Völlige Wandlung in zwei Wochen
Nach einer siebenstündigen Fahrt von Gstaad nach Kitzbühel ist der Topstar des heurigen Generali Open am späten Sonntagabend angekommen. Unter großem Medieninteresse gab der nunmehr dreifache Turniersieger Dominic Thiem am Montag bei einer Pressekonferenz ausführlich Auskunft über seinen aktuellen Siegeszug und seine Befindlichkeit vor seinem ersten ATP-Turnier als Nummer eins.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Vor zwei Wochen hatte der 21-Jährige Kitzbühel nach dem so unerfreulich verlaufenen Davis-Cup-Duell mit den Niederlanden - Thiem verlor beim 2:3 beide Einzel - mit gesenktem Kopf verlassen. Nun erschien Thiem mit enorm gestärktem Selbstvertrauen und als neue Nummer 21 der Welt.
Kitzbühel bleibt für Thiem speziell
Kitzbühel bleibt für ihn aber ohnehin etwas ganz Spezielles. „Es sind hier so viele Dinge zum ersten Mal für mich passiert. Der erste Sieg überhaupt auf Profiebene vor fünf Jahren, dann das erste Mal in einem ATP-Hauptbewerb, das erste Viertelfinale, das erste Finale und dann dieses Jahr zum ersten Mal als eins gesetzt. Das ist einfach eine super Geschichte, die sich dieses Jahr fortsetzt“, erklärte Thiem.
Thiem will in Kitzbühel nachlegen
Drei Wochen nach der Davis-Cup-Niederlage kehrt Dominic Thiem mit zwei Turniersiegen im Gepäck zum Generali Open nach Kitzbühel zurück.
Der Blick auf die Weltrangliste hat den Niederösterreicher natürlich erfreut. „Sicher ist es eine erfreuliche Nachricht. Aber ich denke, dass das Tennis so schnell weitergeht - man hat jede Woche ein Turnier- , dass man gar nicht so viel Zeit hat, auf die Rangliste zu schauen.“
Körperlich hat der seit nun acht Spielen in Folge unbesiegte Thiem die zwei Wochen gut überstanden. Und das Pendel hat zuletzt eben mehr auch zu seinen Gunsten ausgeschlagen. „Das Quäntchen Glück, das ich jetzt in Umag und Gstaad gehabt habe, hat mir wahrscheinlich beim Davis-Cup gefehlt.“ Und die nunmehrige Umstellung von Gstaad auf Kitzbühel wird ihm leichter fallen, glaubt er. Weil Gstaad ja mit 1.050 etwa 250 Meter höher liegt als Kitzbühel. „Es wird mir hier also ziemlich normal vorkommen. Und das Selbstvertrauen ist auch ein ganz anderes.“
Leichter und stärker als im Vorjahr
Drei ATP-Titel in einem Jahr und bereits auf dem Sprung in die Top 20 der Welt. Der Aufstieg Thiems scheint derzeit kaum zu stoppen. Einen Grund für seine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr, als er das Kitz-Finale erreicht und dieses gegen den Belgier David Goffin verloren hatte, nennt er schnell. „Ich habe abgenommen, was sehr geholfen hat, und mich die harten Matches besser wegstecken lässt.“ Bis zu sechs Kilo hat Thiem verloren, dank des Weglassens von Süßigkeiten, bestimmten Kohlenhydraten und Farbstoffen.

APA/Helmut Fohringer
Im Vorjahr hatte ein deutlich schwererer Thiem das Kitzbühel-Finale erreicht
Auch sein Coach Günter Bresnik sieht darin einen „sehr wichtigen“ Baustein. „Er ist fitter geworden, ohne dass er konditionell auf dem Laufband viel gemacht hätte, weil er seinen Körper weniger traktiert. Das macht er komplett selbstständig und beschäftigt sich damit“, erklärte Bresnik.
Der Wiener hatte seinem Schützling in der eigentlich ja sehr gut verlaufenen Davis-Cup-Trainingswoche gesagt, „dass es mich nicht wundern würde, wenn er in den nächsten drei Wochen eines von den Turnieren gewinnen würde. Dass er dann zwei hintereinander gewinnt ...“ Allerdings betonte auch Bresnik, dass es für Thiem schon auch etwas glücklich verlaufen sei.
Gleichauf mit ganz großen Namen
Thiem hat die ATP-Statistik natürlich auch registriert, die ihn gemeinsam mit großen Namen wie Novak Djokovic (sechs Saisontitel), Roger Federer (4), Rafael Nadal (3), Andy Murray (3), Stan Wawrinka (3) und David Ferrer (3) mit jenen Spielern auswirft, die die meisten Turniersiege 2015 geholt haben.
„Sicher habe ich es gesehen, aber das muss man ganz klar unterscheiden. Djokovic hat zwei Grand-Slams gewonnen, Federer 500er-Turniere, Nadal 500er-Turniere - das ist schon noch eine andere Liga als die 250er. Aber trotzdem: Drei Turniersiege hätte ich mir nicht erwartet in der Saison“, gibt er doch zu.
„Trauriger“ Abschied von Sand
Am Terminplan ändert sich nichts, gleich nach Kitzbühel geht es für ihn zu den Hartplatzturnieren nach Montreal und Cincinnati. Dann folgt eine Trainingswoche in Amerika und dann die US Open. Für Thiem beginnt die letzte Turnierwoche auf Sand am Mittwoch. Auch wenn ihm Hartplatz und Sand „beides extrem taugt“: „Das ist jetzt das letzte Sandturnier, das ist doch ein bisschen traurig, weil es dann doch wieder mehr als ein halbes Jahr dauert bis zum nächsten Mal.“
Seine Saisonziele hat Thiem schon vorzeitig übererfüllt: Top 32 und erster Turniersieg. „Irgendwie ist man nie dort, wo man sein möchte. Als Sportler darf man nie zufrieden sein. Man will immer mehr, ich glaube, das ist auch ganz wichtig. Im Tennis ist jede Woche ein neues Turnier - so hart es klingt, Gstaad ist schon wieder Vergangenheit.“
Terminprobleme im nächsten Jahr
Dass ihm die Zukunft gehört, davon hat Thiem wohl spätestens in diesem Jahr die letzten Zweifler überzeugt. Ob er auch im kommenden, termintechnisch wegen der Olympischen Spiele sehr dicht besetzten ATP-Jahr wieder in Kitzbühel spielen wird, ist übrigens noch nicht gesichert.
„Er hat heuer genannt, was nächstes Jahr ist, weiß ich nicht. Die wollten einen Mehrjahresvertrag machen“, erzählte der auch als Thiem-Manager fungierende Bresnik. „Aber das kann ich nicht, weil ich einen Vertrag gern einhalte, wenn ich ihn mache und ich nicht weiß, ob das nicht schädlich für ihn ist.“ Wenig erfreulich ist auch die voraussichtliche ATP-Turnierplanung für 2016. „Nächstes Jahr sind Kitzbühel, Gstaad und Umag in einer Woche“, schilderte Bresnik.
Das bedeutet schon jetzt, dass Thiem zumindest einen seiner Titel nicht wird verteidigen können. „Es gibt in einer anderen Woche auch Turniere, aber es ist trotzdem schlecht.“ Einerseits fühlt man sich als Titelträger bei einem Event sehr wohl und auch finanziell winken bessere Verträge, wenn man als Vorjahressieger wiederkommt. „Weil das Turniere sind, die ihn gerne wiedersehen würden.“
Bresnik weiter: „Auch was danach kommt, ist schlecht. Es geht von hier direkt zu Olympia.“ Ob Thiem die Spiele bestreitet, ist freilich noch Zukunftsmusik. Das werde unter anderem auch vom Beginn des Jahres 2016 abhängen, so Bresnik.
Link: