„Paradies für Korruption“
Die von Portugiesen betriebene Whistleblowing-Plattform Football Leaks veröffentlicht in einem Wordpress-Weblog brisantes Material: Pikante Vertragsdetails hochbezahlter Stars wie Gareth Bale und Toni Kroos (beide Real Madrid) werden genauso enthüllt wie dubiose Geschäftspraktiken von Spielerberatern. Die Initiative will damit für mehr Transparenz im milliardenschweren Fußballgeschäft sorgen.
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Als der flinke Tottenham-Jungstar Bale im Sommer 2013 seinen Wechsel zu Real Madrid vollzog, nahmen nicht nur wochenlange Spekulationen ihr Ende - es wurde auch wochenlang am Denkmal von Cristiano Ronaldo gerüttelt. Der mit 94 Millionen Euro Transfersumme teuerste Fußballer der Welt könnte in Bale seinen Nachfolger gefunden haben, hieß es bis zur Veröffentlichung des Deals zwischen dem Londoner Club und dem spanischen Rekordmeister. Im August 2013 wurde dann offiziell bestätigt, dass die Ablöse 91 Millionen Euro betrage. Damit blieb Ronaldos Entthronung aus - und Bale musste sich damit zufriedengeben, „nur“ als zweitteuerste Spieler der Welt zu gelten.

Football Leaks
Punkt 15 der Transfervereinbarung zwischen Real und Tottenham enthüllt: Kommuniziert wird nur eine Summe von 78,1 Millionen Pfund (91,5 Mio. Euro)
Brisante Anweisung in Transfervertrag
Im Jänner 2016 trat dann die Whistleblowing-Plattform Football Leaks den Gegenbeweis an: Bale sei sehr wohl der teuerste Spieler der Welt. Zum Beweis veröffentlichte die Internetplattform den Transfervertrag zwischen den Clubs. Die Rechnung ergab eine Transfersumme von exakt 100.759.418 Euro.

GEPA/Tim Groothuis
Auch die Modalitäten des Transfers von Toni Kroos im Sommer 2014 von Bayern zu Real wurden von Football Leaks enthüllt
Damit war Ronaldo als König der „Königlichen“ nicht nur gestürzt; der spanische Rekordmeister wurde mit dem trockenen PDF-File auch gehörig brüskiert: In Punkt 15 der Transfervereinbarung heißt es nämlich, dass offiziell nur von einer Transfersumme von 78.171.930 Pfund (damals umgerechnet rund 91,5 Millionen Euro) die Rede sein dürfe - der Rest der Vereinbarung müsse verschwiegen werden.
„Intransparente Fußballbranche braucht Hilfe“
Doch wie kamen die Transfervereinbarungen und Verträge an die Betreiber der Plattform - und weshalb veröffentlichen diese die Daten? Die Betreiber verweisen darauf, viele Quellen zu haben. „Auf dem portugiesischen Transfermarkt gab es etliche fragwürdige Spielerwechsel, wir wollten die vielen Lügen und Widersprüche entwirren“, so Football Leaks in einem E-Mail-Interview mit dem deutschen „Spiegel“. „Je mehr Dokumente wir erhielten und analysierten, desto mehr wurde uns klar, dass diese intransparente Fußballbranche Hilfe braucht.“
Mittlerweile hätten die veröffentlichen Dokumente die Fußballwelt derart aufgewühlt, dass die Betreiber ihre Identität nicht öffentlich machen wollen. „Wir müssen jetzt feststellen, dass wir einige mächtige Feinde gegen uns aufgebracht haben. Deshalb können wir nicht mehr über unsere Identität sagen, wir müssen uns schützen“, so Football Leaks gegenüber dem „Spiegel“. „Klauseln, Verträge, Beraterhonorare - all das ist im Fußball tabuisiert. Der Sport braucht eine öffentliche Diskussion, um sich von dieser Geheimniskrämerei zu lösen. Ein solch intransparentes Geschäft wie der Fußball ist ein Paradies für Korruption, Geldwäsche und Steuerbetrug.“
Geldwäscheverdacht bei Spielerberatern
Dem „Spiegel“ wurden etwa von Football Leaks Unterlagen zugespielt, wonach ein niederländischer Spielerberater Transferbeteiligungen über eine Firma aus Panama abwickelte - und diese im Gegenzug zurück auf Konten bei Banken in Wien und London schaufelte. „Der Verdacht liegt nahe“, so der „Spiegel“, „dass es bei dieser Operation um Steuervermeidung ging.“
Eine weitere Enthüllung der Whistleblower hatte für den niederländischen Erstligisten Twente Enschede sogar nachhaltige Konsequenzen. Weil der Club die Transferrechte von fünf Spielern an eine Sportrechteagentur verkauft hatte, wurde der Club für drei Jahre von allen internationalen Bewerben ausgeschlossen. Hintergrund: Die FIFA verbietet seit Anfang 2015, Transferrechte an Dritte abzutreten.
DFB-Weltmeister Kroos als Real-Großverdiener
Mitunter bedienen die von Football Leaks veröffentlichen Dokumente auch bloß die Neugier der Anhänger. So geschehen im Fall des deutschen Weltmeisters Toni Kroos. Der Wechsel des Mittelfeldspielers von Bayern München zu Real Madrid wurde, wie die Dokumente zeigen, am 10. Juli 2014 fixiert und von Kroos gegengezeichnet - und damit nur zwei Tage nach dem 7:1-Triumph der Deutschen im WM-Halbfinale gegen Brasilien. Nachzulesen sind auch die Modalitäten des 25 Millionen Euro schweren Transfers. Die Transfersumme wurde offenbar in drei Tranchen bezahlt, die letzte wird heuer am 15. Juli fällig.

Football Leaks
Kroos’ Transfervertrag wurde am 17. Juli unterzeichnet - zwei Tage nach dem 7:1 der deutschen Nationalmannschaft im WM-Halbfinale gegen Brasilien
In puncto Gehalt stieß der heute 26-Jährige in jene lichten Höhen vor, die ihm die Bayern verwehrten, die ihn so zum Abschied beim deutschen Rekordmeister drängten. Im ersten Jahr seines seit Sommer 2014 laufenden Vertrages kassierte Kroos etwa 11,3 Millionen Euro brutto an Grundgehalt, in den weiteren Jahren der Vertragslaufzeit bis zum Saisonende 2019/20 sind es 10,9 Millionen Euro. Wird Kroos bei der Weltfußballerwahl nominiert, würde das Grundgehalt um 1,8 Millionen Euro aufgestockt.
Ausgezahlt wird das Gehalt übrigens nicht monatlich, sondern halbjährlich - je eine Hälfte am 10. Jänner, die zweite am 10. Juli jedes Jahres. Ebenso wenig wie beim Gehalt ließen sich die Madrilenen übrigens bei der Ausstiegsklausel lumpen. Sollte Kroos einen vorzeitigen Wechsel forcieren, wären 300 Millionen Euro an Real Madrid zu bezahlen.
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