste Österreich nur ein Gegentor hinnehmen - auch dank Marinovic, der nun wieder für Bauer zurück ins Tor gekommen war. Max Hermann glich zum 23:23 (51.) aus, Marinovic glänzte erneut mit einem gehaltenen Strafwurf. Weber und Max Hermann fanden wiederum im tunesischen Keeper Hamza Majed ihren Meister.

Nach dem sechsten Treffer von Santos ging es mit 24:24 in die letzten fünf Minuten. Dass diese nichts für schwache Nerven wurden, lag in der Natur der Sache. Ein verwandelter Siebener von Santos zum 25:24 (57.) und eine Marinovic-Abwehr brachten die tunesischen Fans kurz zum Verstummen. Das 25:25 (59.) erweckte die Halle aber wieder kräftig zum Leben. Im ohrenbetäubenden Pfeifkonzert setzte Weber einen Flügelversuch an die Latte. Tunesien nahm sieben Sekunden vor Schluss ein Time-out. Der letzte Angriff der Tunesier war entscheidend: Ein Wurf mit der Schlusssirene in den ÖHB-Block besiegelte das Remis.

Harald Hofstetter, ORF.at, aus Doha

Handball-WM, Gruppe B

Montag:

Österreich - Tunesien 25:25 (14:15)

Doha, Al Sadd-Halle, 3.000 Zuschauer

Beste Werfer: Weber 9, Santos 7 bzw. Bannour 7

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